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Roboy – wenn Forschung menschlich aussieht

Das Institut für Mechanische Systeme (IMES) der ZHAW School of Engineering ist einer von 15 Partnern, die gemeinsam unter Leitung der Uni Zürich den menschlichen Roboter Roboy erschaffen haben. Roboy verfügt als einer der ersten Roboter weltweit über künstliche Knochen, Muskeln und Sehnen. Die Biomechaniker des IMES waren für die Entwicklung der Beine mitverantwortlich.

Vor rund einem Jahr fiel der Startschuss für das Pionierprojekt Roboy unter Leitung des Labors für Künstliche Intelligenz der Uni Zürich. Innerhalb von nur neun Monaten haben rund 40 Ingenieure und Wissenschaftler den Roboy von der Idee bis zum ersten öffentlichen Auftritt entwickelt. Das Besondere an Roboy ist, dass er anatomisch korrekt über künstliche Knochen, Muskeln und Sehnen verfügt. Die Knochen sind aus Kunststoff und als Muskeln dienen kleine Motoren. Schnüre, die an den Knochen befestigt sind, bilden schliesslich die Sehnen. Mit insgesamt 48 solcher Motoren-Muskeln repräsentiert Roboy eine neue Generation von Robotern und eine innovative Forschungsrichtung für Wissenschaft und Industrie.

Konzentration auf das Wesentliche

An seinen biomechanischen Komponenten hat das Institut für Mechanische Systeme (IMES) der ZHAW School of Engineering mitgewirkt. Das IMES gehört im Bereich muskuloskelettaler Funktion zu den führenden Adressen in der Schweiz. „Der konkrete Auftrag lautete, für den Roboy die unteren Extremitäten so zu entwickeln, dass sie die Beweglichkeit von menschlichen Beinen aufweisen“, erklärt Prof. Dr. Bernd Heinlein, der das Projekt von Seiten des IMES betreute. „Da beim Roboy für jeden Muskel ein Motor notwendig ist, konnten wir nicht einfach das menschliche Bein kopieren.“ Die besondere Herausforderung für das IMES lag also darin, mit möglichst wenig Motoren und Sehnen die gleichzeitig grösste Beweglichkeit zu erreichen. Konkret sollte das IMES den Bewegungsapparat so optimieren, dass Roboy mit nur zwei oder drei Muskeln Bewegungen ausführen kann, wofür der Mensch sonst eine Vielzahl von Muskeln benötigt. „Die vielen Muskeln beim Menschen bringen vor allem die nötige Stabilität für den aufrechten Gang“, so Heinlein. „Für einfache Vorgänge wie das Anheben des Beins reicht aus mechanischer Sicht ein Muskel aus.“

Interdisziplinäre Zusammenarbeit an der ZHAW

Um das komplexe menschliche System Bein in ein vereinfachtes Modell umzuwandeln, muss man die menschlichen Bewegungen verstehen. Welche Muskeln und welche Muskelkraft sind konkret für welche Bewegung notwendig? Für solche Analysen arbeitet das IMES regelmässig mit dem Departement Gesundheit der ZHAW zusammen, wo ein Bewegungslabor zur Verfügung steht. So können mit Tracking-Sensoren an den Beinen und Druckmessungen am Boden die Kräfte in den Gelenken berechnet und daraus die Muskelleistung abgeleitet werden. „Unsere Berechnungen haben ergeben, dass Roboy sogar mit nur zwei bis drei Muskeln laufen könnte“, so Heinlein. „Dazu würde er aber sehr leistungsstarke und somit ziemlich grosse Motoren benötigen.“ Ideen, wie man die notwendige Kraft aus Roboys zierlichen Beinen aufbringen könnte, sind bei den Projektpartnern vorhanden, vorrangiges Ziel des Projekts war aber die Beweglichkeit. Trotz seines attraktiven Erscheinungsbilds darf man nicht vergessen: Roboy ist kein kleines Helferlein, sondern dient als Plattform, um die sehnengesteuerte Antriebstechnik in der Robotik zu untersuchen und weiterzuentwickeln.

Neue Entwicklungen unterstützen Menschen

Als Forschungsplattform bringt Roboy in mehreren Bereichen neue Erkenntnisse. Der Nachbau menschlicher Gelenke ist für das IMES insbesondere in der Medizintechnik interessant. „Solche experimentellen Aufbauten können dazu verwendet werden, Prothesen oder künstliche Gelenke auf ihre Funktion und Stabilität zu testen“ erklärt Heinlein. „Auch Operationstechniken lassen sich auf diese Weise simulieren.“ Ebenfalls aufschlussreiche Informationen verspricht sich Heinlein für den Bereich Ambient Assisted Living (AAL). Unter diesem Begriff versteht man innovative Technik, die das alltägliche Leben älterer oder benachteiligter Menschen situationsabhängig unterstützt. „Das bedeutet, dass Menschen sich nicht durch einen externen Roboter helfen lassen, sondern auf Gerätschaften zurückgreifen, die sie am eigenen Körper montieren können“, so Heinlein. „Bei Menschen, die beispielsweise zu wenig Kraft haben für bestimmte Tätigkeiten, kommen solche Systeme zum Zug.“ Auch sie funktionieren über Motoren und Sehnen. Somit bringt die Forschung am Roboy wichtige Erkenntnisse für die Weiterentwicklung. Für Heinlein ist es auch durchaus denkbar, dass in Zukunft Maschinen wie der Roboy als Unterstützung im Alltag Verwendung finden könnten. „Wobei sich die Frage stellt, wie menschlich so ein Gehilfe überhaupt aussehen muss“, so Heinlein. „Wenn es um Effizienz und Funktionalität geht, kann ein Hilfssystem ohne menschliches Erscheinungsbild besser geeignet sein.“