Faire Staatswirtschaft: Analyse der Wettbewerbsbedingungen und Regelungsinstrumente de lege lata und de lege ferenda
Auf einen Blick
- Projektleiter/in : Prof. Dr. René Wiederkehr
- Projektteam : Phil Baumann, Natascha Boucher
- Projektvolumen : CHF 350'000
- Projektstatus : abgeschlossen
- Drittmittelgeber : SNF (SNF-Projektförderung / Projekt Nr. 159641)
- Kontaktperson : René Wiederkehr
Beschreibung
Die Frage, welche Voraussetzungen das öffentliche Recht
vorzusehen hat, um eine faire wirtschaftliche Betätigung des
Staates zu gewährleisten, ist durch den Entscheid des
Bundesgerichts betreffend Glarnersach (BGE 138 I 378 ff.) in den
Fokus von Wissenschaft, Politik und breiter Öffentlichkeit gerückt.
In der Lehre und Rechtsprechung besteht heute weitgehend – von
gewissen Einzelfragen abgesehen – Einigkeit, dass die staatliche
Wirtschaftstätigkeit in Konkurrenz zu Privaten grundsätzlich
zulässig ist, sofern sie sich auf eine gesetzliche Grundlage
stützen kann; die wirtschaftliche Betätigung des Staates muss
sodann im öffentlichen Interesse liegen sowie verhältnismässig und
wettbewerbsneutral ausgestaltet sein. Aus verfassungsrechtlicher
Sicht wird dabei insbesondere dem Grundsatz der
Wettbewerbsneutralität besondere Bedeutung eingeräumt. Die
verfassungsrechtlichen Voraussetzungen lassen einen erheblichen
Interpretationsspielraum offen. Wenn der Staat in Konkurrenz zu
Privaten am Wettbewerb teilnimmt, ist er gegenüber privaten
Unternehmen häufig sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher
Hinsicht privilegiert (z.B. Steuerbefreiung, Darlehen zu
Vorzugsbedingungen, Staatsgarantie, kostengünstig verfügbare eigene
Infrastruktur, Quersubventionierung etc.), ohne dass diese
Vorzugsstellung zwingenderweise verfassungswidrig ist. Verschiedene
Autoren sind sich darin einig, dass private Wirtschaftsteilnehmer
weder durch die Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 i.V.m. Art. 94 BV)
noch durch das Wettbewerbsrecht wirksam gegen derartige
Wettbewerbsvorteile geschützt sind. Mit Blick auf die zumindest
potenziell wettbewerbsverzerrenden Wirkungen staatlicher
Wirtschaftstätigkeit fragt sich, ob die genannten
verfassungsrechtlichen Schranken genügen, um faire
Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten. Diese Frage lässt sich
nicht ohne eine Analyse der Rahmenbedingungen beantworten. In den
bisherigen Publikationen ist eher selten untersucht worden, wie
sich die staatliche Wirtschaftstätigkeit auf die
Wettbewerbsverhältnisse auswirkt und inwiefern die Vorteile
geeignet sind, den Wettbewerb zu verfälschen. Das vorliegende
Forschungsvorhaben will deshalb in einem ersten Teil die
Rahmenbedingungen untersuchen. Mit Hilfe dieser Analyse sind in
einem zweiten Teil die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen –
unter Berücksichtigung des Völker- und Europarechts – kritisch zu
hinterfragen und es sind gegebenenfalls neue Regelungsinstrumente
de lege ferenda vorzuschlagen.