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Zoom In: Sara Nilsson

Sara Nilsson arbeitet als Wissenschaftliche Assistentin in der Abteilung International Business und verfolgt parallel zu ihrer akademischen Tätigkeit eine Karriere als Fussballerin.

Oktober 2022

Sara Nilsson kommt aus Derome, südlich von Göteborg an der schwedischen Westküste. Fussball ist seit über 20 Jahren ihre Leidenschaft. Die Schwedin hat ihre Fussballkarriere neben ihrem Masterstudium und ihrer beruflichen Karriere vorangetrieben. In den Jahren 2020-2022 spielte die 27-Jährige in der Serie A, der höchsten Spielklasse im italienischen Frauenfussball. Als Leistungssportlerin sieht sie viele Parallelen zwischen Unternehmensführung und sportlichen Höchstleistungen.

Wie bist du zum Fussballspielen gekommen?
Ich habe als Kind schon immmer gerne mit anderen Kindern draussen Fussball gespielt. Mir hat es gefallen, gegeneinander anzutreten, zu rennen und genauso scharf zu schiessen wie die grösseren Kinder.

Mein älterer Bruder spielte Fussball, mein Vater war Trainer seiner Mannschaft und meine Mutter engagierte sich im Verein. So war es naheliegend, dass meine Eltern mich mit ca. 4 Jahren auf den Fussballplatz mitnahmen. Ich verliebte mich in diesen Sport und in den einzigen Verein im Dorf, den «Derome BK».

Wurdest du als Mädchen unterstützt, den Weg als Fussballerin einzuschlagen?
Ich bin mit einer Fussballfamilie gesegnet. Sowohl meine Mutter als auch mein Vater haben selber Fussball gespielt und meine Grossmutter war Torhüterin in der ersten Frauenliga in Schweden (1967). Mein Grossvater erhielt von der UEFA einen Preis dafür, dass er 50 Jahre lang ehrenamtlich für den örtlichen Verein tätig war. Es fiel mir daher sehr leicht, meiner Leidenschaft zu folgen. Ich bin sehr dankbar für dieses Privileg.

«Derome BK hat einen besonderen Platz in meinem Herzen, denn er steht für meine Heimat und die Leidenschaft und Liebe zum Fussball. In Schweden nennen wir Menschen, die sich aus purer Begeisterung für eine Organisation engagieren «eldsjälar», was so viel wie «brennende Seele» bedeutet. Das kleine Dorf mit dem Verein und dem Lied: «Lär dig krypa, lär dig gå, lär dig heja på DBK» («Lerne krabbeln, lerne laufen, lerne DBK anzufeuern») prägte meine Kindheit.»

Fotocredit: Privat

Ich begann als 7-Jährige in einer Mädchenmannschaft und spielte mit 15 Jahren in der ersten Frauenmannschaft. Später fusionierte die Frauenmannschaft des Vereins und wurde zu «Derome/Valinge». Dort blieb ich, bis ich 19 Jahre alt war. Meinen ersten Vertrag unterschrieb ich 2014 bei Jitex BK in der zweiten schwedischen Liga. Das war meine erste Erfahrung in einem anspruchsvolleren Umfeld. Danach wechselte ich zu Kungsbacka DFF (2016-2019), wo wir die zweite Liga gewannen und in die erste Liga aufstiegen. In diesen drei Jahren hatten wir sechs verschiedene Cheftrainer und ständige wirtschaftliche Probleme, die dazu führten, dass der Verein heute nicht mehr existiert. Dennoch habe ich in diesen Jahren Freunde fürs Leben gefunden.

Im Januar 2020 suchte ich eine neue Herausforderung ausserhalb Schwedens und bekam einen Vertrag bei Florentia San Gimignango in der Toskana, Italien (2020-2021). Letztes Jahr habe ich eine halbe Saison für Hellas Verona gespielt (2021), was eine grosse Herausforderung war, sowohl auf persönlicher als auch auf fussballerischer Ebene. Das Umfeld passte nicht zu mir, und ich merkte schnell, dass ich eine Veränderung brauchte, um bessere Leistungen zu bringen. Im Januar 2022 wurde mir ein Vertrag beim FC Aarau Frauen angeboten. Ich fühlte mich mehr als bereit für eine neue Herausforderung hier in der Schweiz.

Ist es für ein Mädchen schwieriger eine Fussballkarriere zu beginnen als für einen Jungen?
In Schweden ist es als Mädchen leicht, eine Lizenz zu bekommen und einen Verein in der Nähe zu finden. Sowohl in Italien als auch in der Schweiz haben viele meiner Mannschaftskameradinnen bis zum Alter von 15-16 Jahren mit Jungen gespielt, weil es in ihrer Gegend keinen Frauenverein gab. Das kann natürlich positiv sein, zeigt aber auch, dass Jungs immer noch mehr gefördert und unterstützt werden als Mädchen, wenn sie mit dem Fussballspielen beginnen.

Vor 100 Jahren wurde in England ein Verbot eingeführt, welches Mädchen und Frauen untersagte, Fussball zu spielen. Für mich fühlt sich das sehr weit weg an. Wenn wir jedoch unsere westliche Blase verlassen, ist dies auch heute noch die Realität für Mädchen und Frauen in Ländern wie zum Beispiel Afghanistan.

«Es gibt vor allem zwei Gründe, die das Fussballspiel magisch machen und die mich immer wieder aufs Neue anspornen: ich liebe das Gefühl, mit einem Ball zu spielen - so einfach ist das! Der zweite Grund ist, diese Momente ganz mit meinem Team zu erleben. Kleine und grosse Momente teilen, Erinnerungen schaffen und gemeinsam träumen ist etwas ganz Besonderes.»

Sara Nilsson, Wissenschaftliche Assistentin und Fussballspielerin

Teamplay ist im Fussball unverzichtbar. Was kannst du daraus in die Arbeitswelt mitnehmen?
Im Fussball musst du die Spielweise der Mannschaftskameradinnen kennen, um das beste kollektive Potenzial zu erreichen. Wird diese Spielerin weiterlaufen oder spielt sie einen Pass mit dem Ball? Im Sport trainierst du die Fähigkeit, unter Druck zu agieren, baust Selbstvertrauen auf, indem du dich selbst herausforderst. Und du verstehst, wie wichtig Teamgeist ist! Meine Erfahrungen aus der Arbeitswelt zeigen mir, dass dort die gleichen Fähigkeiten gelten. Wenn ein Projekt nicht gut läuft, brauchst du ein gutes Management und die Mitarbeitenden müssen zusammenarbeiten.

Eine Führungsperson kann ein taktisches Genie sein. Aber ohne das Verständnis für menschliche Aspekte und die Moral des Teams kommt sie mit einem Team nicht weiter. Meiner Erfahrung nach sind die erfolgreichsten Coaches diejenigen, die ein hohes Mass an Selbstbewusstsein haben. Sie sind in der Lage, ihre eigenen Kernkompetenzen und natürlich auch ihre eigenen Grenzen zu kennen. Eine gute Führungspersönlichkeit ist in meinen Augen in der Lage, Verhaltensweisen zu erkennen und zu belohnen und das Team als Ganzes voranzubringen. Ein Umfeld zu schaffen, in dem die Moral des Teams auf natürliche Weise wachsen kann.

Ein Coach braucht Führungspersönlichkeiten innerhalb der Mannschaft, deshalb gibt es einen Captain. Als Bindeglied zwischen den Spielerinnen und dem Personal kennt ein Captain sein Team und das Team unterstützt ihn. Werte wie Leistungsbeständigkeit, Kommunikationsfähigkeit und die Fähigkeit, das Team zu motivieren, sind für die Rolle des Captains wichtig.

Wie sieht dein Tagesablauf aus?
Ich arbeite Teilzeit an der ZHAW (50 %), was mir eine gute Möglichkeit gibt, Fussball und Arbeit miteinander zu vereinbaren. In einer normalen Woche habe ich sechs Mannschaftstrainings, eine individuelle Fitnesseinheit und ein Spiel am Wochenende. Ich gehe meistens an den Tagen, an denen ich kein Morgentraining habe ins Büro nach Winterthur zu meinen Arbeitskolleginnen und -kollegen. Im Rahmen der heutigen digitalisierten Arbeitswelt bietet die ZHAW bei Bedarf auch Homeoffice an, was ich sehr schätze.

«Ich bin stolz darauf, für die ZHAW zu arbeiten - eine Organisation, die in vielen Bereichen "Swiss Excellence"-Ausbildung anbietet. Persönlich identifiziere ich mich besonders mit den strategischen Zielen der ZHAW im Bereich Nachhaltigkeit und Internationalisierung.»

Sara Nilsson, Wissenschaftliche Assistentin und Fussballspielerin

Warum hast du dich für den Fachbereich International Business entschieden?
Mein Interesse an der internationalen Wirtschaft wuchs, als ich merkte, dass ich mich für andere Kulturen interessierte und vor allem in der Schule sehr gerne Spanisch lernte. Daher habe ich meinen Bachelor in Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Spanisch absolviert und eine Zeit lang in Barcelona gelebt. Später habe ich meinen Master in International Business and Trade an der School of Business, Economics and Law der Universität Göteborg abgeschlossen. Die Aufgeschlossenheit und die Mischung der Kompetenzbereiche bei der Abteilung International Business schaffen einen dynamischen Arbeitsplatz, an dem Kreativität, Eigenverantwortung, Innovation und Zusammenarbeit gefördert werden.

Was bereitet dir an deiner Arbeit am meisten Freude?
Es sind definitiv die Menschen und das Netzwerk, das man knüpfen kann. Für mich ist die Arbeit an der ZHAW eine grossartige Gelegenheit, mit inspirierenden Kolleginnen und Kollegen zusammen zu sein und mich ständig weiterzubilden und zu fordern. Viele Forschende, Lehrende und Geschäftsleute an der ZHAW sind sowohl in der Wirtschaft als auch in der Wissenschaft tätig, was ein lebendiges Arbeitsumfeld schafft.

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Video: Toni Lüscher

Zum Abschluss ein Rückblick und ein Ausblick: Ist der Traum für junge Mädchen realistischer geworden, eine Fussballerinnenkarriere zu starten?
Als ich ein Mädchen war und Fussball im Fernsehen sah, war ich so fasziniert, dass ich dachte: «Ich will Fussballprofi werden». Allerdings habe ich bald gemerkt, dass bei den grossen Spielen, die ich im Fernsehen gesehen habe, nur Männer gespielt haben. Irgendwann war ich traurig, weil ich begriffen hatte, dass es für mich nicht dasselbe ist wie für die Jungs in meinem Alter.

Heute ist es für Mädchen ein realistischerer Traum, als es für mich war, ganz zu schweigen davon, wie es für meine Mutter oder sogar meine Grossmutter war. Die Qualität der Ligen ist höher, die Spiele sind viel sichtbarer und grosse und traditionell männliche Vereine beginnen zu erkennen, dass ein erfolgreiches Frauenteam Synergien schafft und keine Last ist. Der FC Barcelona zum Beispiel investiert einen Teil seines Kapitals in den Frauenfussball. In wenigen Jahren hat sich der Verein so zu einem Weltklasseklub entwickelt. In diesem Frühjahr hat die Frauenmannschaft des FC Barcelona den europäischen Zuschauerrekord gebrochen, als sie beim El Classico vor mehr als 91 000 Zuschauern spielten. Diejenigen, die immer noch mit dem alten Argument «Keiner schaut Frauenfussball» herumlaufen, sind einfach überholt und die meisten von ihnen haben selbst noch nie ein Frauenfussballspiel live gesehen.

Dennoch gibt es einen grossen Unterschied bei den «Basis»-Investitionen. Wie bereits erwähnt, ist es für Jungen leichter, mit dem Fussballspielen zu beginnen als für Mädchen. Im Allgemeinen ist das Zitat, das ich einmal gehört habe, immer noch zutreffend: «In Mädchen investiert man erst, wenn sie bewiesen haben, dass sie gut genug sind, während man bei Jungen früh investiert, um sie gut zu machen». Doch wie in jedem anderen Unternehmen gilt auch im Frauenfussball die Regel, dass strategische, langfristige Investitionen zu einer höheren Qualität des Endprodukts führen. Der jüngste Beweis dafür sind die Investitionen der britischen Regierung nach dem Erfolg der «Lionesses» bei der EURO 2022.

Ich sehe täglich die Spielerinnen um mich herum, ehemalige und aktuelle Mannschaftskolleginnen, die hart arbeiten, um ihrer Leidenschaft, dem Fussball, zu folgen. Und das habe ich auch getan. Dennoch darf man nie vergessen, dass ich extrem privilegiert bin, und dafür kann ich all den Sportlerinnen, die vor mir gekämpft haben, nur dankbar sein. In vielerlei Hinsicht habe ich das Gefühl, dass sich die Zeiten ändern. Frauen spielen Fussball. Frauen sind Führungspersönlichkeiten. Die Zukunft gehört uns!