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Warum ist Weiterbildung so teuer?

Wer eine Weiterbildung besucht, bezahlt einen Preis: Er oder sie investiert neben Geld auch Zeit und Energie. Lohnt sich das?

von Frank Wittmann
Wie jeder professionelle Weiterbildungsanbieter evaluieren wir an der ZHAW regelmässig die Qualität unserer Angebote und die Kundenzufriedenheit. Während die Qualität unserer CAS im Durchschnitt zwischen gut und sehr gut bewertet wird, gibt es in einem Punkt einen Ausreisser nach unten: Bei der Frage nach dem Preis-Leistungs-Verhältnis. Diese Einschätzung hat zunächst Erstaunen ausgelöst, denn unsere Preispolitik ist moderat, bedenkt man den überdurchschnittlich hohen Anteil an Kontaktstudium, den wesentlichen Faktor für die Kosten eines Weiterbildungsangebots. Ein Beispiel: Der CAS Konfliktmanagement und Mediation kostet 8'300 CHF bei 24 Unterrichtstagen, während thematisch verwandte Angebote von anderen Schweizer Fachhochschulen zwischen 5 und 7 Tage weniger Präsenzunterricht umfassen und die Kursgebühren zwischen 500 und 2'000 CHF höher liegen.

Chancen und Risiken am Arbeitsmarkt

Nichtsdestotrotz haben wir uns auf die Suche nach einer Antwort gemacht. Im Gespräch mit CAS-Teilnehmenden stellte sich heraus, dass die Frage nach dem Preis-Leistungs-Verhältnis häufig übersetzt wird mit «Sind die Kursgebühren hoch?» Für eine Fach- oder angehende Führungskraft aus dem Sozial, Bildungs- und Gesundheitsbereich sind 8'000 CHF tatsächlich eine erhebliche Investition – ganz zu schweigen von den zeitlichen und energetischen Ressourcen, die zu erbringen sind. In den letzten fünf Jahren haben viele Arbeitgebende ihre finanzielle Unterstützung für die externe Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden sukzessive reduziert. Die Kompetenzentwicklung wird zunehmend Sache der Arbeitnehmenden. Sie müssen selbst um ihre zukünftige Employability besorgt sein. Dadurch stehen Arbeitnehmende heute immer häufiger vor der Entscheidung, ob sie einen Teil ihres Einkommens in Weiterbildungen reinvestieren, damit ihre Chancen intakt bleiben, auch das weitere Berufsleben selbstbestimmt zu gestalten. Denn der Arbeitsmarkt von heute bietet nicht nur grosse Chancen, sondern hält auch so manche Tücke bereit: Die vielen Menschen, die das Gefühl haben, dass sie an einer Stelle «feststecken», zeugen genauso davon wie beispielsweise ältere Arbeitnehmende, die lange vor dem offiziellen Pensionsalter entlassen werden und keine neue Stelle mehr finden.

Der Sinn von Arbeit

Während die Arbeitgebenden das Weiterbildungsbudget in den letzten Jahren sukzessive reduzierten, hat sich der Wert von formalisierten Bildungsabschlüssen parallel dazu erhöht. ECTS-Punkte und CAS-Urkunden gelten als Belege für Kompetenzerwerb und für Engagement ausserhalb der regulären Arbeitszeit. Ergänzt durch weitere Massnahmen der Kompetenzentwicklung wie beispielsweise Coachings, Freiwilligenengagements und Schulungen am Arbeitsplatz sind Weiterbildungen ein wichtiges Element des lebenslangen Lernens.
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen wird deutlich, dass sowohl die Frage nach dem Preis-Leistungs-Verhältnis eines CAS als auch diejenige nach der reinen Höhe der Kursgebühr zu kurz greift. Es lohnt sich, grundsätzlicher anzusetzen und periodisch zu klären, welche Bedeutung die Arbeit im eigenen Lebensentwurf hat. In wissensintensiven Berufsfeldern wie Soziale Arbeit, Bildung, Gesundheit und Management sind die meisten Berufstätigen nicht allein aus existenzsichernden Gründen tätig. Sie engagieren sich, um etwas Sinnvolles zu tun, um sich als selbstwirksam zu erleben, um Anerkennung zu erhalten und um sich mit anderen Menschen verbunden zu fühlen. Weiterbildungen werden für die meisten Menschen in der Zukunft ein integrales Element bleiben, um das Netzwerk zu vergrössern, neue Einsichten zu erlangen und Zugang zu neuen Funktionen oder Stellen zu erhalten. Sie sind ein Instrument, um die eigene Arbeitsmarktfähigkeit zu pflegen und auch um beruflich und persönlich zu wachsen. So gesehen ist die finanzielle Investition in Verhältnis zu setzen zur Bedeutung für das aktuelle und zukünftige Leben und für den wahrscheinlichen Nutzen. Auch wenn der Vergleich hinkt: eine Kursgebühr von 8'000 CHF relativiert sich, wenn sie als Investition in die eigene Zukunft und Lebensqualität angesehen wird, die beispielsweise alle vier Jahre zu entrichten ist. Monatlich macht das dann noch rund 170 CHF aus. Ein Abo für ein Fitness Center ist nur unwesentlich günstiger.

Eine sorgfältige Vorbereitung zahlt sich aus

Wir sehen immer wieder, dass eine Weiterbildung dann besonders hohen Nutzen stiftet, wenn ihr eine sorgfältige Vorbereitung vorausgeht: Wohin möchte ich mich beruflich entwickeln? Welcher Kurs unterstützt dieses Ziel am besten? Welcher Weiterbildungsanbieter passt am besten zu mir? Eine solche Vorbereitung bedingt intensives Nachdenken und viele Gespräche beispielsweise mit Vorgesetzten, Kolleginnen und Studienleitungen. Diese Vorinvestition lohnt sich, weil die Wahrscheinlichkeit einer hohen Passgenauigkeit zwischen der gewählten Weiterbildung und den eigenen Bedürfnissen steigt. Zudem ist häufig die Motivation grösser, das Beste aus der Weiterbildung herauszuholen, wenn man sich bereits früh intensiv damit befasst und reinhängt.

Emotionale Erlebnisse und prägende Erkenntnisse

Wenn wir unsere Teilnehmenden einige Jahre nach ihrer Weiterbildung nach ihrer Erfahrung fragen, dann berichten sie in der Regel nicht von der schmerzhaften Entscheidung, das Konto leerzuräumen, sondern von intensiven Lern- und anspruchsvollen Reflexionsprozessen. Häufig waren es genau diese emotional grossen Herausforderungen, die sich später persönlich, beruflich und sozial als besonders lohnenswert herausgestellt haben. Ein Schritt nach oben auf der Karriereleiter und ein damit einhergehendes höheres Gehalt hängen nicht nur mit dem Weiterbildungszertifikat zusammen, sondern auch damit, dass während der Weiterbildung entstandene Herausforderungen angenommen und als Chance zum persönlichen Wachstum genutzt wurden. Der Nutzen von Weiterbildung ist dabei nicht ausschliesslich von der Unterrichtsqualität abhängig, sondern auch davon, welche Bedeutung man dem Kurs zukommen lässt und was man selbst aus der Weiterbildung macht. Und die wichtigste Erkenntnis: Wer sich nicht weiterbildet, zahlt langfristig einen höheren Preis.