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Präventive Wohnraumanpassung: Autonomie und Partizipation für ältere Menschen mit chronischen Erkrankungen

In der Schweiz erfolgen Wohnraumanpassungen oft erst in Folge eines Sturzes oder Unfalls. Würden Ergotherapeut/-innen und die Spitex solche Anpassungen präventiv vornehmen, könnten nicht nur Unfälle vermieden, sondern auch die Lebensqualität, Autonomie und Partizipation älterer Menschen mit chronischen Erkrankungen gefördert werden. Ein Pilotprojekt soll dies prüfen.

Ausgangslage

Die Anzahl älterer Menschen mit chronischen Erkrankungen, welche in Privathaushalten wohnen, wird in den nächsten Jahren stark ansteigen. Doch nur ein kleiner Teil der Wohnungen und Häuser wurden unter Rücksichtnahme auf die sich wandelnden Bedürfnisse und Ressourcen ihrer Bewohnerinnen und Bewohner gebaut. Präventive Wohnraumanpassungen haben das Potenzial, Autonomie, Lebensqualität und soziale Partizipation dieser Menschen zu fördern. Solche Massnahmen können die Versorgung mit Hilfsmitteln, Anpassungen der räumlichen Gestaltung sowie persönlicher Verhaltensweisen, die Vermittlung von Ressourcen im Gemeinwesen (z.B. Mahlzeitendienst) und Empfehlungen für bauliche Anpassungen umfassen.

Zielsetzung

Ziel des Projekts ist die Entwicklung und Pilotierung der «Präventiven Wohnraumanpassung». Mit diesem interprofessionellen Angebot von Spitex-Mitarbeitenden in Hauswirtschaft und Betreuung sowie Ergotherapeutinnen und -therapeuten sollen Autonomie, Lebensqualität und Partizipation älterer Menschen mit chronischen Erkrankungen gefördert und die Auswirkungen funktioneller Verschlechterungen abgeschwächt werden. Dadurch sollen die Betroffenen so lange wie möglich und gewünscht in ihrem gewohnten Umfeld wohnen bleiben können. Die «Präventive Wohnraumanpassung» soll das Potenzial der Spitex Hauswirtschaft und Betreuung zur Früherkennung und Prävention mit dem Know-how von Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten in der Wohnraumanpassung verbinden.

Methode und Vorgehen

Als Grundlage für die Entwicklung der «Präventiven Wohnraumanpassung» führte das Forschungsteam im Sommer 2020 zwei Fokusgruppen durch. In der ersten befragten sie ältere Menschen mit chronischen Erkrankungen, die in Kriens zuhause sind, zu ihren Schwierigkeiten im Alltag. Die zweite Fokusgruppe führten sie mit Stakeholdern aus dem Gesundheits- und Sozialwesen, wie zum Beispiel der Rheuma-Liga oder der Dienststelle Gesundheit und Sport, sowie mit Personen aus dem Bereich hindernisfreies Bauen durch. 

Basierend auf den Ergebnissen dieser zwei Fokusgruppen entwickelten die Projektpartner eine interprofessionelle Intervention, die im Frühjahr 2021 mit fünf Kundinnen und Kunden der Spitex Kriens getestet wurde. Dabei besuchte eine Ergotherapeutin die Teilnehmenden, um mit ihnen Barrieren und Ressourcen im alltäglichen Wohnumfeld zu eruieren und mögliche Lösungen zu diskutieren. Diese wurden je nach Bedarf in Zusammenarbeit mit der hauswirtschaftlichen Spitex umgesetzt. Die Forschungsstelle Ergotherapie evaluierte die Intervention durch qualitative Befragungen und standardisierte Erhebungen sowohl mit den Spitex-Kundinnen und -Kunden als auch mit den Mitarbeitenden der Spitex und den Ergotherapeutinnen und -therapeuten.

Ergebnisse und Film

Die zwei Fokusgruppen zeigten Faktoren auf, die Schwierigkeiten älterer Menschen in ihrem Wohnumfeld begünstigen:

  • Nicht alters- und behindertengerechte Einrichtung der Wohnung (z.B. Türschwellen oder keine unterfahrbaren Herdplatten)
  • Barrieren im öffentlichen Raum (z.B. fehlende Rampen oder Geländer)
  • Fehlen eines sozialen Netzwerks
  • Fehlende Informationen über bestehende Unterstützungsangebote 
  • Fehlende Finanzierungsmöglichkeiten von Anpassungen und Hilfsmitteln (z.B. durch AHV oder Ergänzungsleistungen)

Zudem zeigte die Befragung, dass die älteren Menschen zwar möglichst lange autonom leben möchten, jedoch nicht per se in ihrem bisherigen Wohnraum. So würden die Betroffenen etwa auch einen Umzug in eine barrierefreie Wohnung in Kauf nehmen, um ihre Autonomie zu wahren. Ebenfalls stellte sich heraus, dass der Zugang zu Ressourcen wie etwa ein soziales Netzwerk, Informationen oder finanzielle Möglichkeiten sehr unterschiedlich ist und die Betroffenen ganz eigenständige Strategien für den Umgang mit ihren Einschränkungen entwickeln. 

Die im Frühjahr 2021 durchgeführte interprofessionelle Intervention wurde von den meisten Teilnehmenden sehr positiv wahrgenommen. Auch bewährte sich die interprofessionelle Zusammenarbeit aus Sicht der beteiligten Organisationen, so dass die Spitex Kriens und das Zentrum für Ergotherapie Luzern das Angebot nun unter dem Namen «Programm zur Förderung von Autonomie und Partizipation älterer Menschen am richtigen Ort» in den regulären Betrieb überführen. Die Grundlagen dafür entwickelte das ZHAW-Forschungsteam gemeinsam mit den Partnern in mehreren Workshops. Darüber hinaus besteht Interesse am Angebot von Spitex-Organisationen und Ergotherapie-Praxen aus anderen Regionen der Schweiz.

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