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Weissbuch über das Potential von Power-to-X in der Schweiz

In einem gemeinsamen Forschungsprojekt von fünf Schweizer Kompetenzzentren für Energieforschung haben Wissenschaftler verschiedener Institutionen ein Sammelwerk ihrer Erkenntnisse und Empfehlungen für den Bund erstellt: Das Weissbuch «Power-to-X: Perspektiven für die Schweiz». Prof. Dr. Petr Korba, ZHAW-Dozent und Co-Direktor eines der Schweizer Energieforschungszentren (SCCER Grid & Components /FURIES), hat am 8. Juli die Früchte langjährigen Forschung präsentiert. In den Gebäuden der ETH erhielten Politiker und Medien einen Überblick darüber, welches Potential die Forschenden in Power-to-Gas-Technologien und effizienter Energieumwandlung und -speicherung sehen und wie sich diese Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Energiestrategie der Schweiz verhalten.

komplexe Grafik mit vielen Pfeilen und Kästchen, unter anderem für Solarenergie und Gas
Grafik über die Evaluierung des Potentials der Technologie in Schweiz für die Zukunft

Der Bund hat sich das Ziel gesetzt, seine direkten Treibhausgasemissionen drastisch zu reduzieren. Ab 2050 soll die Energieversorgung in der Schweiz klimaneutral sein, sprich ohne den Ausstoss von Treibhausgasen wie CO2. Zusammen mit Forschern des Paul Scherrer Instituts (PSI), der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa), der Eidgenössischen Technische Hochschule (ETH) Zürich, der Hochschule für Technik Rapperswil (HSR), der Universität Genf und der Universität Luzern haben Prof. Dr. Petr Korba und Dr. Rafael Segundo vom ZHAW-Institut für Energiesysteme und Fluid Engineering (IEFE) akribische Datenauswertungen vorgenommen. Ihr Fazit: Es gibt noch viel Potential im Bereich erneuerbarer Energien. Und besonders sogenannte Power-to-X-Verfahren könnten zielführend sein, um unserer Klimaziele zu erreichen.

Bei Power-to-Gas-Technologien wird Strom genutzt, um durch elektrochemische Umwandlung flüssige oder gasförmige Energieträger zu erzeugen, wie beispielsweise Wasserstoff, Methan oder Methanol. Diese werden dann weiter in den Verbrauchssektoren eingesetzt, um Fahrzeuge anzutreiben oder Wärme – beziehungsweise wieder Strom – zu erzeugen. Dabei können die flüssigen oder gasförmigen Energieträger über längere Zeit zwischengespeichert werden.

Zwischenspeicherung des Sommerüberschusses

Das Problem von erneuerbaren Energien aus Photovoltaik oder Windkraft ist, dass diese nicht kontinuierlich, sondern in schwankender Intensität zur Verfügung stehen. Um Phasen von geringer Stromerzeugung auszugleichen, wie es jeweils im Winter der Fall ist, können jedoch Power-to-X-Verfahren genutzt werden. Sie erlauben, Energie aus produktionsstarken Phasen zwischenzuspeichern. So können sie dazu beitragen, Energieangebot und -nachfrage über einen längeren Zeitraum auszugleichen, die kurzfristige Flexibilität im Stromnetz durch intelligentes Lastenmanagement zu erhöhen und Ersatz für fossile Kraft- und Brennstoffe sowie Rohstoffe für die Industrie zu schaffen.

Eine Annahme aus dem Weissbuch ist, dass die Schweiz künftig primär auf Solarenergie setzen wird. Solarstrom bietet einen potentiellen Lösungsansatz für das Problem des saisonal fluktuierenden Strombedarfs: Im Sommerhalbjahr können Photovoltaikanlagen meist Energie-Überschüsse produzieren. Könnte man diese Energien effizienter und verlustfreier Speichern, sei es in chemischen Energieträgern oder im Erdboden, könnte zumindest ein Teil unseres Energiebedarfs im Winter gedeckt werden.

Integration von Power-to-X-Systemen zentral

Power-to-X-Verfahren können zeitliche und geografische Flexibilität im Energiesystem bieten und gleichzeitig das Portfolio der Schweiz an sauberen Brenn- und Kraftstoffen erweitern. Kraft- und Brennstoffe, die mit Strom aus erneuerbaren Energien in Power-to-X-Verfahren produziert werden, können fossile Energieträger, wie Heizöl, Erdgas, Benzin und Diesel ersetzen und somit helfen, CO2-Emissionen zu reduzieren. Wirtschaftlich wird dies aber nur sein, wenn entsprechende umweltpolitische Anreizmechanismen zum Tragen kommen. Umwandlungsprozesse müssen möglichst effizient gestaltet werden, um einerseits die Kosten zu minimieren und andererseits Ressourcen zu schonen. Das hat nicht nur Auswirkung auf die Standortwahl von Power-to-X-Anlagen, sondern auch wie die Technologie in verschiedene Märkte integriert werden kann. Entscheidend für einen erfolgreichen Einsatz von Power-to-X im Rahmen der Energiestrategie 2050 ist, dass sich Forschung und Innovation auf eine optimale Integration von Power-to-X in das gesamte Energiesystem der Schweiz konzentrieren.

Ausbau der Technologie von europäischer Marktentwicklung abhängig

Die beteiligten Forscher haben, unter Berücksichtigung verschiedener Aspekte der Power-to-X-Verfahren, eruiert, vor welchen Herausforderungen die Technologie steht und welche Schlüsselfaktoren eine Verbreitung der Technologie begünstigen. Die Beiträge, die Power-to-X in einzelnen Energiesektoren wie Verkehr, Heizung oder durch die Rückverstromung leisten kann, sind sehr unterschiedlich. So ist die erneute Gewinnung von Strom aus Energieträgern wie Wasserstoff oder Methan, die mit Power-to-X-Verfahren erzeugt wurden, derzeit noch sehr teuer. Diese Kosten könnten sich aber durch technologischen Fortschritt und steigende Erfahrung noch bis zu zwei Drittel senken bis ins Jahr 2030, prognostiziert das Weissbuch, welches im Auftrag der CORE (eidgenössische Energieforschungskommission) von den Partnern der SCCER Heat and Electricity Storage, Biosweet, Crest, Furies und Mobility erstellt und von der Innosuisse sowie dem Bundesamt für Energie (BFE) finanziert wurde.

Aktuelle Strategie führt zu massivem Strombedarf

Da rund 60 Prozent unserer CO2-Emmissionen durch Heizen von Gebäuden und den Verkehr anfallen, setzt die Schweiz immer mehr auf Elektroautos und die Nutzung von Wärmepumpen. Die Schweizer Kompetenzzentren für Energieforschung haben jedoch berechnet, dass dies zu einem Wachsenden Strombedarf vor allem im Winter führt. So führt auch eine Rückverstromung von Wasserstoff zu sehr hohen Stromkosten. Dieser Strom wird importiert werden müssen, um den Bedarf zu decken, was wiederum aus Klimaschutzsicht problematisch ist, da der Importstrom meist vor allem aus nicht-erneuerbaren Energien gewonnen wurde. Dies würde netto unsere CO2-Einsparungen wieder zunichtemachen.

Eine genauere Vorhersage darüber, wie gross die Rolle von Power-to-Power-Technologien sein wird ist nicht möglich, da deren Wachstum als Flexibilitätsoption im Elektrizitätssystem nicht zuletzt auch von europäischen Markentwicklungen abhängt und den damit verbundenen Bedingungen für den Schweizer Stromaussenhandel. Fest steht jedoch, dass die derzeitigen Unklarheiten im Regulierungsrahmen beseitigt werden müssen, sodass die Vorteile von Power-to-X im Stromnetz als Erzeuger und Verbraucher von Strom anerkannt werden sollten.

Auf der Website der SCCER Heat and Electricity Storage ist das Weissbuch in Englisch, Deutsch und Französisch downloadbar.