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Corporate Responsibility: Gutes tun und berichten

Vorbei die Zeiten, wo es nur um kurzfristige Gewinnmaximierung ging: Unternehmen sollen zur Lösung gesellschaftlicher Probleme beitragen. Wie damit befasst sich das ZHAW-Center for Corporate Responsibility. Herbert Winistörfer im Interview mit dem Hochschulmagazin ZHAW-Impact.

Ob in Begriffen wie Nachhaltigkeit, Corporate Responsibility (CR) oder Wirtschaftsethik verpackt: «Die Anforderung an Unternehmen besteht immer darin, dass sie Antworten auf die Erwartungen verschiedener Anspruchsgruppen zur Lösung gesellschaftlicher Probleme haben», sagt Herbert Winistörfer, Leiter des Center for Corporate Responsibility (CCR) an der School of Management and Law (SML). Das CCR befasst sich seit 2016 als eigene Organisationseinheit mit Fragen zum Nachhaltigkeitsmanagement. Es erforscht Ansätze und Werkzeuge, berät Unternehmen und bildet Fachkräfte aus. Letzteres auch in der Weiterbildung CAS Corporate Responsibility. Schwerpunkte des Centers in Forschung und Beratung sind Kommunikation und Berichterstattung zu Corporate Responsibility, Menschenrechte und Verantwortung in der Lieferkette sowie Innovationen im Bereich Nachhaltigkeit. Zudem koordiniert das Center im Auftrag der SML die Aktivitäten der Hochschule zur UNO-Initiative «Principles for Responsible Management Education».

Druck der Öffentlichkeit

Seien es CO₂-Emissionen oder Kinderarbeit bei einem Lieferanten – Unternehmen können sich immer seltener der Verantwortung entziehen. Eine Folge des öffentlichen Drucks nach Umweltkatastrophen, Bilanzskandalen und Menschenrechtsverletzungen, die durch Unternehmen ausgelöst wurden. So wurde die unternehmerische Verantwortung wieder öffentlich gefordert mit dem Enron-Skandal im Jahr 2001 und der Finanzkrise 2008. «Das Vertrauen in die Wirtschaft erlitt damals einen massiven Schaden: In der Öffentlichkeit sei die Haltung verbreitet, die Gewinne würden privatisiert und die Kosten sozialisiert, also auf die Gemeinschaft abgeschoben», so Winistörfer. «Solche Entwicklungen gab es jedoch schon früher: In den achtziger Jahren führten die Chemiekatastrophen im indischen Bhopal, im Industriegebiet Schweizerhalle bei Basel oder vor Alaska durch den Öltanker «Exxon Valdez» dazu, dass Umweltthemen in die öffentliche Diskussion gelangten. Es wurden Umweltgesetze und freiwillige Standards für Unternehmen eingeführt und Ökobilanzen erstellt.» Das sei der Anfang des modernen, transparenten Umgangs mit CR gewesen, erläutert Winistörfer: «Verursachen Firmen gravierende Schäden für die Gesellschaft, drohen sie ihre Legitimation und damit die ‹licence to operate› zu verlieren.»

Neben Risiken bergen Nachhaltigkeitsthemen für Unternehmen aber auch Chancen: «Die Integration von Nachhaltigkeit und gesellschaftlicher Verantwortung in Strategie, Strukturen und Kultur des Unternehmens kann ein entscheidender Wettbewerbsfaktor sein und zum Unternehmenserfolg und -wert beitragen», sagt Winistörfer. So lassen sich mit ökologisch und sozial verträglich hergestellten Produkten neue Märkte erschliessen. Kunden schenken einem nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen mehr Vertrauen, und Mitarbeitende wiederum honorieren partnerschaftliche und familienfreundliche Arbeitsbedingungen.

«Unternehmen profitieren vom Gemeinwesen und müssen deshalb auch einen Teil der Verantwortung übernehmen.»

Herbert Winistörfer

Standards der Nachhaltigkeit

Um gegenüber ihren Anspruchsgruppen zu dokumentieren, was sie in Sachen Nachhaltigkeit leisten, veröffentlichen Unternehmen Nachhaltigkeitsberichte. Dabei orientieren sie sich an international akzeptierten Standards, vor allem an der Global Reporting Initiative (GRI) und am International Integrated Reporting Council (IIRC). «Für Unternehmen mit wenig Erfahrung ist die Anwendung allerdings anspruchsvoll», sagt Winistörfer. In einem Forschungsprojekt hat das CCR deshalb Hilfsmittel zur Umsetzung entwickelt. Zum Team des 2017 abgeschlossenen Projektes gehörten neben der ZHAW die Fachhochschule Nordwestschweiz und die Beratungsfirma BSD Consulting. Diese erarbeiteten Werkzeuge, unterstützen Unternehmen etwa bei der Aufgabe, die wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen zu identifizieren. Die Standards GRI und IIRC verlangten, dass dabei die ganze Wertschöpfungskette – von den Rohstoffen über die Verarbeitung und den Konsum bis zum Recycling – berücksichtigt werde, so Winistörfer. Nicht zuletzt wirkt sich eine nachhaltige Unternehmensführung – und die Berichterstattung darüber – auch positiv auf Reputation und Markenidentifikation aus. Auch wenn Unternehmen einen Reputationsverlust generell fürchten: «Der langfristige Schaden für Unternehmen aus Vorfällen wie beispielsweise dem Skandal über manipulierte Emissionen bei den Herstellern von Dieselfahrzeugen ist schwierig zu messen», so Winistörfer. Die Kosten von CR seien dagegen viel einfacher zu beziffern als der Nutzen, was viele Unternehmen davon abhalte, aktiver zu werden. Seine «noch nicht bewiesene Hypothese»: «Erfolgreich sind diejenigen, die es einfach versucht haben.»

Weiterbildung im Nachhaltigkeitsmanagement

Das Management von CR im Unternehmen umfasst spezifische Aufgaben, wie zum Beispiel die Entwicklung von Strategien, die Einführung und Umsetzung von Managementansätzen oder die Kommunikation in der Öffentlichkeit. Das erfordert übergreifende Kompetenzen, sowohl fachspezifisch, methodisch, kommunikativ, koordinativ und sozial. Zur Vermittlung solcher Kompetenzen bietet das CCR den berufsbegleitenden Zertifikatslehrgang CAS Corporate Responsibility an. Der CAS ist in sieben Intensivseminare gegliedert. Jedes Seminar vermittelt dabei Kompetenzen für bestimmte Unternehmensbereiche wie zum Beispiel für Accounting und Controlling, Kommunikation, Compliance oder das Beschaffungsmanagement. Der nächste Start des CAS ist im Herbst 2019 geplant.

«Es ist wichtig, alle betroffenen Einheiten im Unternehmen einzubeziehen, um CR erfolgreich zu leben.»

Herbert Winistörfer

Autorin: Sibylle Veigl

Hochschulmagazin ZHAW-Impact

«Ethik» lautet das Dossier-Thema der aktuellen Ausgabe des Hochschulmagazins ZHAW-Impact. Wir berichten über den Besuch des Dalai Lama an der ZHAW und seinen Appell, in der Bildung mehr Gewicht auf innere Werte zu legen. Wir zeigen welchen Stellenwert Ethik im Studium und in der Forschung an der ZHAW hat. Eine Themenauswahl: Medizinische Berufe zwischen Fürsorge und Patientenautonomie, zwischen Leben erhalten und Sterbefasten. Architektur zwischen Design und Stadtreparatur. Big Data zwischen fairen und diskriminierenden Algorithmen. Bei solchen Dilemmata kann Ethik helfen, diese einzuordnen, Handlungsmuster zu überdenken, um letztlich angemessene Entscheidungen treffen zu können.