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Ein Programm für mehr Chancengleichheit auf dem Weg zur Matura

An der Kantonsschule Reussbühl Luzern werden sozioökonomisch benachteiligte Schüler:innen mit einem eigens entwickelten Programm gefördert. Das steigert deren schulischen Erfolg, wie eine Evaluation der ZHAW zeigt.

Das Programm «Chance KSR» steigerte die Wahrscheinlich, dass Jugendliche es bis zur Matura schaffen, signifikant. (Bild: KSR)

Geld und Herkunft sind wichtige Faktoren für Kinder und Jugendliche, um in der Schule zu reüssieren. Ein finanziell abgesichertes Elternhaus wirkt sich erleichternd aus auf ihren Bildungsweg, ein Migrationshintergrund hingegen erschwerend. Diese Erkenntnisse aus weltweit durchgeführten Studien beobachtete man auch an der Kantonsschule Reussbühl (KSR) in Luzern, zu deren Einzugsgebiet unter anderem die Agglomerationsgemeinde Emmen mit einem Ausländer:innenanteil von 50 Prozent gehört. Um diese Benachteiligung zu kompensieren, lancierte die Schulleitung 2019 das Förderprogramm «Chance KSR». Die ZHAW Soziale Arbeit hat das Programm vier Jahre lang wissenschaftlich begleitet und evaluiert.

«Chance KSR» besteht aus mehreren Elementen. Kernstück ist ein Coaching durch Lehrpersonen der KSR, dazu kommen unter anderem Angebote zur Förderung der Deutschkompetenz, betreutes Lernen und Nachhilfe durch angehende Maturand:innen. Am Programm teilgenommen haben 71 Schüler:innen, davon eine knappe Mehrheit weiblich.

Respektables Ergebnis

Wie die Analyse durch die ZHAW zeigt, wurde das primäre Wirkungsziel erreicht: Den teilnehmenden Schüler:innen gelingt der Verbleib an der Kantonsschule signifikant häufiger als denjenigen der Kontrollgruppe. Bei Abschluss des vierten Jahres nach Eintritt ins Programm lag die Wahrscheinlichkeit, an der KSR zu bleiben, um 16 Prozentpunkte höher als in der Kontrollgruppe. Umgerechnet bedeutet dies, dass sechs junge Menschen das Programm durchlaufen müssen, damit eine Person unter ihnen zusätzlich den Verbleib am Gymnasium schafft. «Verglichen mit Effektstärken in der internationalen Forschungsliteratur ist das ein respektables Ergebnis», sagt Studienleiter David Lätsch vom Institut für Kindheit, Jugend und Familie. «Klar ist aber auch: Das Programm hat noch Steigerungspotenzial.»

Keine klaren Hinweise ergaben sich in der quantitativen Untersuchung hinsichtlich der Frage, ob das Förderprogramm die Schüler:innen in der Leistungsmotivation, dem Selbstvertrauen oder dem Gefühl der Zugehörigkeit an der Schule positiv beeinflusst. Subjekt positiv bewertet werden die Wirkungen durch die Lehrpersonen der KSR und auch durch die Eltern der Jugendlichen, die daran teilnahmen.

Stigmatisierung verhindern

Ein häufiges Thema über die Jahre hinweg war die Sorge, dass «Chance KSR» zu einer Stigmatisierung der Teilnehmenden führen könnte. «Diesen Aspekt haben in unseren Interviews sowohl Jugendliche wie auch einige Coaches und Lehrpersonen geäussert», sagt David Lätsch. «Die Verantwortlichen von ‹Chance KSR› möchten den Jugendlichen vermitteln, dass man an ihr Potenzial glaubt. Manche hören heraus, dass man ihnen aufgrund ihrer sozialen Herkunft nicht zutraut, es allein zu schaffen.»

Zum Erfolgsrezept von «Chance KSR» gehöre vermutlich, so Lätsch, dass die Schule diesen Punkt ernst genommen und vieles getan habe, um ihn zu entkräften. So habe man die Aufnahmekriterien über die sozioökonomischen Faktoren hinaus erweitert und die interne wie externe Kommunikation zum Programm laufend verbessert.

Zum Auftrag der ZHAW-Forschenden gehörte auch, Vorschläge zur Verbesserung des Programms zu entwickeln. Die zehn Empfehlungen regen unter anderem dazu an, die einzelnen Programmelemente klarer an einem wissenschaftlich abgestützten Wirkungsmodell auszurichten, die Eignungsabklärung zu professionalisieren sowie die Coaches gezielter zu schulen und weiterzubilden.

Kontakt

/ Prof. Dr. David Lätsch, Institut für Kindheit, Jugend und Familie, ZHAW Soziale Arbeit, Tel. 058 934 85 21,
E-Mail david.laetsch@zhaw.ch

/ Regula Freuler, Kommunikation und Marketing, ZHAW Soziale Arbeit, Tel. +41 58 934 88 26,
E-Mail regula.freuler@zhaw.ch