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Life Sciences und
Facility Management

Wege zur Klimaanpassung in Städten

An der Fachtagung «Urbane Ökosysteme» der ZHAW diskutierten Fachleute, wie Städte sich auch in Zeiten steter Verdichtung an den Klimawandel anpassen können. Beispiele aus der Schweiz sowie aus Deutschland und Österreich zeigten, dass es meist eine Kombination an Massnahmen braucht und dass Bäume eine zentrale Rolle spielen.

Am 28. November 2025 hatte das Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen zur Fachtagung «Urbane Ökosysteme» eingeladen. Thema war «Wege zur Klimaanpassung in Städten und zur Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft». Stephan Brenneisen, Leiter Forschungsgruppe Stadtökologie an der ZHAW und Organisator der Tagung, konnte über 200 Teilnehmende in Wädenswil begrüssen. Urs Hilber, Direktor des ZHAW-Departement Life Sciences und Facility Management sowie ZHAW-Beauftragter für Nachhaltige Entwicklung, wies in seinem Grusswort darauf hin, dass es Aufgabe der Hochschule ist, Lösungen zu suchen und zu finden, aber auch den Austausch zu ermöglichen, wie an dieser Tagung. Reto Burkard, Vizedirektor des Bundesamts für Umwelt BAFU und Leiter Direktionsbereich Klima, nannte in seinem Grusswort einige Beispiele, die zeigen, dass der Klimawandel in der Schweiz angekommen ist, und führte damit direkt ins Thema ein.

Bäume und viel Grün zur Kühlung

Im ersten Referat schilderte mit Roland Hohmann, Sektionschef Klimaberichterstattung und -anpassung beim BAFU, was klimaangepasste Siedlungsentwicklung den Bund kümmert. Dabei ging er zuerst auf die aktualisierten Klimaszenarien ein, die bei einem globalen 3-Grad-Weg ein Plus von 4,9 Grad für die Schweiz bedeuten. Extreme Hitze und Starkniederschläge sind vor allem für Städte grosse Herausforderungen. Entsprechend sind Anpassungsstrategie gefragt, um zum Beispiel die gesundheitlichen Risiken von Hitze zu mindern. Dabei erwähnte Roland Hohmann auch das Förderprogramm Adapt+, mit dem der Bund die Umsetzung von Anpassungsmassnahmen unterstützt. In der ersten Vergaberunde haben 40 Multiplikationsprojekte Fördergelder erhalten; die nächste Runde läuft.

Christine Bräm, Direktorin Grün Stadt Zürich, ging in ihrem Referat im Speziellen auf Fachplanungen zur Hitzeminderung in der Stadt Zürich ein. Sie betonte, dass die Umsetzung Fahrt aufgenommen hat. Dabei ginge es immer um eine Kombination von Massnahmen. Für die Stadt Zürich sind Bäume wichtig für die Hitzeminderung. Entsprechend soll der Baumgestand erhalten und geschützt werden. Noch verliere man wegen baulicher Entwicklungen zu viele Bäume. Mit der Fachplanung Stadtbäume hat die Stadt eine Umsetzungsagenda, um die Anzahl Bäume und damit die beschattete Fläche zu vergrössern. Dies soll unter anderem mit reduzierten Pflanzabständen erreicht werden. Informationen wie dem Merkblatt «Bauen mit Baumerhalt» unterstützen Bauherren.

Stephan Pauleit, Leiter Zentrum Stadtnatur und Klimaanpassung, Technische Universität München, präsentierte Erkenntnisse aus der Forschung zu den Potenzialen der grünen Infrastruktur für die Klimaanpassung in Städten. Dabei wies er darauf hin, dass das Verhältnis Grün zu Grau entscheidend für Erwärmung ist, denn grüne Infrastrukturen könnten Erwärmung kompensieren. Jedoch ist der Kühleffekt räumlich begrenzt, was für ein Netzwerk von grüner Infrastruktur spricht und gegen einzelne grosse Flächen. Betreffend Bäume bemerkte Stephan Pauleit, dass diese gut sind, aber geschichtete Vegetation noch stärker kühlt.

Praxisbeispiele aus der Schweiz

Mit «Natürlich Schaffhausen» präsentierten Florian Brack, Bereichsleiter Grün Schaffhausen, und Reto Hagenbuch, Leiter der ZHAW-Forschungsgruppe Grünraumentwicklung, ein Beispiel, wie in Sachen Klimaanpassung und Biodiversitätsförderung vorangegangen werden kann. Dabei wiesen sie auf das Wissensportal für naturnahe Freiräume focus-n hin, auf dem Praxiswissen wie von ihrem Projekt verfügbar gemacht wird. Doch Wissen allein genügt nicht, es muss auch genutzt werden. Dafür müssen die Menschen, die das Wissen umsetzen sollen, begeistert werden. 

Marc Pfister, Städtebau & Architektur, Bau- und Verkehrsdepartement Kanton Basel-Stadt, und Stephan Brenneisen berichteten über «CommonAir». Dieses Interregprojekt mit verschiedenen Beteiligten Institutionen aus der Alpenregion nutzt den Citizen-Science-Ansatz, um Hitzeprobleme in Städten sichtbar zu machen und zu sensibilisieren. Zum Beispiel geht es um die Frage, wo man sich aufhält, wenn es heiss ist, im öffentlichen oder im privaten Raum. Dies ist wichtig, damit Behörden effektive und zielgerichtete Massnahmen treffen können. 

Lebenswert für die Kinder

Mit Maria Vassilakou ging es in die österreichische Hauptstadt. Die ehemalige Wiener Vizebürgermeisterin und Stadträtin für Stadtentwicklung, Verkehr, Klimaschutz, Energieplanung und Bürger:innenbeteiligung berichtete über Planung und Gestaltung einer grünen Transformation hin zu einer Stadt für alle. Wien ist beim Ranking der lebenswertesten Städte weltweit seit Jahren weit vorne. Doch was ist lebenswert? Aus Sicht von Maria Vassilakou ist es das, was gut für unsere Kinder ist, denn das möchten wir auch für uns. Die Grünräume sind da, um sich zu Fuss oder mit dem Velo zu bewegen. Dabei soll die Stadt als Netzwerk von Nachbarschaften gestaltetet werden. Sie wies auch darauf hin, dass auch viele kleine Massnahmen etwas bewirken, wenn sie einem grösseren Konzept folgen. 

Nicolas A. Klöhn, seit über 30 Jahren Sachverständiger für Bäume in Berlin und Umgebung, lieferte eine kritische Auseinandersetzung über die Nachteile «moderner» Baumarten für die Stadt. Viele dieser Bäume, die oft aus Südosteuropa stammen, kämen dann doch nicht mit dem Klima vor Ort zurecht. Zudem bringen diese Bäume auch neue Risiken, zum Beispiel mit neuen Krankheitserregern. Nicolas A. Klöhn plädierte dafür, die genetischen Potenziale heimischer und auch standortangepasster erfolgreicher Gehölze zu nutzen und für Jungbäume zu vermehren. Die Bäume sollten wieder dort herangezogen werden, wo sie dann auch gepflanzt werden. 

Hermann Knoflacher, seit einem halben Jahrhundert engagierter und bekannter Verkehrs- und Stadtplaner aus Österreich, sprach darüber, dass der Weg zur Klimaanpassung gegen den Weg zur Klimazerstörung führt, nämlich zurück zu einer lebensfreundlichen Mobilität. Dabei zeigte er dem Publikum an vielen Beispielen, wie das Auto unsere Sicht auf die Welt prägt. Zwar wurde versprochen, dass durch Geschwindigkeit Zeitersparung geschieht. Doch tatsächlich legen wir nicht mehr Wege zurück, sondern einfach längere. Es braucht eine Änderung der Wertehaltung, damit die Mobilität lebensfreundlich wird. 

Massnahmen zur Hitzeminderung breit denken

Heidi Mittelbach, Projektleiterin Planen & Bauen, Umwelt- und Gesundheitsschutz der Stadt Zürich, berichtete über das Programm zur Klimaanpassung der Stadt Zürich. Dabei plädierte sie dafür, Massnahmen für zunehmende Hitzeminderung breit zu denken, denn Klimaanpassung hat vielseitige Herausforderungen. Das Programm hat Handlungsbedarf in 19 Feldern gefunden, aufgeteilt in vier Themen. Darunter ist die Gesundheit, denn Hitze ist ein grosses Gesundheitsrisiko. Zudem wies Heidi Mittelbach darauf hin, dass die Stadt Zürich mit Kaltluftströmen über ein natürliches System für Hitzeminderung verfügt. Diese Ströme müssen bei der Verdichtung der Stadt erhalten bleiben.

Im Referat von Axel Heinrich, Leiter der ZHAW-Forschungsgruppe Pflanzenverwendung, ging es um resiliente Vegetationssysteme der Zukunft. Er präsentierte Beispiele aus der Stadt Zürich und zeigte, wie unterschiedlich die Gegebenheiten jeweils sind. Nicht überall ist das Schwammstadtkonzept möglich. Er lenkte auch den Blick unter die Erde, denn Wurzelsysteme sind unterirdisch verbunden. Durch geeignete Massnahmen lassen sich Wurzeln in die Tiefe lenken, wo das Grundwasser ist. Axel Heinrich plädierte auch für Geduld. Bis wir sagen können, ob etwas gut ist, braucht es Zeit, bei Bäumen Jahrzehnte. 

Zum Abschluss der Tagung ging es mit Dorit van Meel, Leiterin der ZHAW-Forschungsgruppe Grün und Gesundheit, noch auf den Spielplatz, und zwar auf ganz spezielle Naturspielplätze in Solothurn. Alex Oberholzer und seine Frau Lore Lässer hatten diese seit den 1980er-Jahren in Umgebungen von Schulhäusern aufgebaut. Die Spielplätze bieten den Kindern verschiedene Elemente zum Graben, Verstecken und zum Spielen mit Wasser. Mit dem Projekt «Gärten für Kinder 2.0» wird das Konzept überarbeitet und zukunftsfähig gemacht. Dabei wird ein partizipativer Ansatz mit vielen Beteiligten, vor allem auch den Kindern, gewählt. 

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Fachkontakt

  • Dr. Stephan Brenneisen, Leiter Forschungsgruppe Stadtökologie, Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen, Departement Life Sciences und Facility Management, 
    stephan.brenneisen@zhaw.ch 

Medienkontakt

  • Beatrice Huber, Media Relations ZHAW-Departement Life Sciences und Facility Management, beatrice.huber@zhaw.ch