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Für sauberes und sicheres Trinkwasser

Biofilm ist ein Belag aus Bakterien, der sich an der Innenseite von Wasserleitungen bilden und Trinkwasser verunreinigen kann. In einem Forschungsprojekt versucht das Labor für Polymere Beschichtungen an der ZHAW School of Engineering genau dies zu verhindern: Indem bereits bei der Herstellung der Rohre entsprechende Additive zugegeben werden, sollen diese dauerhaft antimikrobiell ausgestattet werden.

In der Schweiz vertrauenswürdig: Wasser aus dem Hahn.
In der Schweiz vertrauenswürdig: Wasser aus dem Hahn.

Wasser ist das wichtigste Lebensmittel – entsprechend gross ist die Bedeutung seiner Reinheit für die öffentliche Gesundheit. Wasserrohre sollten ähnlich wie eine Lebensmittelverpackung unter anderem dafür sorgen, dass das Wasser nicht verschmutzt wird. Allerdings kann sich auf der Innenseite der Leitungen Biofilm bilden, weil mit dem Wasser sowohl Keime als auch Nährstoffe zugeführt werden. Biofilm ist ein schmieriger Belag aus Bakterien, der das Wasser kontaminieren kann. An Lösungsansätzen fehlt es grundsätzlich nicht: Biofilmverhindernde Oberflächen werden bereits in anderen Zusammenhängen eingesetzt, zum Beispiel bei medizinischen Geräten oder für marine Anwendungen. Jedoch sind diese Ansätze entweder kompliziert oder setzen giftige Chemikalien frei – beides ist für Wasserleitungen nicht akzeptabel. Erschwerend kommt hinzu, dass Wasserleitungen aus Polyethylen bestehen. Dieses Material ist sehr schwer zu beschichten. 

In einem vom Nano-Cluster Bodensee initiierten und von der KTI geförderten Projekt will das Institute of Materials and Process Engineering (IMPE) der ZHAW School of Engineering eine Lösung für dieses Problem finden. Es sucht gemeinsam mit der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) und einem Hersteller von Kunststoffrohren eine permanente, ungiftige und nicht auswaschende biozide Ausrüstung von Polyethylen. Diese soll einfach in der Herstellung und in vorhandene Produktionsabläufe integrierbar sein. Zudem soll ein Prüfverfahren für die biozide Wirkung entwickelt werden.

Quats: vom Nasenspray ins Wasserrohr

Quartäre Ammoniumverbindungen, sogenannte Quats, sind bekannte Desinfektionsmittel und von geringer Giftigkeit für den Menschen. "Sie werden zum Beispiel benutzt, um Nasenspray oder Augentropfen zu konservieren", erklärt Konstantin Siegmann, der das Projekt seitens IMPE leitet. "Quats töten Bakterien effizient, vermutlich indem sie deren Zellwände zerstören." In vergangenen Projekten ist es bereits gelungen, Quats auf Oberflächen zu binden, und es konnte gezeigt werden, dass diese Oberflächen biozide Eigenschaften aufweisen. Aber Konstantin Siegmann räumt ein: "Solche Oberflächen sind bisher nur in komplizierten Verfahren herstellbar und deshalb nicht geeignet für die Massenproduktion. Wir suchen eine Lösung des Problems, die deutlich einfacher sein muss."

Eine mögliche Lösung beruft sich auf ein simples Prinzip: Bestimmte Moleküle, die einen wasserliebenden und einen fettliebenden Teil besitzen, wandern an die Oberfläche einer Polyethylenschmelze und strecken dort ihren mit Polyethylen unverträglichen Teil – den wasserliebenden ‚Kopf‘ – in die Luft. Mit ihrem langen, fettliebenden Teil verankern sie sich im Kunststoff. Genau dieses Prinzip ist auf bestimmte Quats anwendbar. Ein Quat mit mindestens einem langen Kohlenwasserstoffrest streckt seinen geladenen, salzartigen ‚Kopf‘ aus dem Kunststoff, weil sich dieser mit dem Polyethylen nicht verträgt. Mit dem Kohlenwasserstoffrest, dem ‚Schwanz‘, der mit Polyethylen verträglich ist, verankert er sich im Kunststoff. Bestechend an diesem Ansatz ist die Einfachheit: Die bioziden Quats werden einfach als Zusatz zur Polyethylenschmelze bei der Herstellung der Rohre verwendet.

Die Forschung geht weiter

Den Beweis ihrer Tauglichkeit muss die Methode allerdings noch erbringen: Zum einen muss so behandeltes Polyethylen auch wirklich biozid wirken, zum anderen dürfen die Quats nicht ausgewaschen werden. Um die biozide Wirkung zu beweisen, hat das Forschungsteam einen Test mit Bakterien entwickelt: "Die Bakterien werden mit einem Tropfen Wasser auf das Polyethylen aufgebracht und mit einem speziellen Farbstoff gefärbt. Dabei färben sich lebende Bakterien grün und tote rot. Die Ergebnisse zeigten, dass die meisten der untersuchten Polyethylen-Quat-Mischungen tatsächlich in der Lage sind, Bakterien abzutöten", berichtet Konstantin Siegmann.

Die zweite Voraussetzung – dass die Quats im Polyethylen verankert sind und nicht ausgewaschen werden – ist schwieriger zu beweisen. Zur Überprüfung wird das Polyethylen wiederholt mit heissem Wasser gewaschen und das Waschwasser auf ausgewaschene Quats untersucht. Auch diese Resultate sind vielversprechend: "Nach einem Monat Lagerung in heissem Wasser war kein Quat im Waschwasser nachweisbar und das Material hatte nach wie vor biozide Eigenschaften." Die Forscherinnen und Forscher des IMPE sind daher überzeugt, dass dieser Ansatz geeignet ist, biofilmfreie Wasserrohre herzustellen. Weitere Untersuchungen dazu sollen dies bekräftigen.