Die meisten Studien über Organisationen konzentrieren sich auf bestehende Stigmata und übersehen dabei oft den Prozess, durch den Stigmatisierung entsteht. Nur wenige haben die Dynamik zwischen Stigmatisierern und Betroffenen sowie die Rolle der Regierungen in diesem Prozess untersucht.

In ihrem Vortrag geht Prof. Zavyalova auf diese Lücke ein, indem sie den Stigmatisierungsprozess russischer NGOs nach der Verabschiedung des Gesetzes über «ausländische Agenten» im Jahr 2012 untersucht. Mithilfe eines induktiven Ansatzes, der auf Archivdaten, Online-Quellen und Interviews basiert, zeigt sie die bewussten Bemühungen der autoritären Regierung auf, bestimmte NGOs zu stigmatisieren, indem sie sie als «ausländische Agenten» abstempelt.

Das Ergebnis ist ein dreistufiges Modell, das die Entwicklung des Stigmatisierungsprozesses beschreibt:

1. Die Entstehung des Stigma-Siegels
2. Die Durchsetzung und Anfechtung
3. Die Verbreitung des Stigmas

Die vorgestellte Studie unterstreicht die entscheidende Rolle von Machtungleichgewichten, begrenzten Maßnahmen höherer Behörden und geringer Medienaufmerksamkeit in den frühen Phasen der Stigmatisierung. Diese Erkenntnisse lassen sich möglicherweise auch auf andere Kontexte mit autoritären Regimen übertragen.

Prof. Dr. Anastasiya Zavyalova lehrt strategisches Management an der Jesse H. Jones Graduate School of Business der Rice University. Zusätzlich ist sie International Research Fellow am Oxford University Centre for Corporate Reputation und Associate Editor bei der Academy of Management Review.

Ihre Promotion in strategischem Management hat Prof. Zavyalova an der University of Maryland, Robert H. Smith School of Business, abgeschlossen. Ihre Forschung konzentriert sich auf sozial verantwortliche und unverantwortliche organisatorische Handlungen, die sozialen Anerkennungswerte wie Reputation und Berühmtheit beeinflussen.