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Schweizer Futtermittelimporte – Entwicklung, Hintergründe, Folgen

Im Auftrag von Greenpeace haben Priska Baur und Patricia Krayer von der Forschungsgruppe Geography of Food untersucht, wie importabhängig die Schweizer Tierproduktion ist. Das Ergebnis: Ohne Importe könnte nur noch die halbe Fleischmenge produziert werden. Die hohen und nicht standortangepassten Tierbestände sind hauptverantwortlich für die Treibhausgas-Emissionen und Stickstoff-Überschüsse der Schweizer Landwirtschaft.

Von Priska Baur, Co-Autorin des Forschungsprojekts im Auftrag von Greenpeace

Die Schweizer Landwirtschaft ist auf die Tierproduktion spezialisiert: Auf rund 90% der Landwirtschaftsflächen wächst Futter für Tiere. Hinzu kommen mindestens 200'000 ha Futterflächen im Ausland. Von den Futtermittelimporten und der dadurch erhöhten Tierproduktion profitieren vor allem die vor- und nachgelagerten Industrien. Die Industrialisierung der Produktion in effizienten internationalen Lieferketten ist am stärksten fortgeschritten bei der Eier- und Pouletproduktion. Von der Verdopplung der Schweizer Geflügelmast in den letzten 20 Jahren haben wenige vor- und nachgelagerte Unternehmen, eine Handvoll globaler Zuchtunternehmen und nur ein kleiner Teil der Schweizer Landwirtschaftsbetriebe profitiert. Die Ausdehnung der Geflügelmast ist eine fragwürdige Entwicklung in der Schweiz. Durch die Umwelt- und Klimadebatte wird sie noch gefördert, denn Poulet gilt als ressourceneffizient und «klimafreundlich».

In der intensiven Tierproduktion werden die vielen Kalorien in pflanzlichen Nahrungsmitteln in wenige tierische Nahrungsmittel-Kalorien umgewandelt. Die meisten importierten Futtermittel stammen von Kulturen, die wir Menschen direkt essen können, z.B. Weizen und Soja, das global wichtigste Eiweissfuttermittel. Ursprünglich wurden Sojabohnen in Asien für die menschliche Ernährung kultiviert. Heute gehen rund 75% der globalen Produktionsmenge in die Tierfütterung, davon mehr als die Hälfte in die Pouletmast. Während global Geflügel am meisten Sojaeiweissfutter frisst, steht in der Schweiz Rindvieh mit 40% an erster Stelle. Dies ist die Folge der grossen Bedeutung der Milchwirtschaft und der Zucht von Leistungsrassen, die auf proteinreiches Kraftfutter angewiesen sind. Die Lieferketten für in die Schweiz importierte Soja sind intransparent.

Gemäss Modellrechnungen würden ohne die heutigen Futtermittelimporte vor allem die Tierbestände, die auf Kraftfutter angewiesen sind, deutlich zurückgehen: Schweine um rund 60% und Geflügel um rund 80%. Die Fleischproduktion wäre mit 21 kg pro Kopf und Jahr halb so gross wie heute. Die Tierproduktion ist auch hauptverantwortlich für die Treibhausgas-Emissionen und Stickstoff-Überschüsse der Schweizer Landwirtschaft. Ohne Futtermittelimporte würden sie deutlich reduziert.

Die von der Politik unterstützten Werbebilder und -botschaften der Tierproduktionsbranchen sind irreführend und beschönigen die Schweizer Tierhaltung sowie die Umweltfolgen und die Importabhängigkeit der «Schweizer» Tierproduktion. Die Werbung trägt so zur erhöhten Nachfrage nach Fleisch «aus der Schweiz» bei. Für die Zukunft wird vorgeschlagen, die Schweizer Tierproduktion an die lokalen Ökosystemgrenzen in der Schweiz anzupassen und den Konsum der Schweizer Bevölkerung an die globalen Ökosystemgrenzen. Dies würde bedeuten, den Fleischkonsum mindestens zu halbieren.

 

Download vollständige Studie (PDF 5,3 MB): https://digitalcollection.zhaw.ch/bitstream/11475/21943/3/2021_Baur_Schweizer%20Futtermittelimporte_ZHAW.pdf

Download Greenpeace-Broschüre (35,1 MB):
https://www.greenpeace.ch/static/planet4-switzerland-stateless/2021/03/d02e5346-gp_futtermittelreport_20210309_doppelseiten.pdf

 

 

 

Bildnachweis:

oben links: Hafen von Rotterdam, grösster Seehafen Europas, Foto: Sander van der Wel (2009) (https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/f8/Rotterdam_harbour_view_from_the_Euromast_%284040058415%29.jpg)

oben rechts: Mischfutterwerk Hofmatt der UFA AG, Herzogenbuchsee, Schweiz (https://www.fenaco.com/artikel/modernisierung-des-bio-mischfutterwerks-hofmatt)

unten links: Pouletmasthalle mit 11'500 Mastpoulets (Durchschnittsbestand Schweiz), Produktion für Micarna (https://www.srf.ch/news/regional/bern-freiburg-wallis/mit-pouletmast-laesst-sich-geld-verdienen)

unten rechts: Moderner Freilaufstall im Kanton Thurgau mit Melkroboter, automatischem Füttern (Totalmischration, Maschine im Hintergrund) und Entmisten; enthornte Holstein-Kühe (Milchleistungsrasse) (https://www.delaval.com/globalassets/switzerland/farm-aktuell/farm-aktuell_01-2020_d_low-pdf.pdf)