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Agilität – Ideen die Chance geben, zu einem Produkt zu werden

Das Beraternetzwerk agil.works und das Institut für Sozialmanagement der ZHAW lancieren den Agil-Check. Das Tool unterstützt Organisationen dabei, ihren individuell nötigen Agilitätsgrad festzustellen.

von Felix Helg und Frank Wittmann
Welchen konkreten Nutzen der Agil-Check Organisationen bringt und warum der Begriff Agilität derzeit in aller Munde ist, erklären Felix Helg und Frank Wittmann im Interview. Felix Helg ist Inhaber der Beratungsfirma HELG CONSULTING und Mitglied des Beraternetzwerks agil.works, Frank Wittmann ist Leiter des Instituts für Sozialmanagement der ZHAW.

Was ist Agilität?

Felix Helg: Agile Unternehmen delegieren Verantwortung dorthin, wo die Arbeit gemacht wird. Sie lassen die Mitarbeitenden über diejenigen Dinge entscheiden, über die sie am besten Bescheid wissen. Prozesse werden schlanker und die Bedürfnisse der Kunden werden besser erfüllt. Die Führungspersonen sind demnach hauptsächlich für strategische Fragen zuständig.
Frank Wittmann
: Für mich ist Agilität die Anpassungsfähigkeit von Organisationen an ihre Umwelt. Es geht darum, das Innenleben einer Organisation und die Erfordernisse der Umwelt zusammen zu denken.

Warum ist Agilität plötzlich ein so grosses Thema?

Felix Helg: Es gibt zwei wichtige Treiber für diesen Trend. Ein Ursprung von agilen Methoden stammt aus der Informatik. Dort hat man entdeckt, dass Projekte einen grösseren Nutzen für den Kunden erzielen, wenn sie in kleine Abschnitte, sogenannte Sprints, unterteilt werden. Dies ermöglicht ein schnelleres Reagieren auf veränderte Kundenwünsche oder einfache Anpassungen an neue Rahmenbedingungen. Ein zweiter Grund ist, dass agile Vorgehen es ermöglichen, den Mitarbeitenden Verantwortung zu übertragen. Das ist ein sinnstiftendes Element, das heute von vielen Mitarbeitenden aktiv eingefordert wird. Sie wollen mitentscheiden, mitgestalten und ihre Ideen einbringen. Agile Unternehmen haben also bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

Was hat eine Organisation davon, den Agil-Check zu machen?

Frank Wittmann: In unseren Diskussionen sind wir immer wieder auf den Hype um die Agilität zu sprechen gekommen. Viele Menschen fordern mehr Agilität in Unternehmen. Wir möchten uns dafür aussprechen, dass es sich lohnt, genauer hinzuschauen. Wieviel Agilität braucht ein Team eigentlich?
Felix Helg
: Wichtiger als das «nackte» Resultat des «Agil-Checks» ist für mich die Auseinandersetzung mit dem Resultat. Der «Agil-Check» fördert die Reflexion unter den Mitarbeitenden, wie ihr Unternehmen in Bezug auf seine Umwelt aufgestellt ist und wie es seine Prozesse gestaltet, wie es Führung definiert. Er regt an, über interne Rollen und über die Aufteilung von Verantwortung zu sprechen.
Frank Wittmann
: Verantwortung wird in Organisationen dann übernommen, wenn sie mit den entsprechenden Entscheidungskompetenzen einhergeht. In einer agilen Organisation hat eine Idee die Chance, zu einem Produkt zu werden.

Welches ist die grösste Herausforderung für eine agile Organisation?

Felix Helg: Es braucht eine hohe Sozial- und Selbstmanagementkompetenz. Kollegiale Führung funktioniert nur, wenn die Menschen kritikfähig und konfliktfest sind. Agilität heisst nicht nur Führung anders zu organisieren, sondern auch die Zusammenarbeit anders zu gestalten.

Wie schätzen Sie den Agilitätsbedarf in Wirtschaft, Verwaltung und im Non-Profit-Sektor ein?

Felix Helg: Je nach Situation und Umfeld ist der Agilitätsbedarf unterschiedlich gross. In der Verwaltung beispielsweise gibt es Rahmenbedingungen und Regulatorien, die ein konsequent agiles Vorgehen gar nicht erlauben. Trotzdem habe ich es erlebt, dass agile Methoden auch in diesem Kontext eine sehr positive Wirkung entfaltet haben. Vielleicht lässt sich sagen, dass es kleineren Einheiten tendenziell einfacher fällt, sich agil zu organisieren. In vielen Grossunternehmen beginnt der agile Wandel deshalb in einzelnen Bereichen oder Abteilungen, z.B. im HR: Dort werden erste Erfahrungen gesammelt, die dann auf die ganze Organisation übertragen werden können.
Frank Wittmann
: Ich möchte gerne eine Gemeinsamkeit zwischen den genannten Branchen hervorheben. Wenn man von Agilität spricht, ist man rasch auch bei der Unternehmenskultur. Viele Organisationen möchten agiler, innovativer und kundenorientierter werden und merken, dass dies auch eine kulturelle Weiterentwicklung bedingt. Das betrifft sowohl For-Profit- als auch Non-Profit-Organisationen.

Wie ist es zur Zusammenarbeit zwischen agil.works und der ZHAW gekommen?

Frank Wittmann: Wie so häufig standen persönliche Kontakte am Anfang des Projekts. Vertrauen und Lust auf eine multiperspektivische Zusammenarbeit waren eine gute Basis, die während der Ups and Downs des Entwicklungsprozesses gehalten hat. Die Zusammenarbeit war lohnend, aber für alle Beteiligte natürlich auch anspruchsvoll. Die Handlungslogiken von Beratern und von Hochschuldozierenden sind natürlich unterschiedlich.
Felix Helg
: Mich faszinierte die Idee, den wissenschaftlichen Background einer Fachhochschule mit der Praxisorientierung unseres Netzwerks zusammenzubringen und die Synergien, die sich daraus ergeben, auszuloten. Ich bin sehr gespannt, wie sich diese Zusammenarbeit weiterentwickeln wird – die bisherigen Erfahrungen stimmen mich optimistisch.

Wie agil sind Sie selbst?

Frank Wittmann: Eine Hochschule ist ein vielseitiges Gebilde: Zum einen hat die ZHAW als kantonale Grossorganisation einige bürokratische und politisierte Bereiche. Mir ist es wichtig, mit diesem Rahmen möglichst gut umzugehen. Zum anderen bietet die ZHAW auf Eben der Bildungs-, Forschungs-, und Dienstleistungsangebote grosse Gestaltungsfreiräume. Hier können wir uns eng an den Bedürfnissen unserer Anspruchsgruppen orientieren und tolle Produkte entwickeln.
Felix Helg
: Ich habe Freude an schlanken Prozessen und an der Verantwortungsübernahme auf allen Ebenen einer Organisation – diese beiden Themen begleiten mich seit den Anfängen meiner Berufslaufbahn. Ich bin jemand, der kein ausgeprägtes Kontrollbedürfnis hat und Menschen ein Vorschussvertrauen entgegenbringt. Damit habe ich fast immer gute Erfahrungen gemacht.