Psychosomatische Komorbiditäten: Prävention und Früherkennung psychosomatischer Störungen in der Kinder- und Hausärztlichen Praxis
Förderprogramm Interprofessionalität
Auf einen Blick
- Projektleiter/in : Prof. Dr. Frank Wieber
- Co-Projektleiter/in : Prof. Dr. Agnes von Wyl
- Stellv. Projektleiter/in : Prof. Dr. Julia Dratva
- Projektteam : Dr. Aureliano Crameri, Prof. Dr. Thomas Rosemann
- Projektvolumen : CHF 169'182
- Projektstatus : abgeschlossen
- Drittmittelgeber : Bund (Bundesamt für Gesundheit BAG)
- Projektpartner : Universität Zürich / Institut für Hausarztmedizin
- Kontaktperson : Frank Wieber
Beschreibung
Hintergrund:
Knapp 17 Prozent der Schweizer Bevölkerung leiden an psychischen
Störungen oder Erkrankungen, unterschiedlicher Ausprägung (Schuler
& Burla, 2012). In ca. einem Drittel der Fälle liegen
Komorbiditäten vor (Schuler & Burla, 2012; Tuch, 2018). Psychische
und nicht-übertragbare Erkrankung weisen national und global
steigende Inzidenz und Prävalenzzahlen auf (Institute for Health
Metrics and Evaluation, 2016) und stellen für die Betroffenen und
die Gesellschaft eine relevantes Public Health Problem dar.
Viele psychische Störungen (Angststörungen, Depressionen, Störungen
des Sozialverhalten) treten schon früh im Leben auf. Im Kinderalter
geht man global von 10–20% (Kieling et al., 2011) Betroffenen aus,
wobei eine grosse Diskrepanz zwischen der Anzahl Kinder und
Jugendliche in Behandlung und der tatsächlichen Anzahl an
Betroffenen angenommen wird (Green et al., 2013). Unbehandelte
psychische Störungen haben für alle Kinder und Jugendliche
langfristige Folgen (z.B. Schulmisserfolge, Schulte-Körne, 2016)
und führen zu einem Fortbestehen einer häufig bereits bestehenden
sozioökonomischen Benachteiligung auch im Erwachsenenalter.
Damit Menschen mit psychischem und somatischem Krankheitsbild
optimal versorgt werden können, muss einerseits das Bewusstsein für
psychische Beeinträchtigungen bei vordergründig vor allem
körperlichem Leiden geschärft werden, andererseits braucht es eine
gut funktionierende Zusammenarbeit zwischen den psychischen und den
somatischen Versorgungsbereichen bzw. den darin tätigen
Fachpersonen. Haus- und KinderärztInnen sind die Ärztegruppe, die
von der Bevölkerung am häufigsten aufgesucht werden. Nicht zuletzt
die NCD-Strategie hat diesem Umstand entsprechend das hohe
Präventionspotential in der Primärversorgung festgehalten (BAG,
2016). Für viele Personen sind Haus- und KinderärztInnen
langjährige Vertrauenspersonen, eine Basis, die für die Erfassung
von psychischen Störungen und Risiken nicht unerheblich ist. Für
diese wie auch weitere Gesundheitsfachpersonen bedarf es
«Setting»-gerechter Instrumente, die es ermöglichen, die
psychischen oder somatischen Risiken und Krankheitsbilder zu
diagnostizieren. Dieser Bedarf nach einem validen
Screening-Instrument für die Versorgungspraxis ist bislang nicht
abgedeckt.
Ziel:
Das vorliegende Mandat zielt darauf ab, das Vorhandensein
geeigneter Instrumente «für die Erkennung von psychischen
Krankheitsbildern im somatischen Versorgungsbereich» für Erwachsene
wie auch Kinder in deutscher, französischer und italienischer
Sprache zu recherchieren und ihre Praktikabilität,
Nutzungshäufigkeit und Akzeptanz zu evaluieren. Basierend auf den
Befunden sollen unter Einbezug von Haus- und KinderärztInnen
Screening-Instrumente empfohlen werden, die eine gute Eignung für
einen Einsatz in der ärztlichen Arbeit aufweisen und eine hohe
Akzeptanz erfahren. Die Instrumente sollen relativ schnell, und
einfach anzuwenden sein und eine zuverlässige
Entscheidungsgrundlage bieten, ob die Patientin / der Patient nebst
dem somatischen Krankheitsbild ein psychisches Krankheitsbild bzw.
Störung aufweist und ob eine weitere Abklärung und evtl. eine
somatisch-psychisch kombinierte Versorgung angezeigt sind. Im Fall,
dass keine geeigneten Screening-Instrumente existieren, fokussiert
das Projekt auf die Bereitstellung eines geeigneten
Screening-Instruments. Zu diesem Zweck würde eine
Validierungsstudie durchgeführt. Weitere Ziele bestehen darin das
Bewusstsein für die hohe Prävalenz psychisch-somatischer
Komorbiditäten zu erhöhen, zur Entstigmatisierung psychischer
Krankheiten beizutragen und die Koordination zwischen psychischen
und somatischen Versorgungsfeldern zu verbessern.
Handlungsempfehlungen in Bezug auf die nächsten Schritte auf dem
Weg zu einer schweizweiten Implementierung von
Screening-Instrumenten, die sowohl den Anforderungen an die
Gütekriterien, insbesondere in Bezug auf deren Sensitivität und
Spezifität bei der Identifizierung psychischer Gesundheitsprobleme,
als auch den Bedürfnissen der Anwendenden in der Praxis
entsprechen.
Weiterführende Informationen
Publikationen
-
Zysset, Annina ; Winogradow, Dana; Passalacqua, Silvia ; Crameri, Aureliano ; von Wyl, Agnes ; Wieber, Frank ,
2020.
In:
WCPH2020 : 16th World Congress on Public Health : Public Health for the future of humanity, online, 12-16 October 2020.
Oxford University Press.
S. 104.
Verfügbar unter : https://doi.org/10.1093/eurpub/ckaa165.277
-
Wieber, Frank ; Passalacqua, Silvia ; Crameri, Aureliano ; Zysset, Annina ; von Wyl, Agnes ,
2020.
In:
WCPH2020 : 16th World Congress on Public Health : Public Health for the future of humanity, online, 12-16 October 2020.
Oxford University Press.
S. 457.
Verfügbar unter : https://doi.org/10.1093/eurpub/ckaa165.1246
-
Crameri, Aureliano ; Wieber, Frank ; Zysset, Annina ,
2020.
Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen stärken .
In:
Vernetzungstreffen zum Thema «Psychische Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen 2019-2020» der Fachstelle «Prävention und Gesundheitsförderung» der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich, 29. September 2020.
-
Wieber, Frank ; von Wyl, Agnes ,
2020.
Psychische Gesundheit fördern! : Projekte für Schulkinder und junge Erwachsene .
In:
Swiss Public Health Conference 2020, Luzern (Virtual Conference), 2.-3. September 2020.
-
Zysset, Annina ; Winogradow, Dana; Passalacqua, Silvia ; Crameri, Aureliano ; von Wyl, Agnes ; Wieber, Frank ,
2020.
Wie bewerten Eltern Tipps zur Förderung der psychischen Gesundheit von Kindern? [ Poster ].
In:
Swiss Public Health Conference 2020, Luzern (Virtual Conference), 2.-3. September 2020.