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Alpenstrom Davos

Mit der Photovoltaik-Versuchsanlage wird der Einfluss der alpinen Region auf den Stromertrag untersucht. Dank der Reflexion an der Schneeoberfläche, der niedrigen Lufttemperatur und im Vergleich zum Mittelland weniger Nebel lassen sich im Winter insbesondere mit bifazialen Photovoltaik-Modulen hohe Erträge erzielen.

Zu wenig Strom im Winter

Gemäss der Energiestrategie 2050 soll Photovoltaik eine wichtige Rolle in der Energieversorgung einnehmen. Bereits heute produziert die Schweiz im Sommer mehr Strom als verbraucht wird, während im Winter Strom importiert werden muss. Diese Diskrepanz zwischen Verbrauch und Produktion wird sich in den kommenden Jahren tendenziell verstärken. Einerseits durch geringere Stromproduktion im Winter (Ausstieg aus der Kernenergie), andererseits aufgrund des höheren Strombedarfs im Winter (Umstieg von fossiler Wärmebereitstellung zu Wärmepumpen-Systemen). Die zukünftig nötige Dekarbonisierung des Energiesystems verschärft diese Problematik und wird von der Forschungsgruppe Erneuerbare Energien in einem weiteren Projekt untersucht (Siehe Dekarbonisierungsrechner).  Der winterliche Versorgungsengpass wird heute primär durch saisonale Speicher und Stromimporte reduziert. Saisonale Speicher sind zum Beispiel Speicherwasserkraftwerke. In Zukunft können dies auch «Power to X» Technologien sein, bei denen mit überschüssigem Strom flüssige oder gasförmige Energieträger erzeugt werden.

Eine Möglichkeit, erneuerbaren Winterstrom zu erzeugen und damit den saisonalen Speicherbedarf zu reduzieren, ist der Betrieb von Photovoltaik-Anlagen im Gebirge. Damit können nicht nur im Winter sondern über das ganze Jahr hohe Erträge erzielt werden. Der hohe alpine Winterstromertrag ist im Wesentlichen auf wenige Nebeltage, eine hohe Solarstrahlung, Reflexion von Strahlung an der schneebedeckten Umgebung sowie tiefe Umgebungstemperaturen zurückzuführen. Wie gross die einzelnen Effekte auf den Winterstromertrag sind und welche Stromerträge im Winter erzielt werden können, wird in diesem Projekt untersucht. Mit einer Modell Photovoltaik Anlage am gleichen Standort untersucht die Forschungsgruppe Erneuerbare Energien zudem den Einfluss verschiedener Einstellungsparameter wie der Hangneigung, der Modulneigung oder dem Reihenabstand, um Ertragsabschätzungen und Optimierungen für alpine Solarinstallationen durchführen zu können.

Video Beitrag: Renato Barnetta.

Link auf den ganzen NANO-Beitrag von 3SAT, in welchem die Aufnahmen der Versuchsanlage am 19. Februar ausgestrahlt wurden.

Versuchsanlage zur Produktion von Winterstrom

In mehreren Forschungsprojekten befasst sich die Forschungsgruppe Erneuerbare Energien der ZHAW Wädenswil mit der Erzeugung von Solarstrom im Winter (Projekt am Walensee). Seit Ende 2017 wird auf 2'500 m.ü.M. beim Totalpsee im Parsenn-Gebiet oberhalb von Davos eine alpine Photovoltaik-Versuchsanlage betrieben. Diese Anlage besteht aus sechs gegen Süden ausgerichteten Segmenten, deren Neigungswinkel individuell angepasst werden kann. Insgesamt sind 20 Photovoltaikmodule (mono- und bifaziale) mit einer Leistung von insgesamt 5.6 kWp installiert. Neben den elektrischen Grössen werden eine Vielzahl von Meteodaten (Wind, Niederschlag, Einstrahlung, Temperatur) aufgezeichnet. Anhand von kontinuierlich aufgenommenen Webcam-Bildern können Witterungsverhältnisse wie die Schneebedeckung von Modulen oder der Umgebung nachvollzogen werden. Die Daten werden in einer hohen zeitlichen Auflösung generiert und laufend plausibilisiert. Die Messtechnik ist in einem Schiffscontainer untergebracht und der erzeugte Strom wird ins Netz der Elektrizitätswerke Davos eingespeist. Bei den Messungen sollen unter anderem folgende Fragestellungen beantwortet werden:

  • Wie stark begünstigt die Reflexion von Einstrahlung an der Schneeoberfläche (Albedo-Effekt) die Stromproduktion der Solarmodule, insbesondere bei den bifazialen Modulen, welche die Einstrahlung auch auf der Rückseite nutzbar machen? 
  • Wie kann der Ertrag einer Photovoltaik-Anlage in den Alpen zuverlässig abgeschätzt werden (Vergleich von Simulationen mit effektiven Erträgen)?
  • Wie lange bleibt der Schnee auf Modulen mit verschiedenen Anstellwinkeln haften und wie kann man ihn zum Abrutschen bringen?
  • Sind im Gebirge bestimmte Neigungswinkel besser geeignet als im Flachland?
  • Wie lassen sich die Erträge von bifazialen Modulen steigern und mittels Simulationen verlässlich vorhersagen?
  • Wie wirken sich die extremen klimatischen Bedingungen auf die Lebensdauer der Komponenten aus?

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Ertragssimulationen

Ertragssimulationen haben gezeigt, dass grundsätzlich ein höheres Ertragspotenzial im alpinen Raum besteht. Dies gilt insbesondere für Anlagen mit einem hohen Neigungswinkel (60°-90°), wofür am Anlagenstandort höhere Erträge prognostiziert werden als bei optimal ausgerichteten Anlagen in Wädenswil.

Als besonders günstig wird ausserdem der monatliche Verlauf der alpinen Erträge vorhergesagt. Die jährlichen Ertragsschwankungen sind geringer, die Energieproduktion im Winter höher.

Messresultate

Die bisherigen Messresultate zeigen, dass die Ertragsprognosen übertroffen werden können. In den Jahren 2018 bis 2022 lieferten alle Anlagensegmente höhere Erträge als die Simulationen erwarten liessen. Durch den Einsatz von bifazialen Modulen in Kombination mit steilen Neigungswinkeln wurden mittlere Jahreserträge zwischen 1'703 und 1'851 kWh/kWp erreicht. Verglichen mit einer durchschnittlichen Photovoltaik-Anlage in der Schweiz (knapp 1'000 kWh/kWp) entspricht das einem Mehrertrag von 70 bis 85 Prozent.

Alle alpinen Anlagensegmente zeigten bisher einen sehr hohen Ertrag im Winterhalbjahr. Mit bis zu 885 kWh/kWp entstand verglichen mit einer Anlage in Wädenswil ein um den Faktor 2.3 bis 3.6 höherer Winterstromertrag. In den Wintermonaten Oktober bis März entstand durch die bifazialen Module im Gebirge ein ähnlicher Ertrag wie in Wädenswil über das gesamte Jahr.

Der Mehrertrag durch bifaziale Module gegenüber monofazialen Modulen gemessen über ein gesamtes Jahr betrug jeweils zwischen 25 und 28 % und ist stark von der Jahreszeit, sowie dem Neigungswinkel der Module abhängig.

Vergleich Totalp und Mittelland

Ertragsmessungen an der alpinen Photovoltaik-Anlage Davos Totalp zeigen gegenüber einer 20-30° geneigten Anlage im Mittelland wesentlich höhere Erträge in den Wintermonaten. So erzeugten beispielsweise die 90° geneigten bifazialen Module in Davos in den ertragsschwächsten Wintermonaten des Mittellands (November, Dezember und Januar) eine ähnliche Energiemenge wie die Wädenswiler Anlage im ertragsstarken Hochsommer. Die Erträge der alpinen Photovoltaik-Anlage in Davos sind insbesondere dann wesentlich höher als im Mittelland, wenn die Schweiz üblicherweise Strom aus dem Ausland importiert.

Spezifische Leistung der Solarsegmente im Tagesverlauf (Live-Daten)

Die folgende Grafik zeigt das normierte Produktionsprofil anhand aktueller Messdaten für die verschiedenen Segmente mit dem jeweiligen Neigungswinkel und der eingesetzten Modultechnologie. Das Produktionsprofil kann für alle Segmente durch das Anwählen des Segments in der Legende angezeigt werden. Aktuell nicht angezeigte Segmente sind durchgestrichen. Die Werte sind spezifisch, also normiert auf Kilowatt-Peak. So können der Ertrag und die gemessene Leistung unabhängig von der installierten Leistung verglichen werden.

Summierter spezifischer Ertrag der Anlagensegmente

Anhand aktueller Messdaten wird in der folgenden Grafik der gesamte Energieertrag während 30 Tagen gezeigt. Abhängig von der Jahreszeit variieren die Erträge zwischen den Segmenten teilweise deutlich. Besonders auffallend ist ausserdem der Mehrertrag durch den Einsatz von bifazialen Modulen. Dieser Mehrertrag entspricht der Differenz aus dem bifazialen und dem monofazialen Anlagensegment derselben Neigung.

Aktuelles Webcambild

Im Fünfminuten-Intervall werden mittels Webcams Bilder aus verschiedenen Winkeln aufgenommen. Mithilfe dieser Bilder können beispielsweise die Schneebedeckung von Modulen oder der Umgebung erkannt und ausgewertet werden. Ein aktuelles Bild wird folgend gezeigt.

Partner des Alpenstrom-Projekts

Das Projekt "Alpenstrom" und die Forschungsanlage werden vom Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF), von den Elektrizitätswerken des Kantons Zürich (EKZ), der Zenna AG und der ETH Lausanne unterstützt.