Ein Turm stellt die Holztrocknung auf den Kopf
Die Buche ist der häufigste Laubbaum der Schweiz. Ihr Holz wird vordergründig als Brennmaterial verwendet, hat aber auch grosses Potenzial im Baubereich. ZHAW-Forschende arbeiten an einer bisher ungenutzten Methode, die das Holz umweltfreundlich und schnell trocknet, um es so für neue Anwendungen nutzbar zu machen.
Zusammen mit der Holzbaufirma Natürlich Meister Holzart GmbH arbeiten Forschende und Studierende des ZHAW-Instituts für Energiesysteme und Fluid Engineering (IEFE) unter der Leitung von Markus Weber Sutter an einem Trocknungsturm für Buchenstämme. Dieser stellt die Lagerung und Trocknung von Holz buchstäblich auf den Kopf. Heute werden Baumstämme in aller Regel liegend und mit grossem Energieaufwand gelagert und getrocknet. Der Trocknungsturm hingegen soll ohne Energiezufuhr von aussen funktionieren und die Stämme stehend lagern. Thomas Meister ist Initiator dieses Projekts, das von Innosuisse finanziell unterstützt wird. Er sagt: «Mit den ersten Versuchen haben wir lediglich aufgezeigt, dass ein stehend gelagerter Buchenstamm nicht erstickt. Dank der Zusammenarbeit mit dem IEFE können wir nun die Voraussetzungen für eine schnelle und effiziente Holztrocknung verbessern.»
Ein kleiner Bruder für die Forschung
Die Natürlich Meister Holzart setzt schon seit einiger Zeit einen Prototyp des Trocknungsturms ein. Er ist rund 16 Meter hoch und steht auf einem Sockel von 25 Quadratmetern. Diese Anlage weist noch grosses Verbesserungspotenzial auf, wie IEFE-Forscherin Anastasia Purschwitz erklärt: «Von unten dringt Feuchtigkeit in den Turm ein; und der Luftstrom, der durch den Turm ziehen und die Stämme trocknen soll, reicht noch nicht aus.» Um den Turm auf diese Aspekte hin zu optimieren, haben die Holzbaufirma und das IEFE einen vier Meter hohen Modellturm gebaut, der das Original kopiert. Dieses Projekt, an dem die zwei Studierenden Roger Junker und Ivo Fust mitgearbeitet haben, ist nun abgeschlossen. Im kommenden Frühjahr sollen im Rahmen einer Folgearbeit zwei weitere der kleinen Türme entstehen. «An ihnen können wir mit wenig Aufwand unsere Ideen verwirklichen», zeigt sich Thomas Meister zuversichtlich.
Aufschlussreiche Messungen
Die IEFE-Forschenden werden an den drei Testtürmen ganz unterschiedliche Aspekte messen. «Wir ermitteln die solare Sonnenstrahlung und die Windgeschwindigkeit. So messen wir die äusseren Wetterbedingungen», erklärt Anastasia Purschwitz. Zusätzlich sind in den Türmen auf verschiedenen Höhen Geräte angebracht, welche die Strömungsgeschwindigkeit, Luftfeuchte, Temperatur und Druck aufzeichnen. «Damit können wir bilanzieren, wie viel Feuchtigkeit über die Zeit aus den Stämmen ausgetragen wird», sagt Anastasia Purschwitz und ergänzt: «Es geht darum, herauszufinden, unter welchen Bedingungen der Trocknungsprozess am schnellsten voranschreitet.»
Verschiedene Ideen – ein Ziel
Anastasia Purschwitz und ihre Kollegen haben verschiedene Lösungsansätze entwickelt, die im kommenden Jahr ausprobiert werden. Einer davon: «Wir stellen die Türme den Himmelsrichtungen angepasst auf, so dass möglichst viel Sonne auf deren Seitenflächen trifft.» Eine weitere Änderung betrifft die Fassade. Statt wie bisher aus Wellblech soll sie an einem der Testtürme aus speziellen Absorber-Blechen bestehen. Ein weiterer Turm wird schwarz bemalt. Beide Massnahmen dienen dazu, die Energie der Sonne besser zur Trocknung zu nutzen. «Weiter sollen die Türme dahingehend optimiert werden, dass die Luft vor allem in der Mitte durchströmt», erklärt Anastasia Purschwitz. Gelingen soll das mit Filzmatten, welche die Luft ins Innere des Turms umleiten.
Vielfältige Einsatzmöglichkeiten
Ist das Buchenholz einmal getrocknet, kann es vielfältig eingesetzt werden. Die oft bemängelte Festigkeit des unterschätzen Baumaterials bietet auch Vorteile: Mit Buchenholz können Konstruktionen vergleichsweise schlank gehalten werden. Thomas Meister kennt die Nischen, in die das Buchenholz dereinst vorstossen kann: «Für den Einsatz im mehrstöckigen Gebäudebau ist es aufgrund seiner Statik-Eigenschaften hervorragend geeignet.» Um die Buche – vom Schwarzen Meer bis an die Nordsee die vorherrschende Baumart – muss man sich also keine Sorgen machen. Wird sie richtig gelagert, getrocknet und verarbeitet, ist sie eine echte Alternative im Hochbau der Zukunft.