Partizipation von Kindern mit Cerebralparese, ihren Geschwistern und Familien in der Schweiz
Kinder und Jugendliche mit Cerebralparese erleben häufig Einschränkungen in ihrer Partizipation. Wie es ihnen in der Schweiz ergeht und welche Erfahrungen ihre Geschwister und Eltern machen, untersucht die Studie «Parti-CP».
Ausgangslage

In der Schweiz leben rund 3000 Kinder und Jugendliche mit einer Cerebralparese (CP) – der häufigsten Ursache für motorische Beeinträchtigungen im Kindesalter. Neben den Bewegungsstörungen treten häufig weitere gesundheitliche Herausforderungen auf, etwa Schwierigkeiten beim Sprechen, Epilepsie oder Schmerzen. Dadurch sind viele Aktivitäten des Alltags erschwert. So kann es beispielsweise schwierig sein, sich mit Freund:innen zu treffen oder gemeinsam mit der Familie einen Ausflug zu unternehmen. Die Möglichkeit, am täglichen Leben teilzuhaben, wird in der Forschung unter dem Begriff Partizipation beschrieben. Sie ist für alle Menschen zentral, denn Teilhabe ermöglicht soziale Kontakte, persönliche Entwicklung und Lebensqualität.
Bisher ist jedoch wenig darüber bekannt, wie Kinder mit CP in der Schweiz ihre Partizipation im Alltag tatsächlich erleben. Ebenso wenig wissen wir, welche Auswirkungen die Situation auf ihre Geschwister und die ganze Familie hat.
Zielsetzung
Das Projekt hat zum Ziel, die Partizipation von Kindern mit Cerebralparese, ihren Geschwistern und Familien in der Schweiz zu untersuchen und daraus evidenzbasierte Empfehlungen abzuleiten. Auf diese Weise soll langfristig die Lebenssituation der betroffenen Kinder, Jugendlichen und ihrer Familien verbessert werden.
Die spezifischen Forschungsziele sind:
- Beschreiben, wie Kinder mit CP, ihre Geschwister und ihre Familie als Ganzes die Teilhabe am Alltag erleben.
- Untersuchen, wie häufig und schwerwiegend Kinder mit CP, ihre Geschwister und Familien Einschränkungen in der Teilhabe erleben.
- Faktoren identifizieren, die die Teilhabe von Kindern mit CP, ihren Geschwistern und ihrer Familie positiv oder negativ beeinflussen.
- Zusammenhänge identifizieren, wie sich Beeinträchtigungen der Körperfunktionen und Aktivitätseinschränkungen auf die Teilhabe von Kindern mit CP, ihren Geschwistern und ihrer Familie auswirken.
- Empfehlungen zur Verbesserung der Teilhabe von Kindern mit CP, ihren Geschwistern und ihrer Familie entwickeln.
Am Ende wollen die Forscher:innen Empfehlungen für verschiedene Fachpersonen aus Medizin, Therapie, Schule sowie für Organisationen formulieren, damit Kinder und Jugendliche mit CP, ihre Geschwister und Familien unterstützt werden können.
Methode
Das Projekt wird im Rahmen des Schweizer Cerebralparese Registers (Swiss-CP-Reg) durchgeführt.
Die Mixed-Methods-Studie wird vier Arbeitspakete mit qualitativen und quantitativen Elementen umfassen. Ein besonderer Schwerpunkt bildet dabei der Einbezug von Familien als Projektpartner. Folgende Methoden werden angewendet:
- Halbstrukturierte Interviews mit Kindern mit CP, ihren Geschwistern und Eltern.
- Auswahl geeigneter quantitativer Erhebungsinstrumente zur Partizipation und zusätzliche sprachliche und/oder kulturelle Adaptionen, falls diese nicht verfügbar sind. Basierend auf den Interviews im WP1 werden wir zusätzliche Fragen formulieren, die in den bestehenden Erhebungsinstrumenten fehlen.
- Fragebögen an alle Familien von Kindern im Alter von 2-18 Jahren, die im Swiss-CP-Reg registriert sind. Die Antworten auf die Fragebögen werden mit medizinischen Daten zusammengeführt, um Prädiktoren für die Partizipation zu ermitteln.
- Delphi-Prozess mit Interessensvertreter:innen und Expert:innen, um Empfehlungen zur Verbesserung der Teilhabe von Kindern mit CP, ihren Geschwistern und ihren Familien zu entwickeln.
Ergebnisse
Folgende Arbeiten wurden bereits erfolgreich abgeschlossen:
- Es wurden Interviews mit 70 Personen aus 16 Familien geführt (16 Kinder mit CP, 25 Geschwister, 29 Elternteile). Die qualitativen Analysen zeigen, wie Kinder mit CP, ihre Geschwister und Familien Partizipation erleben. Die Ergebnisse sind noch unter Revision und werden demnächst publiziert.
- Assessments zur Erhebung der Partizipation wurden gesichtet, bewertet, hinsichtlich der Zielgruppe ausgewählt und für die Schweiz adaptiert. Verwendet werden: Das Participation and Environment Measure für junge Kinder (YC-PEM), Kinder und Jugendliche (PEM-CY) und Jugendliche und junge Erwachsene (Y-PEM), in adaptierten Sprachversionen Deutsch, Französisch und Italienisch, sowie der KIDSCREEN-10. Darüber hinaus wurden Zusatzfragen für die Kinder mit CP, ihre Geschwister und Familien entwickelt.
- Im Vorfeld wurde zum Thema Partizipation von Geschwistern von Kindern mit Behinderung ein Scoping Review durchgeführt und publiziert: Daily life situations and participation of siblings of children with childhood-onset disabilities: a scoping review.
- Basierend auf einer Sekundäranalyse der qualitativen Daten wurde ein Folgeprojekt entwickelt, das sich mit den Geschichten einer Schwester und deren Implementierung in den Schulunterricht befasst: Eine Schwester erzählt - Alltagserleben mit einem Jungen mit Cerebralparese in der Schweiz: Eine narrative Studie (SisStories).
In den nächsten Schritten werden die Fragebögen an alle Familien versandt und hinsichtlich der Forschungsfragen analysiert.
Publikationen und Berichte
- «Sie stecken zurück und werden früh selbständig», Artikel im Vitamin G, Frühjahr 2025
Projektorganisation
Projektleitung
- Dr. Sebastian Grunt, Inselspital - Universitätsspital Bern
- Prof. Dr. Christina Schulze, ZHAW
- Dr. Anne Tscherter, Universität Bern
- Prof. Dr. Hubertus van Hedel, Kinderspital Zürich
Projektdauer
2023-2026
Projektteam
- Isabella Christen, Universität Bern
- Dr. Judith Graser, Kinderspital Zürich
- Selina Gredig, Universität Bern
- Johanna Linimayr, ZHAW
Projektpartner:innen
- Inselspital Bern
- Universität Bern
- Kinderspital Zürich - Eleonorenstiftung / Kinderreha Schweiz
- Schweizerische Stiftung für das cerebral gelähmte Kind
- pädiatrie schweiz
- Swiss Academy of Childhood Disability
- Schweizerische Gesellschaft für Neuropädiatrie
- Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik
Finanzierung
SNF (SNF-Projektförderung / Projekt Nr. 212587)
Projektstatus
Laufend