Eingabe löschen

Kopfbereich

Hauptnavigation

Gesundheit

Interview CAS-Absolventin

Das CAS Ergotherapie heute und morgen vertieft einerseits das Wissen über den Kern der Ergotherapie – die menschliche Betätigung – und erweitert andererseits Auftrittskompetenzen sowie Kommunikations- und Argumentationsfertigkeiten. Die Absolventin Esther Weitnauer berichtet im Interview über ihre Erfahrungen.  

Der Zertifikatslehrgang Ergotherapie heute und morgen (bis 2013 CAS Occupation) schliesst eine Lücke in der Weiterbildung für Ergotherapeutinnen und -therapeuten. Einerseits wird das Wissen über die menschliche Betätigung erweitert und vertieft. Kursteilnehmende bearbeiten relevante Theorien, Modelle und Forschungsergebnisse und setzen diese in Bezug zu ihrem Arbeitsalltag und beruflichen Selbstverständnis. Andererseits stehen ein überzeugendes Auftreten sowie Kommunikations- und Argumentationsfertigkeiten in den unterschiedlichsten beruflichen Situationen im Zentrum.

Esther Weitnauer, Ergotherapeutin seit 2005, tätig im Bereich der ambulanten Ergotherapie mit hauptsächlich neurologischen Klientinnen und Klienten beim SRK Solothurn, hat am ersten Lehrgang teilgenommen. Im folgenden Interview mit Andrea Weise, Dozentin Weiterbildung, reflektiert sie mit einigen Monaten Abstand den absolvierten Lehrgang.

2013 hast du das CAS Ergotherapie heute und morgen absolviert: Was ist dir besonders in Erinnerung geblieben?

Ich erinnere mich besonders an die vertiefte Auseinandersetzung mit einem Thema über einen längeren Zeitraum in einer Gruppe Ergotherapeutinnen aus diversen Arbeitsbereichen. Es ging stark darum, an einem Thema dranbleiben zu können. Prägend war auch der Einstiegstag in das zweite Modul zum Thema Auftrittskompetenzen. Meine Scheu, im Vordergrund zu stehen, konnte ich durch die Dozierende und die Gestaltung des Tags schnell zur Seite legen, mitmachen und profitieren. Das hat den Grundstein für den gesamten zweiten Teil gelegt. Durch die kleine Gruppe war man stetig gefordert, aktiv zu sein. Davon konnte ich zusätzlich profitieren.

Was hatte dich bewogen, diese Weiterbildung zu besuchen?

Als erstes ist mir der Titel des ersten Moduls aufgefallen: „Betätigung: Herzstück der Ergotherapie“. Das hat mich interessiert. Ergotherapie hat sich gewandelt in der letzten Zeit. Und das sage ich, obwohl ich noch vor nicht allzu langer Zeit meinen Abschluss gemacht habe. Aber wenn ich heute Fachartikel lese, Kurse besuche oder Kontakt mit ganz jungen Kolleginnen und Kollegen habe, merke ich, dass eine Entwicklung stattgefunden hat. Der Kursteil hat meinem Bedürfnis entsprochen, an dieser teilzuhaben.

Beim weiteren Lesen der Kursinhalte war es das Thema Kommunikation, das mich angesprochen hat. Kommunikation ist einer der Grundsteine unserer Arbeit und (mit-)verantwortlich für den Erfolg unserer Therapie, sei es mit den Klienten und Angehörigen, aber auch mit Kolleginnen, Ärzten und Kostenträgern. Adressatengerechtes Kommunizieren ist wichtig – da kann man immer dazulernen.

Mein dritter Motivator war der Wunsch, ein CAS zu machen und dabei zu erleben, wie auf einer Fachhochschule gelernt und gelehrt wird. Mir war es wichtig, einen Kurs zu besuchen, auf dem ich später, wenn ich das möchte, aufbauen kann. Ein CAS mit dem Zertifikat als Abschluss erschien mir ein guter Einstieg.

Wie hast du die Mischung aus Wissensvermittlung über die menschliche Betätigung (Modul 1) und Fertigkeitentraining (Kommunikation und Auftrittskompetenzen) im Modul 2, erlebt?

Mir war zu Beginn nicht ganz klar, wie diese beiden Teile zusammenpassen und wie im Lehrgang die Verbindung geschaffen würde. Aber sie passen tatsächlich. Im gesamten Lehrgang wurde immer wieder aufgezeigt, wo die Verbindung und die Gemeinsamkeiten liegen. Es war gut, zuerst den theoretischen Grundstein zu legen und diesen dann anzuwenden. Genau diese Kombination ist es, die ich in meinem Alltag brauche. Allerdings musste ich mich ganz schön durch den ersten theoretischen Teil durchbeissen. Es war viel Selbststudium nötig in Form von Lesen und sich mit Theoretischem auseinandersetzen – nicht unbedingt meine Lieblingsbeschäftigung. Bei der Anmeldung war mir nicht klar, wieviel Selbststudium auf mich zukommt. Ich hätte mir gewünscht, dass dies in der Ausschreibung klarer ersichtlich wäre. Der Kurs selber war aber klar strukturiert, spannend aufgebaut und es war immer sichtbar, wann wieviel Arbeit auf einen zukommt und wo es hingeht. Das hat uns allen bei der Planung geholfen. Ein weiterer Motivator war die Gruppe: Wir haben uns alle gut verstanden.

Hat sich an deinem Selbstverständnis als Ergotherapeutin etwas verändert?

Ja. Ich habe die ergotherapeutische Fachsprache umfassend kennengelernt und gemerkt, wo wir als Berufsgruppe stehen. Ich habe deren Funktion und Wichtigkeit erkannt und konnte in die nationalen und internationalen Diskussionen eintauchen. Mein Repertoire an berufseigenen Fachbegriffen hat sich deutlich erweitert und somit meine Möglichkeiten, diese adressatengerecht einzusetzen. Ich entscheide mich heutzutage viel bewusster für oder gegen bestimmte Ausdrücke.

Zudem kenne ich jetzt die Geschichte der Ergotherapie an Hand der Paradigmen. Dadurch konnte ich meine eigene Berufsidentität hinterfragen und weiterentwickeln. Ich weiss jetzt (noch) klarer, wo ich stehe, und wo ich mich mit meinem Beruf hin entwickle. Themen wie Betätigungsgerechtigkeit (occupational justice) oder Betätigungswissenschaft (occupational science) sind mir jetzt nicht mehr fremd.

Mit dem Abstand, den du jetzt hast: Was kannst du in deinem persönlichen Berufsalltag tatsächlich nutzen?

Der gesamte Kommunikationsteil hat mir geholfen, mich sicherer zu fühlen und mir mehr zuzutrauen – sei es bei Vorträgen, Fortbildungen oder im Kontakt mit Klienten, Ärzten oder Kostenträgern. Die PR für meine Arbeit, also das gezielte Sichtbarmachen, ist selbstverständlicher geworden. Und gestärkt durch die Theorie und Fachsprache kann ich mich heutzutage auch besser behaupten. Auch beim Lesen von Fachliteratur und Studien merke ich, dass ich jetzt mehr Fachbegriffe und Hintergründe kenne und es dadurch einfacher und interessanter geworden ist.

Im Nachhinein kann ich nur sagen: Es hat sich gelohnt. Dass es einen Lehrgang für Ergotherapeutinnen und -therapeuten gibt mit einem offiziellen Zertifikat als Abschluss, in welchem man sich mit der Entwicklung der Ergotherapie und Theorien auseinandersetzen kann, aber auch Fachsprache kennenlernt und die berufsbezogene Kommunikation in diversen Situationen verbessern kann, ist meines Erachtens einzigartig.

Dieser Artikel ist in der Oktober-Ausgabe 2014 der Fachzeitschrift Ergotherapie erschienen.