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Wenn Hebammen und Hausärzte gemeinsam studieren – Vernissage zur neuen Publikationsreihe „Gesundheit ZHAW“

Die ZHAW Gesundheit ist weit davon entfernt, eine „Health University“ zu sein. Dass dies nicht so bleiben muss, wurde an der Vernissage der Publikation „Health Universities – Konzept, Relevanz und Best Practice“ deutlich.

Der kleine, frisch gedruckte Band von Beat Sottas, Sarah Brügger und Peter C. Meyer, der am 28. Mai in Winterthur gefeiert wird, ist noch nicht enthüllt. Erst will man sich an das Konzept herantasten, in dem es in diesem ersten Band der neuen Publikationsreihe „ZHAW Reihe Gesundheit“ geht. Mit drei kurzen Referaten, einem Podiumsgespräch und - zuerst - mit Musik. Diego Wüest, Musiker und Absolvent der Masterklasse in Musikpädagogik spielt Rockiges aus den 60er und 70er Jahren und führt das Publikum musikalisch just in die Anfangszeit der „Health Universities“: es ist eine Zeit voller Auf- und Umbruch. Veränderte Arbeits- und Lebensstile bringen neue Risiken und Krankheitsbilder mit sich und rufen nach einem breiter gefassten Gesundheitsbegriff, der neben Diagnose und Therapie auch Prävention und Gesundheitsförderung Gesundheitsförderung und insbesondere eine praxisnahe Ausbildung umfasst.

Die Grundversorgung im Blick

Die Herausforderungen, mit denen die in der Gesundheitsversorgung tätigen Berufe konfrontiert waren, verlangten nach neuen Bildungsinstitution. Als ideales Modell wurde 1975 die „Health University“ proklamiert. An einer solchen studieren angehende Mediziner, Pflegerinnen, Physiotherapeuten, Hebammen und Ergotherapeutinnen, aber auch Gesundheitsökonomen und Städteplanerinnen unter einem Dach. Ihre Ausbildung richtet sich primär auf Fragen der Grundversorgung und das Zusammenspiel der Berufe. Deshalb will sie ein Berufsverständnis fördern, das von Interprofessionalität statt von Standesdünkel geprägt ist. Eine „Health University“ ist überdies in der Region verankert und übernimmt Verantwortung für die gesundheitliche Regionalentwicklung, ist aber auch in Forschung tätig.

Auch wenn das Konzept seither nicht zum Mainstream in der Ausbildung von Gesundheitsberufen wurde, so wurde und wird es immer wieder umgesetzt, so an Universitäten in Schweden, Norwegen, Israel, Grossbritannien und in den USA.

„Wer zusammen lernt, arbeitet auch gut zusammen“

Welche Bedeutung hat das nicht mehr ganz junge Konzept für die Gegenwart? Für Ausbildungsstätten wie die ZHAW? Aus unterschiedlichen Perspektiven diskutierten Beat Sottas, Mitautor der Studie, Marion Huber, Dozentin am Departement Gesundheit, Urs Martin Lütolf, ehemaliger ärztlicher Direktor des Universitätsspitals Zürich und Peter C. Meyer, Direktor des Departementes Gesundheit die Zukunftsfähigkeit der „Health University“.

Sottas sieht darin die richtige Leitperspektive für Fragen der heutigen Gesundheitspolitik. Der Trend zu einer hochspezialisierten Medizin, die dem Prinzip „Das Beste für Alle und überall“ folgt, stösst finanziell, aber auch mit Blick auf den Fachkräftemangel im Gesundheitswesen an ihre Grenzen. „Innovative Lösungen“ sind für ihn darum auf allen Ebenen gefragt. Mit Blick auf die ZHAW sagt er: „Es reicht nicht, Studiengänge am gleichen Ort zu haben. Es bedarf einer gemeinsamen Vision und einer Bildungsstrategie, die für alle gilt.“

Marion Huber würde die ZHAW sofort zur „Health University“ umbauen. Ausgehend vom Grundsatz, dass „gut zusammen arbeiten kann, wer zusammen lernt“, skizziert sie – inspiriert vom Beispiel der Hochschule für Gesundheit in Bochum - ein Studium, in dem die gemeinsame Ausbildung verschiedener Berufe zentral ist. Ihr schwebt ein Studium vor, das nicht berufs- sondern themenorientiert ist, so dass professionelle Gräben gar nicht erst entstehen. Ihre Vision: Ein Studium, das mit dem Titel „Health Professional“ abschliesst.

„Systemträgheit lässt sich nicht wegwalzen“

Lütolf spricht mit der Erfahrung und aus den Bemühungen des langjährigen Klinikdirektors. Am Beispiel des Versuches, mit einer „Medical School“ neue Perspektiven für Führung und Bildungsangebot zu schaffen, zeigt er, wie Reformbemühungen an realpolitischen Interessen scheitern können. Auch wenn er überzeugt ist, dass „interprofessionelle Modelle an Bedeutung gewinnen müssen“, so warnt er vor Euphorie und rät zu kleinen Schritten statt zu grossen Würfen. Denn, so sagt er: „Systemträgheit lässt sich nicht wegwälzen, sondern nur umtrippeln“.

Dass es an der ZHAW in Sachen „Health Universities“ nicht bei einer historischen Aufarbeitung, interessanten Gedanken und erhellenden Best-Practice-Beispielen zwischen zwei Buchdeckeln bleiben soll, legt Departements-Direktor Meyer dar: „So bald wie nur möglich“, will er in Winterthur ein Campus-Ambulatorium gründen. Meyer sieht in einem solchen „viele Aspekte einer Health University“ vereint: In der Zusammenarbeit mit lokalen Gesundheitsvertretern würde die regionale Verankerung gestärkt. Und die Interprofessionalität, welche im Zentrum der Diskussionen des Vernissage-Abends stand, könnte am Patienten auf seine Praxistauglichkeit hin geprüft werden.

Neue Publikationsreihe

In der neuen Schriftenreihe „ZHAW Reihe Gesundheit“ werden in unregelmässiger Folge wissenschaftliche Artikel zu wichtigen Themen aus dem Bereich Gesundheit publiziert. Sie entstehen an der ZHAW oder werden von dieser in Auftrag gegeben. Die Reihe ist als Open Acces Publikation online als auch gedruckt verfügbar. „Health Universities – Konzept, Relevanz und Best Practice“ ist der erste Band, die Autoren Beat Sottas, Sarah Brügger und Peter C. Meyer fragen nach Relevanz und Aktualität des Konzeptes „Health Universities“, das in den 1960er und 1970er Jahren als Antwort auf damals aktuelle Herausforderungen im Gesundheitswesen entstanden ist. Die Autoren der Studie arbeiten die Geschichte der Health Universities auf, stellen Beispiele vor und zeigen auf, warum der Ansatz auch heute wieder Antworten auf Fragen der Gesundheitsversorgung und Gesundheitsbildung liefern kann. (Sarah Jäggi)

Weitere Infos:

"Health Universities – Konzept, Relevanz und Best Practice"(PDF 789,5 KB)

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