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Fallbelastung in der Sozialhilfe und deren Auswirkung auf die Ablösequote

Wissenschaftliche Begleitung eines Pilotprojekts in der Langzeithilfe der Sozialen Dienste der Stadt Winterthur

Auf einen Blick

Beschreibung

Im Rahmen eines Quasiexperiments arbeiteten drei nach dem Zufallsprinzip ausgewählte Sozialarbeitende 18 Monate lang mit einer reduzierten Fallbelastung: bei einem Vollzeitarbeitsverhältnis waren dies 75 anstatt rund 140 Fälle. Das Experiment sollte den Einfluss der Fallbelastung der Sozialarbeitenden auf die Ablöse- und Minderleistungsquote in der Sozialhilfe der Stadt Winterthur untersuchen. Mit anderen Worten: Gelingt der Schritt weg von der Sozialhilfe besser, wenn die Sozialarbeitenden weniger Fälle bearbeiten?

Ausgangslage
Die Fallbelastung pro Sozialarbeiterin oder Sozialarbeiter in der Langzeitsozialhilfe der Stadt Winterthur war in den letzten Jahren von rund 90 auf über 140 Fälle gestiegen. Diese Zunahme war nicht allein auf einen verstärkten Zulauf zur Sozialhilfe zurückzuführen, sondern vor allem auf niedrigere Ablösungszahlen. Es stellte sich also die Frage, ob die höhere Fallbelastung und die damit verbundenen geringeren Beratungsressourcen und allenfalls auch tiefere Beratungsqualität die Ablösequote von Sozialhilfeempfängerinnen und -empfängern ungünstig beeinflusste.

Ziel
Primäres Ziel der Studie war es, den Einfluss der Fallbelastung auf die Ablöse- und Minderleistungsquote zu untersuchen. Daneben sollten Erkenntnisse über den Einfluss der geringeren Fallbelastung auf die Fallarbeit und die Berufszufriedenheit gewonnen werden. Es wurde davon ausgegangen, dass eine Reduktion der Fallbelastung die Beratungsfrequenz erhöht sowie gezieltere und längerfristigere Interventionen durchgeführt werden können. Die Ablöse- und Minderleistungsquote der Experimentalgruppe sollte mit denjenigen der Kontrollgruppe – also allen restlichen Sozialarbeitenden der Langzeithilfe – verglichen werden.

Methodik
Die wissenschaftliche Begleitung des Quasiexperiments basierte auf folgenden methodischen Zugängen: Anhand von statistischen Auswertungen wurden die Ablöse- und Minderleistungsquote der Experimental- und der Kontrollgruppe miteinander verglichen. Mit Hilfe einer Aktenanalyse wurde bei neu aufgenommenen Fällen die Art und Häufigkeit von Interventionen und Kontaktaufnahmen untersucht. Weiter wurden monatliche Gruppeninterviews und vierteljährliche Einzelinterviews mit der Experimentalgruppe zu ihren Wahrnehmungen und Einschätzungen der Fallarbeit durchgeführt. Daneben wurde in jährlichen Online-Erhebungen die Berufszufriedenheit der Sozialarbeitenden der Experimental- und der Kontrollgruppe erhoben.

Ergebnisse
Bei einer Falllast von 75 Fällen pro Vollzeitstelle in der Experimentalgruppe gegenüber rund 140 Fällen in der Kontrollgruppe konnten folgende Ergebnisse festgestellt werden:

  • Kosten pro Fall sinken: Die Kosten pro Fall und Jahr fallen in der Experimentalgruppe gegenüber der Kontrollgruppe um 1452 Franken geringer aus.
  • Unterstützungsdauer sinkt: Der Median der Unterstützungsdauer reduziert sich bei der Experimentalgruppe auf 21 Monate (Kontrollgruppe: 27 Monate).

Die wichtigsten Einsparungen lagen beim erhöhten Erwerbseinkommen der Klientinnen und Klienten sowie bei vermehrt geltend gemachten Unterhaltsbeiträgen. In deutlich geringerem Ausmass stiegen auch die Aufwände, so für Arbeitsintegrationsmassnahmen. Das Monitoring ergab, dass die Sozialarbeitenden die zusätzlich zur Verfügung stehende Zeit direkt in die Klientenarbeit investierten: in die kooperative Zielsetzungs- und Lösungssuche, die Zusammenarbeit mit anderen involvierten Fachstellen, aber auch für Hausbesuche und für rasche Interventionen. Sie konnten sich auch mit Erfolg langjährigen Fällen neu annehmen und laufende Integrationsprozesse überprüfen.

Weiterführende Informationen

Publikationen