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Mit dem Nachtzug in die Zukunft

Das Comeback des Nachtzuges wird in den Medien breit diskutiert. Doch fehlten bisher verlässliche Zahlen zu dessen Klimabilanz. Eine Studie aus dem trinationalen Weiterbildungsmaster belegt nun erstmals den reellen CO2-Ausstoss einer Fahrt im Liegewagen.

Fahren Sie mit dem Nachtzug nach Berlin? Oder nehmen Sie den Flug? Was für jeden einzelnen, jede einzelne eine persönliche, oft spontane Entscheidung ist, wird in der Politik und Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. So sollen sich dereinst Reisen innerhalb Europas auf den Nachtzug verlagern. Trotz des angeregten Diskurses – Fakten, wie ökologisch der Nachtzug tatsächlich ist, fehlten.

«Es gibt Studien über den CO2-Verbrauch des Tageszuges, aber zum Nachtzug konnten wir bislang keine Daten finden», erklärt Thomas Sauter-Servaes, Studiengangleiter Verkehrssysteme und Mobilitätsforscher an der ZHAW School of Engineering. In der Studie «Reisen übermorgen – ein Unterschied wie Tag und Nacht» wurde nun erstmals detailliert erhoben, wie hoch der CO2-Ausstoss einer Zugfahrt im Liegewagen ist. Zudem haben die Studierenden des Weiterbildungsmasters «Europäische Bahnsysteme» die Marktnachfrage ermittelt, Chancen und Schwächen des Nachtzuges beschrieben und nötige technologische Entwicklungen geprüft. Das Masterprogramm wird von den Hochschulen Fachhochschule Erfurt, Fachhochschule St. Pölten und der ZHAW School of Engineering gemeinsam durchgeführt.

«Wir Studierenden konnten unser Wissen aus der Praxis einbringen», sagt Masterstudent Johannes Fielitz, der bei DB Netz AG tätig ist. So wird in der Studie erstmals der CO2-Ausstoss einer reellen Fahrt von Hamburg nach Zürich berechnet. Betriebsstörungen, die durch ein häufigeres Anhalten und Anfahren zu höheren Verbräuchen führen, wurden dabei berücksichtigt. Das Resultat ist deutlich: Eine vierköpfige Familie, die mit dem Nachtzug von Zürich nach Hamburg und wieder zurückreist, verbraucht für die Fahrt in die Ferien 124 kg CO2. Mit dem Elektro-Auto fallen 293 kg CO2 an, mit dem Flugzeug 1384 kg CO2 – also zehnfach mehr. «Dieses Ergebnis hat uns überrascht. Wir hatten nicht erwartet, dass der Nachtzug so viel besser abschneidet», berichtet Fielitz.

Doch damit sich der Nachtzug gegen andere Verkehrsmittel durchsetzen wird, braucht es mehr als eine klimafreundliche Bilanz. Der Nachtzug muss wirtschaftlich betrieben werden können, es braucht genügend Kapazitäten, modernes Wagenmaterial und nicht zuletzt – eine konstante Nachfrage. Eine Umfrage unter 410 Teilnehmenden gibt einen ersten, nicht repräsentativen Einblick in den Markt. Zwar beziehen bereits 64 Prozent der Befragten den Nachtzug in die Wahl ihres Verkehrsmittels mit ein, doch hält der hohe Preis 39 Prozent von einer Buchung ab. «Komfortabel, preiswert und unkompliziert – so soll Reisen gehen», weiss Sauter-Servaes. Daran mangelt es dem Nachtzug noch. «Es gibt einiges zu tun», bestätigt Fielitz. Schlafkapseln, ein einfaches Buchungssystem, 700 Meter lange Züge, ein Kombinationsticket von Zug und Flug – diese Konzepte werden diskutiert. Sauter-Servaes ist überzeugt: In zehn Jahren fahren wir mit dem Nachtzug nach Berlin, Wien und Rom. Und die Flugzeuge bleiben am Boden, die Autos in der Garage.