Master
Im Masterstudiengang setzen sich die Studierenden analytisch und methodisch mit aktuellen Fragen der räumlichen Entwicklung auseinander. Ausgehend von konkreten Problemstellungen und unter Berücksichtigung planerischer, ökonomischer, politischer und gesellschaftlicher Rahmenbedingungen entwerfen sie weitgehend selbstständig städtebaulich-architektonische Konzeptionen und Strategien.
Im Hauptmodul Urban Project steht die Vermittlung einer fundierten Entwurfskompetenz zur Entwicklung und Umsetzung von integralen architektonisch-städtebaulichen Konzeptionen im Vordergrund. Das Modul Urban Research bietet eine Plattform für exemplarische Einzeluntersuchungen spezifischer Objekte, Räume oder Themenkomplexe der Stadtlandschaft. Im Modul Urban Strategies werden theoretische Grundlagen vermittelt, die helfen, die strukturellen Veränderungen der Stadtform und die Zusammenhänge zwischen ökonomisch-gesellschaftlichen Prozessen und räumlichen Entwicklungen besser zu verstehen. Im Modul Research Design Methoden werden exemplarische Entwurfsmechanismen auf ihre methodische Struktur hin vertieft untersucht und anhand kleiner Übungen trainiert. Ausgehend von einer Definition unserer gelebten Umwelt als Stadtlandschaft, untersucht das Fach Städtebaugeschichte die Kräfte und Rahmenbedingungen die über Jahrhunderte letztere formiert haben.
Herbstsemester 2022
Master Studio Urban Project – Stadt der Zukunft

Die krisenhaften Ereignisse der letzten zwei bis drei Jahre haben viele Gewissheiten der Disziplinen Städtebau und Architektur erschüttert und in Frage gestellt. Wie sollen Städte in Zeiten von Pandemien, Hitzesommern, Klimakrise, Rohstoffknappheit, Störungen globaler Lieferketten, Strommangel, Migrati- onsbewegungen und fortschreitender Digitalisierung geplant werden? Braucht es radikale Einschnitte oder bloss clevere Transformationen des Bestandes? Wie sehen Quartiere, Stadtbausteine und Gebäudekonzepte für die Stadt der Zukunft aus?
Wir werden im HS2022 aktuelle Stadtkonzepte und Forderungen aus Politik, Wirtschaft etc. an die Siedlungsplanung und Architektur unter- suchen. Konzepte zur klimagerechten und klimaneutralen Stadt, Ideen einer 10-Mio-Schweiz, die Stadt der kurzen Wege, die selbstversor- gende oder produktive Stadt, die Dezentralisierung, neue Wohnformen mit Home-Office, die postfossile Stadt, Waldstädte: Wie können solche Konzepte in den bestehenden Stadtkörper übersetzt werden? Welche Auswirkungen haben sie auf den öffentlichen Raum, die Dichte oder das Stadtbild? Gibt es Konzepte, die sich grundsätzlich widersprechen und solche, die sich mit anderen Stadtvorstellungen in Einklang bringen lassen?
Dem Thema Stadt der Zukunft werden wir uns von verschiedenen Seiten nähern. Einerseits formulieren wir räumliche Szenarien über ein grösseres Siedlungsgebiet, und loten dabei die Grenzen zwischen Architektur, Infrastruktur und Landschaft aus. Wir werden die Bildkraft solcher visionärer Strukturen oder Lebenswelten mit geeigneten Dar- stellungsmethoden untersuchen. Andererseits suchen wir Orte oder Siedlungsstrukturen, die sich für diese neuen Anforderungen beson- ders eignen und wo diese ihr Potential entfalten können. Mit dem Entwurf von Stadtbausteinen verräumlichen und testen wir mögliche Zukünfte.
Als städtebauliches Labor dient uns das Limmattal. Zwischen Baden und Zürich hat sich über die letzten Jahrzehnte eine dynamische Form der Stadt entwickelt, welche stellvertretend für viele andere Entwick- lungen im Metropolitanraum Zürich oder in Schweizer Agglomeratio- nen steht. Die Koexistenz von ländlichen und städtischen Gebieten, kontinuierliches und starkes Wachstum, Überformungs- und Verdich- tungsprozesse, erodierende Grenzen und zusammenwachsende Siedlungsstrukturen, dichte Infrastrukturnetzwerke etc.: Ein ideales Testgebiet, um sich den drängenden Fragen der heutigen Zeit zu stellen.
Urban Research – Stadt als Bühne

Die Stadt nicht mehr nur von oben, sondern partiell auch aus der Perspektive der Benutzer zu sehen war einer der städtebaulichen Paradigmenwechsel im Übergang der Moderne zur Postmoderne. Zusätzlich zur reibungslosen Organisation der zentralen Funktionen – Wohnen, Arbeiten, Verkehr und Erholung – wurde damit ein Verständnis von Stadt als ein Erlebnisraum vorgestellt, dessen zentrale Qualität – die Urbanität – vor allem in den innerstädtischen Einkaufsbereichen lokalisiert werden konnte. Seither dominiert das idealisierte Bild des bunten Marktgeschehens die Debatte zur Qualität der öffentlichen Räume. Längst sind Stadtplaner:innen dabei zu Stadtgestalter:innen geworden, deren Aufgabe vor allem darin liegt, die richtige Ordnung in die chaotische Bilderfolge aus vorhandenen Gebäuden, Möbeln und Kulissen zu bringen. Es gilt, die Auftritte eines anspruchsvollen und erlebnishungrigen städtischen Publikums, das zugleich die Schauspieler:innen stellt, gestalterisch vorzubereiten. Der Grad zwischen vordergründiger Inszenierung und alltagstauglicher Raumorganisation ist aber schmal.
Anhand der Untersuchung zeitgenössischer Marktplätze im Grossraum Zürich wollen wir im kommenden Herbstsemester einen analytischen Blick auf diese gleichfalls funktionalen und repräsentativen Stadträume werfen. Welche Bilder können dabei identifiziert werden und an welchen formal-räumlichen Elementen lassen sie sich verorten? Wie gelingt der Spagat zwischen praktischer Zweckmässigkeit und symbolischer Qualitäten und welche Rollen übernehmen die verschiedenen strukturellen, räumlichen und bildlichen Bestandteile dabei? Wie verhalten sich die Menschen bei den Auftritten in diesen szenischen Räumen? Werden Handlungen inspiriert oder unterdrückt?
Die Studierenden formulieren Fragestellungen und Hypothesen für Forschungsarbeiten, welche im Lauf des Semesters selbständig bearbeitet werden. Als Fallstudien sollen Marktplätze aus verschiedenen städtischen Kontexten im Grossraum Zürich/ Winterthur dienen. Das Thema bietet vielfältige Möglichkeiten für zeichnerische und fotografische Arbeiten. Eine ergänzende Rolle kann zudem das Studium und die Interpretation von Quellenmaterial (Texte, Bilder, Pläne, Filme etc.) spielen. Im Dialog mit Dozenten und Mitstudierenden werden Überlegungen geschärft und Untersuchungsmethoden diskutiert. In einem begleitenden Theorieseminar vertiefen wir das Thema anhand von theoretischen und literarischen Texten. Die Bewertung erfolgt aufgrund der abgegebenen Arbeit und der Diskussion anlässlich der Schlusskritik.