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Fünf Fragen an Prof. Dr. Joachim Borth, Studiengangleiter Energie- und Umwelttechnik

Vergangenen Sommer hat der erste Jahrgang das Bachelorstudium in Energie- und Umwelttechnik an der ZHAW School of Engineering abgeschlossen. Im Interview verrät Studiengangleiter Joachim Borth unter anderem, warum es Ingenieurinnen und Ingenieure für die Energiewende braucht und wie diese ins Berufsleben eingestiegen sind.

Prof. Dr. Joachim Borth hat 2012 die Einführung des Studiengangs Energie- und Umwelttechnik mitinitiiert.
Prof. Dr. Joachim Borth hat 2012 die Einführung des Studiengangs Energie- und Umwelttechnik mitinitiiert.

Seit drei Jahren bilden Sie spezielle Ingenieurinnen und Ingenieure für die Energiewende aus. Warum?

Die Energiewende wird nur dann zum Erfolg, wenn in Zukunft Ingenieurinnen und Ingenieure zur Verfügung stehen, die energieeffiziente Systeme entwickeln und den Einsatz regenerativer Energien vorantreiben. Unserer Einschätzung nach entstehen jährlich 800 neue Arbeitsplätze allein im Bereich erneuerbare Energien. Dies ergibt einen Bedarf von mindestens 150 Ingenieurinnen und Ingenieuren pro Jahr. Dazu kommen weitere Ingenieursarbeitsplätze in der übrigen Energiebranche. In Zukunft benötigen Energieversorgungsunternehmen vermehrt Fachleute, die die komplexeren Energieversorgungssysteme entwerfen, bauen und betreiben können. Auch Banken und Versicherungen benötigen Ingenieurinnen und Ingenieure auf dem Gebiet der Energie- und Umwelttechnik, um Investitionen im Bereich der Energieversorgung abzusichern.

Worin unterscheidet sich der ZHAW-Studiengang Energie- und Umwelttechnik von den traditionellen Ingenieursdisziplinen?

Der Studiengang ist interdisziplinär. Im Unterschied zu den klassischen Studienangeboten wie Maschinentechnik und Elektrotechnik ist die Ausbildung auf die thermische und elektrische Energietechnik, auf Energieeffizienz, auf erneuerbare Energien und auf die nachhaltige Entwicklung fokussiert. Nach den beiden ersten Studienjahren können sich die Studierenden auf einen der drei Schwerpunkte 'Elektrische erneuerbare Energien', 'Thermische Erneuerbare Energien' oder 'Umwelt und Nachhaltigkeit' spezialisieren.

Vergangenen Sommer hat der erste Jahrgang abgeschlossen. Wie sind die Absolventinnen und Absolventen ins Berufsleben eingestiegen?

Die Unternehmen warten auf diese Fachleute. Unsere Absolventinnen und Absolventen sind als Projektleiter in Industrie und Dienstleistungsunternehmen tätig. Sie planen Photovoltaikanlagen und leiten den Anlagenbau, entwerfen effiziente thermische Prozesse, gestalten die elektrische Energieverteilung intelligenter oder beurteilen Prozesse und Verfahren bezüglich Nachhaltigkeit sowie Wirtschaftlichkeit. Andere haben ein Engagement bei Behörden, um neue Anlagen zu beaufsichtigen oder zu bewilligen. Die Einsatzbereiche im Energie- und Umweltsektor sind so vielfältig wie die Herausforderungen.

Wer hat diese Arbeiten erledigt, bevor es ausgebildete Spezialisten für Energie- und Umwelttechnik gab?

Bisher haben sich Ingenieurinnen und Ingenieure anderer Fachrichtungen selber im Umgang mit erneuerbaren Energien weitergebildet. Dies passiert gerade im Ingenieurswesen häufig «on the job». Mit der zunehmenden Komplexität sowie der rasanten Entwicklung in der Energieversorgung stieg die Nachfrage nach einem massgeschneiderten Ausbildungsangebot, welches wir daraufhin entwickelt haben.

Wie beurteilen Sie die Energiestrategie 2050 des Bundes?

Grundsätzlich begrüsse ich natürlich die Energiestrategie. Jedoch stecken die Probleme in der Umsetzungsgeschwindigkeit der Massnahmen. Wenn wir wirklich einen substanziellen Beitrag gegen den Klimawandel leisten wollen, müssen wir schneller zu erneuerbaren Energien wechseln und Massnahmen zur Energieeffizienz konsequenter verfolgen. Solange insbesondere die elektrische Energie so billig ist, besteht kein Anreiz zum Wandel. Solche Anreize könnten beispielsweise mit Lenkungsabgaben beim Stromverbrauch geschaffen werden. Auch das Festhalten an alten Kernenergieanlagen bremst den Umbau hin zu einer nachhaltigen Energieversorgung. Ausserdem werden die atomaren Abfallmengen immer grösser, deren Lagerung und Kosten hierfür immer noch unklar sind. Die Finanzierung von Photovoltaikanlagen hingegen wird immer günstiger. Ausserdem fallen bei diesen Anlagen gegen 60 Prozent der Arbeitskosten in der Schweiz an. Das sichert und schafft Arbeitsplätze bei uns.