Integrativer Lebensraum trotz Lärm
Kostengünstige Wohnungen an lärmbelasteten Lagen
Auf einen Blick
- Projektleiter/in : Deborah Fehlmann
- Stellv. Projektleiter/in : Barbara Chiasserini-Miotti
- Projektteam : Elias Brandenberg, Philipp Esch, Martial Jossi, Anke Kaschlik, Philippe Koch, Stefan Kurath, Andreas Sonderegger, Astrid Staufer, Peter Streckeisen
- Projektstatus : laufend
- Drittmittelgeber : Interne Förderung (ZHAW Forschungsschwerpunkt «Gesellschaftliche Integration»)
- Projektpartner : Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt EMPA, Kanton Zürich / Fachstelle Lärmschutz
- Kontaktperson : Deborah Fehlmann
Beschreibung
Lärmschutzvorschriften engen die Architektur und die Gestaltung des sozialen Raums in städtischen Gebieten zunehmend ein. Das Forschungsprojekt misst die Gesetzgebung an den baulichen und gesellschaftlichen Realitäten und schlägt Strategien für ein sozialverträgliches, zukunftsfähiges Bauen am Lärm vor.
Ausgangslage
Über 20% der Schweizer Bevölkerung leben in lärmbelasteten Gebieten. Derweil ist wissenschaftlich belegt, dass Lärm die physische und psychische Gesundheit beeinträchtigen kann. Die externen Gesundheitskosten infolge von Strassenverkehrslärm betrugen 2019 rund 2.1 Milliarden Franken. Die Notwendigkeit von Lärmschutz ist demnach unbestritten.
Der Wohnungsbau an lärmbelasteten Lagen stellt für Architektinnen und Architekten aber eine grosse Herausforderung dar. Sind die Immissionsgrenzwerte überschritten, schränkt die Gesetzgebung den planerischen Spielraum massiv ein: Wohnräume, Schlafzimmer und Balkone rücken auf die lärmabgewandte Gebäudeseite, während sich Treppenhäuser, Badezimmer, Küchen und Abstellräume an der Strasse konzentrieren. Die Folgen dieser rigiden Handhabung sind in unseren Städten bereits sichtbar: Neuere Wohnbauten zeigen dem öffentlichen Raum ihre Rückseite, belebte Strassen mitten in der Stadt verwandeln sich in unwirtliche Verkehrsachsen. Lärmschutz hat auch seinen Preis: Einkommensschwache Haushalte können sich die Mieten in sanierten oder neuen Bauten oft nicht leisten. Sie werden aus der Innenstadt verdrängt oder bleiben dem Lärm in unsanierten Gebäuden ausgesetzt. Damit wirkt sich Lärm auch auf die Teilhabe verschiedener sozialer Gruppen am urbanen Lebensraum aus.
Diese Entwicklung wird sich im Zuge der raumplanerisch notwendigen und von der Bevölkerung geforderten Verdichtung nach innen verstärken. Ob und wann der Verkehrslärm etwa durch den Einbau von Flüsterbelägen, Elektromobilität oder Temporeduktionen abnehmen wird, ist ungewiss. Eine kritische Auseinandersetzung mit der aktuellen baulichen und regulatorischen Praxis ist daher dringend notwendig.
Methodik
Das Forschungsprojekt vereint die Disziplinen Architektur und
Städtebau mit der Sozialraumforschung. Vier Forschungsstränge
werden in einem iterativen Prozess miteinander verknüpft:
1. Untersuchung der geltenden Lärmschutzgesetzgebung und ihres
Vollzugs
2. Erstellung eines Inventars aktueller Fallbeispiele für
Wohnbauten an lärmbelasteten Lagen
3. Qualitative Befragungen zur Wohn- und Lebensqualität im
Untersuchungsperimeter entlang der lärmbelasteten Zürcher
Badenerstrasse. Feststellen von Bewältigungsstrategien der
Betroffenen im Umgang mit Lärm.
4. Entwurfsstudien in demselben Untersuchungsperimeter unter
Mitwirkung von Architekturstudierenden. Erarbeitung neuer
architektonischer Strategien. Überprüfung anhand von Workshops
(soziologische Aspekte) und Simulationen (bauphysikalische
Aspekte).
Zielsetzung
Als Lärmschutz wird heute vornehmlich die technische
Herausforderung verstanden, Innenräume vor Aussenlärm abzuschirmen.
Das Forschungsprojekt hat demgegenüber eine ganzheitliche
Betrachtung der Lärmschutzproblematik zum Ziel. Es will erstens
Architekt*innen, Bauherrschaften, Politik und Behörden auf die
architektonischen und sozialen Konsequenzen der heutigen Handhabung
aufmerksam machen. Zweitens skizziert es Ansätze für ein
zukunftsfähiges und sozialverträgliches Regulativ auf.
Weiterführende Informationen
Publikationen
-
Kaschlik, Anke; Jossi, Martial,
2019.
In:
Book of Abstracts : INUAS Conference 2019: Housing under PressureDynamics Between Centers and Peripheries.
Wohnen unter Druck. Dynamiken zwischen Zentren und Peripherien, INUAS-Konferenzreihe - Urbane Transformationen: Wohnen | Ressourcen | Öffentliche Räume, 4.-6.11 2019, FH Campus Wien.
FH Campus Wien.
S.64.
Verfügbar unter: https://www.inuas.org/wp-content/uploads/2019/11/BoA-INUAS-Conference-2019.pdf