Eingabe löschen

Kopfbereich

Schnellnavigation

Hauptnavigation

«Produkt und Service werden zunehmend verschmelzen»

Welchen Einfluss hat die Industrie 4.0 auf Unternehmen, Fachkräfte und Arbeitsgestaltung? Und welche Rolle nimmt dabei die ZHAW School of Engineering als Forschungs- und Ausbildungsstätte ein? Antworten darauf hat Dr. Jürg Meierhofer, Dozent für Service Science und Service Engineering am Institut für Datenanalyse und Prozessdesign.

Dr. Jürg Meierhofer koordiniert die interdisziplinäre Forschungsplattform Industrie 4.0 an der ZHAW.

Das Schlagwort Industrie 4.0 ist derzeit in aller Munde. Was ist so revolutionär daran?
Jürg Meierhofer: Die intelligente Vernetzung von Anlagen in der Industrie ist im Prinzip nicht revolutionär. Neu ist aber, dass diese Vernetzung nun dank dem «Internet der Dinge» durchgängig möglich und kostengünstig wird. Das kann ganze Wertschöpfungsketten verändern oder sogar aufbrechen. Dadurch entstehen neue Geschäftsmodelle, wobei serviceorientierte Ansätze eine wichtige Rolle spielen. Wegen dieser disruptiven Kraft wird das Aufkommen von Industrie 4.0 auch als die «vierte industrielle Revolution» bezeichnet.

Welche Rolle spielt die ZHAW bei diesen Entwicklungen?
Das Thema Industrie 4.0 erfasst praktisch alle Elemente der Wertschöpfungskette, von der Physik – zum Beispiel durch Sensoren und Kommunikationstechnik – über die Datenhaltung, die Datenanalytik bis hin zu Geschäftsprozessen, Services und Geschäftsmodellen. Die Digitalisierung und Vernetzung betrifft zudem nicht nur die produzierende Industrie, sondern auch den Dienstleistungssektor. Produkt und Service werden zunehmend verschmelzen. Für diese interdisziplinären Fragestellungen ist die ZHAW als Mehrsparten-Fachhochschule optimal aufgestellt. Durch einen gemeinsamen Auftritt der Institute und Zentren kann die ZHAW ihren Wirtschaftspartnern durchgängige und abgerundete Lösungen bieten.

Inwieweit wird Industrie 4.0 die Arbeitswelt verändern?
Industrie 4.0 bringt einen hohen Grad an Automatisierung in die Arbeitsabläufe. Sicherlich fallen dadurch viele heute manuell ausgeführte Tätigkeiten in Zukunft weg. Es werden aber auch neue Aufgaben entstehen, die uns zum Teil noch gar nicht bekannt sind. Ein weiterer Ansatz besteht ausserdem darin, heutige manuelle Tätigkeiten nicht komplett durch Maschinen ausführen zu lassen, sondern sie durch Maschinen zu unterstützen. Dadurch werden Tätigkeiten einfacher und Fehlerquellen reduziert.

Was für Fachkräfte benötigt die Industrie 4.0, um erfolgreich zu sein?
Es braucht auch in Zukunft hochspezialisiertes Fachwissen. Da Projekte im Bereich Industrie 4.0 typischerweise interdisziplinär sind, werden dabei Fachkräfte verschiedener Spezialisierungen benötigt. Diese sollten über ein gemeinsames Generalistenwissen verfügen, damit sie sich gegenseitig verstehen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von «T-shaped people», wobei der vertikale Balken für das Spezialistenwissen und der horizontale für das Generalistenwissen stehen. Die ZHAW bildet bereits heute Fachkräfte aus, die Industrie 4.0 erfolgreich gestalten und vorantreiben können. Wir bieten zudem schon länger diverse Weiterbildungen rund um das Thema Industrie 4.0 an, zum Beispiel im Bereich Data Science und Additive Fertigung (3D-Druck). Weitere Angebote sind in Planung.

Wie sollten sich Unternehmen idealerweise auf die Industrie 4.0 einstellen
Ein allgemein gültiges Rezept für die Umstellung auf Industrie 4.0 gibt es nicht. Dennoch kann man systematisch an das Thema herangehen. An der ZHAW verfolgen wir einen Ansatz, der stark nutzen- und anwenderorientiert ist. Wir gehen einerseits von den Prozessen und Abläufen der externen sowie internen Kunden aus und leiten daraus ab, welche Lösungen diese Kunden optimal unterstützen. Andererseits erarbeiten wir mögliche technische Konzepte basierend auf der technologischen Ausgangslage einer Firma. Indem wir diese beiden «losen Enden» zusammenbringen, erreichen wir nutzenoptimierte Ergebnisse. Die ZHAW-Plattform Industrie 4.0 ist mit ihrem breiten Kompetenzspektrum optimal für diesen Ansatz aufgestellt.