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Zoom In: Illia Zholtetskyi

Illia Zholtetskyi ist Bachelorstudent in Betriebsökonomie an der ZHAW School of Management and Law. Was zunächst im Frühling 2022 als Gaststudium geplant war, entwickelte sich innerhalb eines Jahres zu einem neuen Kapitel in seinem Leben.

Bereits zweimal musste Illia aufgrund von Kriegsnot sein Leben umkrempeln und umziehen – zuerst im Jahr 2014 von der Ostukraine nach Kiew und dann im Jahr 2022 von Kiew in die Schweiz. Im Interview erzählt er uns, wie er es geschafft hat, sich in der Schweiz eine neue Zukunft aufzubauen, und welche Erfahrungen er bereits gesammelt hat.

Illia, wie kamst du dazu, dein Studium in der Schweiz auf Deutsch zu absolvieren?

Während meiner Schulzeit in Kiew nahm ich regelmässig an Jugendkonferenzen teil, auf denen Themen der UNO diskutiert wurden. Dadurch kam ich früh mit internationalen Angelegenheiten in Kontakt, was mein Interesse an internationalen Beziehungen weckte. Ausserdem habe ich schon immer Sprachen gemocht und neben Ukrainisch und Russisch auch Englisch und Deutsch gelernt. Mein Interesse an der deutschen Sprache führe ich auf meine Schulzeit an einer deutschsprachigen Schule und auf meinen Vater zurück, der während der Sowjetzeit in Ostdeutschland lebte. 2021 begann ich mein Bachelorstudium an der Nationalen Taras-Schewtschenko-Universität Kiew. Erfreulicherweise gehörte ich zu den wenigen Studierenden, die sich aufgrund herausragender Leistungen ein Stipendium sichern konnten. Doch leider sollte das Glück nicht von langer Dauer sein, denn nur ein Semester nach meinem Studienbeginn brach erneut der Krieg aus, der alles zum Stillstand brachte. Durch verschiedene Unterstützungsstellen bot sich mir die Gelegenheit, in die Schweiz zu kommen, und ich fand mich schliesslich in Luzern wieder. Obwohl sich mein ursprünglicher Pfad veränderte, blieb ich entschlossen und meinem Ziel treu. Ich begann mich schnell nach Möglichkeiten umzusehen, mein Studium wieder aufzunehmen. Glücklicherweise bot die ZHAW ein spezielles Programm für Studierende aus der Ukraine an, das es mir ermöglichte, mich für ein Studium zu bewerben. Zunächst begann ich als Gaststudent und konnte mein Studium parallel in Kiew fortsetzen. Im Frühling 2023 wurde ich schliesslich als vollwertiger Student an der ZHAW eingeschrieben.

An meiner früheren Universität lag der Fokus stark auf theoretischen Ansätzen, während an der ZHAW ein grosser Wert auf praktische Anwendungen gelegt wird. Hier werden den Studierenden die notwendigen Soft Skills für das zukünftige Berufsleben vermittelt. Dies war einer der Hauptgründe, warum ich mich für die ZHAW entschieden habe und nicht für eine andere Hochschule oder Universität.

 

Wie stark unterscheidet sich für dich der Studienalltag in der Schweiz von dem in der Ukraine?

Die Bildungssysteme in West- und Osteuropa weisen grundsätzliche Unterschiede auf. Besonders deutlich wurde mir dies beim Vergleich der Praxis- und Theorieorientierung. An meiner früheren Universität lag der Fokus stark auf theoretischen Ansätzen, während an der ZHAW ein grosser Wert auf praktische Anwendungen gelegt wird. Hier werden den Studierenden die notwendigen Soft Skills für das zukünftige Berufsleben vermittelt. Dies war einer der Hauptgründe, warum ich mich für die ZHAW entschieden habe und nicht für eine andere Hochschule oder Universität. Das Engagement der Professoren für die berufliche Entwicklung jedes einzelnen Studenten ist deutlich spürbar und spricht mich besonders an.

Mit dem Eingewöhnen in die Schweiz wurden auch weitere sozialkulturelle Veränderungen deutlich. Welchen Kulturschock hast du dabei erlebt?

Eine der ersten Beobachtungen, die mir auffiel, war die Unterscheidung der Arbeitszeiten in der Schweiz und vermutlich generell in Westeuropa. Besonders schwer fiel es mir, mich an die Ladenöffnungszeiten anzupassen. Die Vorstellung, dass Geschäfte am Sonntag geschlossen sind, erschien mir zunächst unwirklich, da ich es aus der Ukraine gewohnt war, auch an diesem Tag einkaufen zu können. Glücklicherweise habe ich mich mittlerweile daran gewöhnt. Des Weiteren fiel mir die Art und Weise auf, wie Menschen Privatsphäre behandeln, zum Beispiel in Banken. Die respektvolle Art, wie Menschen miteinander umgehen, hat mich beeindruckt.

Du bist innerhalb des ZHAW International Office in die Organisation der Summer Schools involviert. Könntest du uns mehr darüber erzählen, worum es dabei geht?

Die Summer Schools bieten eine Möglichkeit für einen kurzen Austausch ausserhalb des regulären Semesters, als Alternative zu einem ganzen Semester im Ausland. Dieses Angebot ist besonders attraktiv für Studierende im Teilzeitstudium oder mit einer Nebenbeschäftigung neben dem Studium. Während des mehrwöchigen Aufenthalts in einem Land ihrer Wahl können die Teilnehmenden studieren und erhalten gleichzeitig eine Dispensation für die Module an der ZHAW, die sie nun an der Partneruniversität absolvieren. Als jemand, der selbst arbeitet und studiert, bin ich mir der Herausforderungen bei der Vereinbarkeit von Studium, Beruf und Auslandsaufenthalt sehr bewusst. Die Summer Schools ermöglichen es den Studierenden jedoch, ähnliche Erfahrungen wie bei einem vollständigen Auslandssemester zu sammeln, während sie gleichzeitig einen Kompromiss mit ihren beruflichen Verpflichtungen eingehen können.

Wirst du selbst an einer Summer School teilnehmen? Wenn ja, wohin möchtest du gehen und warum?

Sehr gerne würde ich schon nächstes Jahr an einer Summer School teilnehmen. Obwohl ich bereits offiziell ein Auslandssemester während meines Bachelorstudiums in Kiew durch mein Gaststudium an der ZHAW absolviert habe, sehne ich mich dennoch nach dem authentischen Erlebnis eines Auslandsaufenthalts. Es ist mir wichtig, das unbeschwerte Gefühl eines solchen Aufenthalts zu erleben. Falls sich die Gelegenheit ergibt, bei einer Summer School dabeizusein, würde ich besonders gerne nach Frankreich gehen. Die französische Kultur ist für mich ein wahrhaftiges Kunstwerk. Nicht nur interessiere ich mich für die Geschichte Frankreichs, insbesondere in Bezug auf die Verflechtungen mit der Geschichte Englands, sondern auch für den einzigartigen Charme, den das Land ausstrahlt. Darüber hinaus liebe ich das Reisen, da es mir ein Gefühl von Lebendigkeit vermittelt. Es ist erstaunlich, dass ich in den letzten zwei Jahren mehr gereist bin als in meinem gesamten vorherigen Leben. Dabei beziehe ich mich nicht auf Reisen in andere Länder, sondern auf Entdeckungen innerhalb der einzelnen Schweizer Kantone, von denen jeder ein ganz eigenes Flair besitzt. Die Schönheit der Natur lässt sich nur durch das Erkunden auf Reisen vollständig erfassen.