Zürcher Adoptionsstudie
Langzeitzuntersuchung von Einflussfaktoren auf Kind und Familie (3. Welle)
Auf einen Blick
- Co-Projektleiter/in : Prof. Dr. Thomas Gabriel, Dr. Samuel Keller
- Projektteam : Julia Quehenberger
- Projektvolumen : CHF 159'300
- Projektstatus : laufend
- Drittmittelgeber : Öffentliche Hand (ohne Bund) (Kanton Zürich / Amt für Jugend und Berufsberatung)
- Kontaktperson : Samuel Keller
Beschreibung
Ziele der Längsschnittstudie "Zürcher Adoptionstudie" sind eine
Gesamtübersicht über die Adoptionsverläufe im Kanton Zürich, ein
zielführender Einblick in deren subjektiven Bedeutungen auf den
Ebenen des familialen Alltags sowie eine Qualifizierung der
Vermittlung, Beratung und Begleitung von Adoptionen auf der
Prozessebene. Dazu überprüft das Forschungsprojekt im Kanton Zürich
den Stand der Risiko- und Schutzfaktoren hinsichtlich der drei
Einflussgrössen Kind, Familie und Fachpersonen. Dieses
nicht-defizitäre, interaktive sowie prozessuale Verständnis füllt
nicht zuletzt auch bestehende Lücken in der Adoptionsforschung, in
der defizitäre und subsumtionslogische Modelle nach wie vor
dominant sind (vgl. ISS, 2010; Juffer & 2007; Kasten 2006 u.a.).
Dies trifft umso mehr auf die geplante, dritte Erhebungswelle zu,
weil es kaum Projekte mit einem vergleichbaren Längsschnittdesign
gibt.
Das zentrale Erkenntnisinteresse der dritten Erhebungswelle der vom
Amt für Jugend und Berufsberatung des Kantons Zürich3 in Auftrag
gegebenen Zürcher Adoptionsstudie wird es sein, eine abgesicherte
Sicht im Längsschnitt auf das Wohlergehen der Kinder und ihrer
Familien sowie auf die Relevanz und Auswirkungen des
Adoptionsverfahrens im Kanton Zürich zu liefern.
Angesichts der fachlich hochrelevanten Fragen, die sich aus den
reichhaltigen Ergebnissen aus den ersten zwei Erhebungswellen an
die weiteren Verläufe ergeben, sowie angesichts bestehender
Wissensbeständen und vor allem auch -lücken zum Längsschnitt von
Adoptionsverläufen (DJI 2017a; b u.a.), ist die Realisierung einer
dritten Erhebungswelle zwingend anzugehen.
Basierend auf den ersten Erhebungswellen 2009/2010 (t1) und
2014/2015&2016 (t2) ergeben sich für die dritte Phase dieses
Forschungsprojekts fünf übergeordnete Zielkriterien, die die
Entwicklung und die Durchführung des geplanten Forschungsprozesses
entscheidend mitbestimmen sollen:
1) Wichtigste längerfristige Wirkungseinflüsse auf das Wohlergehen
des Kindes und ihrer sozialen Bezugssysteme sind über die einmalige
Zeitspanne von 10 Jahren hinweg erfasst
2) Zentrale Ressourcen und Herausforderungen in Bezug auf
Entwicklungstatsachen des Jugendalters (Pubertät, Adoleszenz) sowie
des frühen Erwachsenenalters (Übergang ins Erwachsenenalter)
adoptierter Kinder sind erfasst
3) Krisen und Bedarfslage für Unterstützung i.S: der Sicherung des
Kindeswohls und des Befindens aller Familienmitglieder – auch
hinsichtlich biografischer Herausforderungen
4) Zur Verbesserung der Qualität des Verfahrens sowie möglicher
Angebote nach Verfahrensabschluss (post-adoption-services oder für
Archiv-Begleitung von ehemals Betroffenen) wird beigetragen, indem
konkrete Empfehlungen erarbeitet sind
5) Fachliches und wissenschaftliches Wissens über den Prozess der
Adoption ist vertieft
Im Fokus der übergreifenden Forschungsfragen, die es zu beantworten
gilt, stehen – im Sinne des Well- Being-Konzepts (vgl. Keller,
2010) – das Kindeswohl, das Wohlergehen und die Entwicklungs- und
Einflussmöglichkeiten der adoptierten Kinder, die Erfahrungen der
Adoptiveltern sowie die Einflüsse des Verfahrens auf das
Zusammenleben der amtlich bewilligten Familien.
Das Forschungsprojekt orientiert sich deshalb auch in den dritten
Erhebungswellen an der Beantwortung der folgenden drei
übergeordneten Fragen:
- Welche Schutzfaktoren tragen zu gelingenden Adoptionen bei und
welche Risikofaktoren führen zu ihrem Scheitern?
- Wie interagieren die Schutz- und Risikofaktoren im Prozess der
Adoption?
- Wo liegt ein Verbesserungspotenzial im Rahmen der Abklärung
(Prognose), Bewilligung sowie längerfristiger Angebote?
Analog zu den ersten beiden Erhebungswellen wird auch in der
dritten Welle, die jeweils fünf bis sechs Jahre nach der zweiten
einsetzen wird, die Datenerhebung in zwei sich ergänzende Module
aufgeteilt. In der dritten Durchführung des ersten, quantitativen
Moduls (2019/2020) werden alle Familien nochmals brieflich per
Fragebögen zum Wohlergehen des Kindes und der Familie befragt, die
mit denselben Befragungsinstrumenten (CBCL© für Eltern, YSR© für
Kinder ab 11 und Zeichnungsanfrage für Kinder ab 7) bereits 2009
UND 2014 teilgenommen hatten (t1: 119 Familien mit 130 Kindern/ t2:
88 Familien mit 108 Kindern)
In der dritten Durchführung des zweiten, qualitativen Moduls
(2020/2021) werden nochmals dieselben 22 Familien bzw.
Adoptiveltern für ein qualitatives Interview besucht, die sich
bereits 2009 UND 2014/2015 für ein Interview zur Erarbeitung und
Vertiefung von aktuellen Entwicklungen, Themen und
Herausforderungen zur Verfügung gestellt hatten.
Für die 3. Erhebungswelle die folgenden Zusatzfragen in den Fokus
genommen:
1) Welche für das Kindeswohl relevanten Übergänge, Prozesse und
Themen treten im weiteren Verlauf der Adoption (10-15 Jahre nach
Adoption) auf, wenn die Kinder ins frühe Jugendalter und
Erwachsenenalter (Pubertät und Adoleszenz) kommen?
a. Was sehen und erfahren nicht nur die Eltern, sondern die Kinder
und jungen Erwachsenen selbst?
2) Welche Themen aus den zwei bisherigen Erhebungswellen in Bezug
auf Interkation von Risiko- und Schutzfaktoren bleiben konstant,
welche verschwinden, welche treten neu auf?
a. Auf einer fallübergreifenden Ebene?
b. Auf einer fallspezifischen Ebene?
3) Welche Bereiche sind/waren insbesondere aus der Sicht der
adoptierten Kinder zentral für ihre Entwicklung und ihr Wohl?
a. Welche Bedarfslagen zeichnen adoptierte Kinder und Jugendliche
aus (CBCL/YSR)?
b. Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede gibt es in den
Perspektiven der Adoptiveltern in den quantitativen und
qualitativen Daten?
c. Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede gibt es in den
Perspektiven der adoptierten Kinder und Jugendlichen in den
quantitativen und qualitativen Daten?
d. Welche Angebote zur Unterstützung gewisser adoptionsspezifischer
oder -unspezifischer Phasen gibt es und was macht deren Wirksamkeit
aus? Welche Angebote oder welche Zugänge zu bestehenden Angeboten
fehlen?
Publikationen
-
2021.
Taking visual data seriously, taking young children's perspective seriously?.
In:
16th International Conference of the European Scientific Association on Residential & Family Care for Children and Adolescents (EuSARF), Zurich (online), 1-3 September 2021.
-
Gabriel, Thomas; Keller, Samuel,
2021.
In:
7th International Conference on Adoption Research (ICAR), Milan, Italy, 6-9 July 2021.