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«Empathie und Liebe können etwas gegen Hate Speech bewirken»

Beim Event von ZHAW digital drehte sich alles um Hate Speech, Fake News und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft. Drei Expertinnen haben darüber gesprochen, was gegen Hass im Internet unternommen wird und welche digitalen Technologien man sogar zur Unterstützung einsetzen kann.

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Die Notwendigkeit, die Bevölkerung vor Hassrede und Desinformation im Internet zu schützen, erfordert auch in der Schweiz eine breite Diskussion. Deswegen hat der Bundesrat letzte Woche das UVEK beauftragt, aufzuzeigen, ob und wie Kommunikationsplattformen reguliert werden könnten. Wie der Bundesrat mitteilt, befürchtet die Bevölkerung in der Schweiz in den sozialen Netzwerken und auf Videoportalen mehr Falschnachrichten vorgesetzt zu bekommen.

Unter dieser aktuellen Entwicklung lud ZHAW digital zur Veranstaltung «Hass via Messenger: Hate Speech, politische Polarisierung und Demokratie» ein. Die Expertinnen Sophie Achermann, Judith Möller und Céline Külling diskutierten dabei auch viele Fragen der Teilnehmenden.

Empathie und Algorithmen gegen Hate Speech

Sophie Achermann ist Geschäftsführerin von alliance F, dem grössten und ältesten Dachverband der Schweizer Frauenorganisationen. Sie hat die Co-Projektleitung des Projekts «Stop Hate Speech», das sich mit der Kombination von technischen und zivilgesellschaftlichen Ansätzen gegen Hassrede im Internet richtet. Im Rahmen des Projekts wird ein Algorithmus entwickelt, der Hate Speech automatisch klassifizieren soll. Dass das nicht so einfach ist, zeigt auch ein Projekt der ZHAW School of Engineering.

Achermann berichtete auch von Strategien, wie man Hate Speech im Internet gezielt mit Gegenrede begegnen kann. Dazu haben sie im Team auf Hasskommentare auf Twitter geantwortet und dabei jeweils verschiedene Kommunikationsformen angewandt, wie Humor oder Sarkasmus. Eine Strategie war dabei besonders erfolgreich: Bei Empathie, also wenn sie besonders einfühlsam und verständnisvoll auf die Tweets reagiert haben, wurden tendenziell mehr Ursprungstweets anschliessend gelöscht. «Es ist schön zu wissen und auch naheliegend, dass Empathie und Liebe etwas gegen Hass tun können. Unsere Sprache hat eine Auswirkung auf andere Menschen», sagte Achermann.

Algorithmen und das YouTube-«Rabbithole»

Die zweite Expertin des Abends, Judith Möller, ist Associate Professor für politische Kommunikation am Fachbereich Kommunikationswissenschaft der Universität Amsterdam und Adjunct Associate Professor am Fachbereich Soziologie und Politikwissenschaft der Universität Trondheim. Sie befasst sich mit den Auswirkungen politischer Kommunikation, insbesondere auf den sozialen Medien, und sprach während der Veranstaltung darüber, wie Algorithmen, beispielsweise von Facebook und YouTube, dazu beitragen können, dass Gemeinschaften entstehen, die Hass und Falschmeldungen fördern.

Auf Social Media sei der Zugang und die Quelle von Informationen viel diverser als im Journalismus, doch nicht alle führen zum demokratischen Dialog, so Möller. Auch seien Online-Medien hinsichtlich ihrer Performance optimiert, sollen also für mehr Klicks, eine längere Verweildauer und mehr Interaktionen führen. Dabei seien auch die jeweils erzeugten Emotionen wichtig. «Wut ist eine sehr mobilisierende Emotion. Inhalte, die wütend machen, werden häufiger angeklickt. Dahinter steckt auch ein finanzielles Interesse. Deswegen ist Wut eine wichtige Emotion für diese Plattformen», sagte Möller.

Auf der Videoplattform YouTube kann das auch eine Informationsspirale auslösen. Beginnt man einmal, auf derartige Videos zu reagieren, springt ein Algorithmus ein, der einen auf weitere, ähnliche Inhalte aufmerksam macht. «Es ist bekannt, dass dieser Algorithmus schnell und stark radikalisiert. Wenn man den Empfehlungen folgt, gelangt man schnell zu Videos, die viel extremer sind», erklärte Möller.

Hate Speech vs. Cybermobbing?

Worin liegt der Unterschied zwischen Hate Speech und Cybermobbing? Céline Külling vom ZHAW Departement Angewandte Psychologie ist Co-Autorin des JAMESfocus-Berichts 2021 zum Thema Hate Speech unter Jugendlichen. «Beim Cybermobbing kennt man die Täterschaft in der Regel persönlich, bei Hate Speech im Internet ist es anonymer. Cybermobbing ist oft an Mobbing im Alltag geknüpft und richtet sich gegen eine bestimmte Person. Hate Speech richtet sich eher an ganze Gruppen», erklärte Külling.

Verantwortung seitens der Tech-Konzerne

Einig waren sich die Expertinnen darin, dass alle in der Gesellschaft daran beteiligt sein müssen, Hate Speech und Fake News entgegen zu wirken. «Keiner darf auf der faulen Haut liegen. Aber die Rolle der Technologie braucht mehr Transparenz», sagte Möller. Ähnlich sieht das Achermann: «Tech-Konzerne sollen soweit transparent sein, dass mit den Daten geforscht werden kann.» Aber auch die Zivilgesellschaft und der Bund seien hier gefragt. Dass jede und jeder Einzelne selbst aktiv werden könne, zeigt das Projekt von Achermann. Mit mehr Empathie kann online schon eine Menge erreicht werden.