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Gesundheit

Mission Ukraine

Eine Initiative zur Rehabilitation von Kriegstraumatisierten in der Ukraine wurde von Dozentinnen der Institute Ergotherapie und Physiotherapie unterstützt.

Die Sicherheitsvorkehrungen an der Grenze zwischen Polen und der Ukraine sind rigoros. Minutiös werden die Dokumente der Einreisenden überprüft. «Darum empfiehlt es sich in der Nacht zu fahren. Dann hat es weniger Leute auf der Strasse», sagt Florence Messerli, Dozentin am Institut für Physiotherapie. Sie reiste zusammen mit Ellard van der Molen von der Kinder-Reha Schweiz Ende August in die Ukraine. Eine Woche später machten sich die Ergotherapeutinnen Beate Krieger, Dozentin am Institut für Ergotherapie der ZHAW und Renate Pfann (ehemals Universitäts-Kinderspital Zürich) auf den Weg in das Kriegsgebiet: «Wir standen beim Grenzübergang zwischen Polen und der Ukraine in einer Menschenschlange von rund einem Kilometer.»

Florence Messerli und Beate Krieger waren im Rahmen der Initiative zur Rehabilitation von kriegstraumatisierten Kindern in der Ukraine unterwegs. Vor einem Jahr wurde das Projekt durch die NGO «Patients of Ukraine» zusammen mit der ZHAW Departement Gesundheit lanciert und anschliessend durch die WHO finanziert. Ziel war es, die Ausbildung von ukrainischen Kolleg:innen im Bereich Ergotherapie und Physiotherapie in der Ukraine zu optimieren.

Die Reise ins Kriegsgebiet stellte erst die dritte Phase des Projekts dar. Die beiden vorhergehenden Ausbildungsphasen mit ukrainischen Expert:innen fanden online statt. In Phase 1 wurden in acht wöchentlichen Sitzungen gemeinsam Bedarfe eruiert und entsprechende curriculare Anpassungen geplant sowie Lehrmaterialien zur pädiatrischen Ergo- und Physiotherapie entwickelt, um diese in Phase 2 zu testen und zu implementieren. Über einen Zeitraum von sechs Wochen fanden jeweils zwei berufsspezifische Vorträge pro Woche online statt, die abwechselnd von Expert:innen aus der Ukraine und der Schweiz gehalten wurden.

Therapie mit traumatisierten Kindern

Das Ziel der beiden ZHAW-Delegationen war das Eurohotel in Lwiw. Die siebtgrösste Stadt im Westen der Ukraine gilt als die sicherste, aber dennoch heulten die Sirenen regelmässig während der Nacht: «Es ist ein Land im Krieg. Wir haben gewusst, worauf wir uns einliessen», sagt Beate Krieger. Die Wahrscheinlichkeit, im Eurohotel in Lwiw von einem Raketenangriff getroffen zu werden, sei doch recht gering, schätzt Florence Messerli.

Während des zweitägigen Präsenztrainings vertieften die Teilnehmenden die in den Online-Sitzungen erarbeiteten Inhalte und setzten sie direkt in praxisnahen Übungen um. «Das Ziel des Trainings war es, den Stoff nicht nur zu verstehen, sondern so auszuprobieren, dass die Teilnehmenden ihn später auch in ihrer eigenen Lehrpraxis anwenden und an Studierende weitergeben können», sagt Florence Messerli. 

Die ukrainischen Lehrpersonen wünschten sich für die ergotherapeutische Vertiefung zwei Schwerpunkte: Einblick in motivierende Lehrarrangements in der Pädiatrie und Informationen über den Beitrag der Ergotherapie für die Arbeit mit traumatisierten Kindern. Beide Prioritäten wurden praktisch umgesetzt. Anhand pädiatrischer Beispiele erfuhren die Teilnehmenden, wie lebendig konstruktiv-partizipative Lehrmethoden wirken können. Anschliessend erlebten sie, wie Kinder nach einem Trauma durch selbstbestimmtes Handeln Stärke gewinnen. Gestalterische Techniken wie Malen oder das Nähen von «Power-Puppen» eröffneten dabei Entscheidungsfreiheit und Momente erlebter Selbstwirksamkeit, die in den entstandenen Werken nachwirkt.

Der Einsatz der Schweizer Delegation von ZHAW-Dozentinnen und den Therapeut:innen aus dem Umfeld des Kinderspitals Zürich wird nun durch die WHO evaluiert. «Dann wird entschieden, wie es weitergeht», sagt Florence Messerli. « Mich hat das grosse Engagement der Teilnehmenden schwer beeindruckt – ihr Einsatz, ihre Offenheit und der Wille, die Ausbildung weiterzubringen. Inmitten eines Krieges, nach vorne zu schauen, finde ich zutiefst bewundernswert und unglaublich stark.» 

Aktuell geplant ist eine Fortführung der Zusammenarbeit auch im Bereich Rehabilitation für Erwachsene für die Berufe Ergotherapie, Pflege und Physiotherapie innerhalb einer DEZA-Finanzierung.

Florence Messerli
Dozentin am Institut für Physiotherapie

Beate Krieger
Dozentin am Institut für Ergotherapie