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ZHAW evaluiert die Unterbringung und Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden

Positive Entwicklungen, aber auch dringend notwendige Anpassungen bei der Unterbringung und Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden.

von Eva Mey und Samuel Keller
Der Bund betreibt eine Reihe von Asylzentren (Bundesasylzentren, BAZ), in denen alle Asylsuchenden während ihrer ersten Zeit in der Schweiz untergebracht sind, bevor sie in die Zuständigkeit der Kantone wechseln. Ziel des zuständigen Staatssekretariats für Migration (SEM) ist es, das neu eingeführte beschleunigte Asylverfahren möglichst noch während des Aufenthalts in den BAZ abschliessen zu können.

Dies gilt auch für unbegleitete Minderjährige, die ohne ihre Eltern oder andere Erziehungsberechtigte in die Schweiz gelangen und hier Asyl suchen. Auch sie werden in den BAZ untergebracht. Das SEM hat im Rahmen eines Pilotprojektes Standards für die Unterbringung und Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden (UMA) ausgearbeitet, die ab September 2017 in zwei Zentren des Bundes (Basel und Zürich) getestet worden sind. Die ZHAW wurde vom SEM beauftragt, anhand einer systematischen Evaluation zu prüfen, inwieweit die ausgearbeiteten Standards geeignet sind, um eine kindes- und altersgerechte Unterbringung und Betreuung sicherzustellen. Dabei liessen sich positive Entwicklungen, aber auch dringend notwendige Anpassungen erkennen.

Eine ganz besondere Anspruchsgruppe

UMA sind nicht «einfach» etwas jüngere und allein gereiste Asylsuchende. Es sind minderjährige Menschen, deren Schutz und Wohlergehen auf der Grundlage internationaler Abkommen und nationaler Gesetzgebung in der Verantwortung des Staates liegen, der gefordert ist, diese umzusetzen.

Aufgrund der Minderjährigkeit, der Trennung von wichtigen Bezugspersonen und der Fluchtsituation ist insgesamt von einer erhöhten Vulnerabilität und von einem hohen Bedarf an Identitäts- und Perspektiventwicklung auszugehen, wenngleich die Gruppe der UMA heterogen ist und die Geschichten, Belastungen und Ressourcen der Kinder und Jugendlichen höchst unterschiedlich sind. Während die einen einigermassen zurechtkommen, sind andere – auch aufgrund traumatischer Erfahrungen während der Flucht oder im Herkunftsland – höchst verletzlich und schutzbedürftig.

Wichtige Verbesserungen erzielt

Dank der neuen Vorgaben, der angepassten Ressourcen und des hohen Engagements der Fachpersonen vor Ort wurden im Rahmen des UMA-Pilotprojektes bereits wichtige Verbesserungen bei der Unterbringung und Betreuung von UMA erzielt. So konnten insbesondere mit dem Einsatz von sozialpädagogischen Fachpersonen Fortschritte in Bezug auf einen verbesserten Zugang zu den Kindern und Jugendlichen erreicht werden. Dies ist entscheidend, um spezifische Bedarfe zu erkennen. Regelmässig stattfindende Einzelgespräche erwiesen sich dabei als ebenso wichtig wie ein vermehrter fachlicher Austausch innerhalb des Betreuungsteams und über disziplinäre Grenzen hinweg. Hier wurde in der Pilotphase bereits viel Aufbauarbeit geleistet, um geeignete Abläufe und Gefässe einzurichten. Die sozialpädagogischen Fachkräfte nehmen nebst der direkten Arbeit mit den UMA also auch zentrale Koordinations- und Vernetzungsaufgaben wahr, die für eine fachlich angemessene Begleitung entscheidend sind.

Handlungsbedarf insbesondere an den Schnittstellen

Gleichzeitig machen die Befunde aus der Evaluation aber auch deutlich, dass nach wie vor grosser Handlungsbedarf besteht. Dazu gehören wichtige konzeptionelle Grundlagen ebenso wie personelle Ressourcen und räumliche Anpassungen. Insbesondere aber fehlt es derzeit noch an einer Klärung wichtiger Schnittstellen, damit in einem primär von Verwaltungslogik strukturierten Kontext kindes- und altersgerechte Lebensbedingungen geschaffen werden können sowie individuelle Bedarfs- und Gefährdungslagen systematisch erkannt werden und eine adäquate Reaktion darauf möglich ist. Schliesslich fällt auf, dass die Anbindung an Angebote der Kinder- und Jugendhilfe mangelhaft ausgestaltet ist und kein unabhängiges Kontrollorgan existiert, das Kindes- und Altersgerechtigkeit langfristig überprüfen könnte. Das Evaluationsteam formulierte eine Reihe von Empfehlungen, die wesentlich sind, um eine kindes- und altersgerechte Unterbringung und Betreuung in den Zentren des Bundes sicherstellen zu können.