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Zoom In: Fabio Duma

Dr. Fabio Duma leitet das Competence Team für Luxury Management in der Abteilung International Business der ZHAW School of Management and Law. In seiner Tätigkeit als Dozent unterrichtet und forscht er zu aktuellen Entwicklungen in Zusammenhang mit dem Thema Luxus und berät Unternehmen, die sich im obersten Segment ihrer Branche positionieren.

Oktober 2020

Der gebürtige St. Galler Fabio Duma hat nach einer Banklehre mit Berufsmatura mehrere Jahre in unterschiedlichen Positionen gearbeitet, u.a. in der strategischen Unternehmensentwicklung und im Investment Bereich bei einer Bank. Das Studium der Betriebswirtschaftslehre hat er an der Universität St. Gallen (HSG) absolviert und schliesslich zum Thema «Management der persönlichen Interaktion im Verkauf von Luxusgütern» doktoriert. Zwischen Bachelor- und Masterstudium hat Fabio in San Francisco gelebt und gearbeitet. Seit rund zehn Jahren wohnt er in Zürich und seit acht Jahren arbeitet er an der ZHAW SML.

Fabio Duma

Was versteht man unter Luxury Management?

Luxury Management befasst sich mit den Spezifika des Managements von Unternehmen, die sich im jeweils obersten Segment ihrer Branche positionieren und in einer Vielzahl von Ländern, Kulturen und Subkulturen mit jeweils unterschiedlichen Werten, Denkweisen und Verhaltensmustern tätig sind.

Im Geschäft mit dem Luxus funktioniert vieles anders als im Massen- oder Premiumgeschäft. Gewöhnlich verringert sich mit einer Preiserhöhung die Nachfrage nach einem Gut, bei Prestigegütern kann der umgekehrte Effekt eintreten. Auch ist normalerweise das Ziel, es den Kundinnen und Kunden möglichst leicht zu machen, die Produkte oder Dienstleistungen zu kaufen. Im Luxusbereich geschieht oft das Gegenteil, indem man beispielsweise die Stückzahlen limitiert oder die Interessentinnen und Interessenten auf Wartelisten setzt und jahrelang auf eine Uhr warten lässt, selbst wenn sie die drei Millionen für das mechanische Wunderwerk sofort und in bar bezahlen könnten. Diese Unterschiede muss man verstehen, wenn man ein Luxusunternehmen erfolgreich führen will. Es gilt ständig die Balance zu halten zwischen Tradition und Innovation und zwischen Exklusivität und Zugang.

Die Haupttreiber des Luxuskonsums sind Status; der Wunsch nach Zugehörigkeit oder aber auch das Ziel der Abgrenzung. Ebenso hedonistische Gründe und der Wunsch nach absoluter Qualität bzw. Perfektion. Insofern geht es nicht mehr rein um Funktionalität, sondern um Exzellenz in Bezug auf Design, Innovation, Materialisierung, Service oder Kundenerlebnis in verschiedenen gesellschaftlichen und kulturellen Kontexten.

Im Luxury Management geht es letztlich darum, Resonanz zu erzeugen, indem man die Menschen aus ihrem grauen Alltag und der Monotonie herausholt, Emotionen weckt, sie zum Träumen bringt und ihnen positive Erlebnisse bietet, an die sie sich gerne erinnern. Mit Resonanz meine ich den Zustand des «sich lebendig Fühlens», das kurzzeitige Ausbrechen aus einem Alltag, wo wir vieles nicht mehr wahrnehmen oder umgekehrt, nicht mehr wahrgenommen werden. Schau dich nur morgens im Tram oder im Zug um, wir starren ständig in unser Smartphone. Zusätzlich kaufen wir vermehrt online ein und bezahlen an der Self-Scanning Kasse. Unternehmen setzen auf Automatisierung und lagern die Kundeninteraktion mittels künstlicher Intelligenz an Bots aus. Die Zauberworte sind Effizienz und Convenience. Beim Luxus stehen andere Dinge im Vordergrund.

Das Ziel des Luxury Managements ist immer das Gleiche: die Leute zum Träumen bringen und sie, wenn auch nur für einen Augenblick, aus dem Alltag herausholen.

Fabio Duma, Leiter Competence Team Luxury Management

Wie wurde dein Interesse an der Luxusbranche geweckt?
Die Welt der grossen Luxusmarken hat mich nie gross interessiert. Die «Luxusbranche» an sich gibt es ja auch nicht, sondern nur Unternehmen, die sich in unterschiedlichen Branchen (z.B. Uhren, Schmuck, Mode, Hotellerie, Gastronomie, Lederwaren, etc.) im obersten Segment positionieren. Deren Marken stehen für bestimmte Werte und symbolisieren aus unterschiedlichen Gründen ein gewisses Prestige. Ihre Produkte und Dienstleistungen sind in Bezug auf Design, Materialisierung, Verarbeitungsqualität, Kundenerlebnis und Symbolgehalt je nach gesellschaftlichem Kontext anderen überlegen.

Was mich schon immer fasziniert hat, sind die Nischen. Das Handwerk und Menschen, die aus Leidenschaft Schönes und Hochwertiges erschaffen und ihre Fertigkeiten, die Produkte oder ihre Dienstleistungen ständig weiter perfektionieren. Da sprechen wir von einer Art von Luxus, die ohne das entsprechende Wissen, ohne Kennerschaft, gar nicht entschlüsselt werden kann. Wie wenn ich zum Beispiel einen Feinmass-Anzug trage, dessen Schulterpartie sich durch eine gewisse Machart – etwa die in Neapel übliche «spalla camicia», die nur von Hand genäht werden kann – auszeichnet. Dieses Detail bleibt Nicht-Eingeweihten verborgen, in Tailoring-Kreisen gilt sie aber mittlerweile als Statussymbol. Solche Feinheiten erkennt nur, wer sich ein gewisses Mass an Wissen – auch Connoisseurship genannt – erarbeitet und sich mit unterschiedlichen Kulturen, handwerklichen Künsten, Materialien, Verarbeitungsprozessen, etc. vertraut gemacht hat.

Mich interessieren nicht die Bereiche des internationalen Luxusgeschäftes, die auf schnelles Wachstum, Skalierung und Gewinnmaximierung ausgerichtet sind, sondern jene Handwerkerinnen und Handwerker, Meister ihres Faches und Unternehmerinnen und Unternehmer, die ihrer Leidenschaft folgen und dem Wunsch, etwas Einmaliges zu schaffen. Menschen, die damit nicht nur ein Geschäft als Broterwerb und Quelle von materiellem Wohlstand betreiben, sondern auch mit Stolz ein Handwerk und eine Tradition weiterführen und weiterentwickeln. Oder Menschen, die Dienstleistungen kompetent und auf höchstem Niveau erbringen und es verstehen, sich in Sekundenschnelle auf individuelle Bedürfnisse und kulturelle Unterschiede im Umgang mit ihrem Gegenüber einzustellen, wie es im Verkauf von Luxusgütern oft der Fall ist.

Die Faszination für das Handwerk liegt vermutlich an meinen Wurzeln. Geld war nie der treibende Faktor in meiner Familie, sondern der Stolz am Beruf und an der Leistung. Mein Vater ist in den 70er Jahren aus Süditalien in die Schweiz eingewandert. Er hat meine Mutter, eine Schweizerin, kennengelernt und ist geblieben. In seinem Beruf hat er sich über Jahrzehnte ein grosses Wissen und entsprechenden Respekt erarbeitet. Obwohl ich persönlich (leider) kein Handwerk so richtig beherrsche, oder vielleicht gerade deshalb, fühle ich mich von solchen Menschen und dem, was sie erschaffen, angezogen.

Was können Unternehmen von dir erwarten in Sachen Beratung?

Die Beratung von Unternehmen ist, neben der Lehre, der Weiterbildung und der angewandten Forschung, einer der vier Leistungsbereiche des Competence Team Luxury Management. Wir bieten fundiertes, wissenschaftsbasiertes und praxisorientiertes Wissen zu grundlegenden Fragen des Managements von Unternehmen im High-End Segment unterschiedlicher Branchen. In der Beratung sowie der Weiterbildung fokussieren wir uns auf Querschnittsfragen aus den Bereichen Strategie, Marketing & Kommunikation, Vertrieb & Verkauf und Internationalisierung. Themen, die wir derzeit – zum Teil in Kooperation mit unseren Kolleginnen und Kollegen in der Abteilung und an der ZHAW oder an internationalen Partneruniversitäten – erforschen, sind beispielsweise Luxury Ecosystems; Luxus und Nachhaltigkeit; interkulturelle Herausforderungen im internationalen Luxuskontext oder technologieunterstützte, multisensorielle Kundenerlebnisse und spezifische Herausforderungen von Start-ups und Kleinunternehmen im Luxusumfeld. Jedes Semester bieten wir Unternehmen auch an, sich im Rahmen von International Business Projects von unseren Studierenden zu geschäftsrelevanten Fragen beraten zu lassen.

Lässt sich Luxus mit Nachhaltigkeit verbinden?

Selbstverständlich. Luxus und Nachhaltigkeit müssen sich nicht ausschliessen. Ganz im Gegenteil, gerade wenn wir an Produkte denken, die tatsächlich noch so hergestellt werden, dass sie Generationen überdauern und eine Patina entwickeln, die ihren Wert noch erhöht.

Ich arbeite oft mit kleineren Unternehmen zusammen, die aus tiefer Überzeugung grosse Anstrengungen unternehmen, um ihre Produkte so nachhaltig wie möglich und die Herstellungs- und Beschaffungsprozesse transparent zu machen. Gerade bei den Rohmaterialien, die oft aus krisengeschüttelten Regionen stammen (z.B. Edelmetalle, Edelsteine, etc.), wie auch beim Leder gibt es noch viel zu tun, aber man sieht Fortschritte. Oft liest man, dass auch die Kundinnen und Kunden kritischer werden, aktiv nachgefragt wird zum Kaufzeitpunkt aber offenbar noch eher selten. Da besteht noch ein «Attitude-Behavior-Gap», eine Lücke zwischen dem was die Leute theoretisch als wichtig angeben und ihrem effektiven Kaufverhalten. Auch in diesem Bereich gibt es noch viel Forschungs- und Aufklärungsbedarf.

Für wen sind eure Weiterbildungsangebote (u.a. CAS Luxury Management & Webinars) gedacht?

Das Programm CAS Luxury Management führt die Teilnehmenden in die Grundlagen des Luxusmanagements im 21. Jahrhundert ein. Ausgehend von einer Einführung in die «Basics», d.h. Herkunft, Definition und Evolution von Luxus und Treiber des Luxuskonsums, werden die Spezifika des Managements von Luxusunternehmen und -marken und relevante Entwicklungen beleuchtet und anhand von realen Praxisbeispielen, Gastreferaten, etc. interaktiv erarbeitet.

Der Kurs richtet sich an Teilnehmende, die neu in diesem Bereich sind, ohne formale Ausbildung im Luxusbereich bereits mit Luxus-/Premiumgütern arbeiten und Leute, die einen nächsten Karriereschritt erwägen oder planen, ein eigenes Unternehmen im Luxussektor zu gründen.

Als Alternative zum CAS Luxury Management, dessen Start wir aufgrund von Covid-19 auf 2021 verschieben müssen, planen wir interaktive Webinars und Weiterbildungskurse, die wir auch online anbieten und wo wir uns auf relevante Trends, ihren Einfluss auf den Luxuskonsum und die Implikationen für Anbieter in unterschiedlichen Branchen fokussieren.

Welchen Luxus gönnst du dir im Alltag?

Wir haben zuhause in Zürich eine grosse Dachterrasse mit vielen Pflanzen, Gemüsebeeten, Sitz- und Liegemöglichkeiten und einer Outdoor-Dusche. An heissen Tagen, wenn ich vom Unterricht oder von Geschäftsterminen nach Hause komme, geniesse ich den Tenue-Wechsel vom Anzug in die Badehose und gönne mir eine Abkühlung in der Abendsonne. Als ein Bekannter von mir, Polo-Spieler und selber im Luxusgeschäft tätig, die Dusche bei einem Besuch entdeckte, meinte er mit grosser Begeisterung: «Fabio, DAS ist doch der wahre Luxus!». Und genau so ist es. Der Luxus liegt oft im Kleinen.