Hinter den Kulissen: Ursula Meidert
Dozentin und Forscherin Ursula Meidert vermittelt angehenden Gesundheitsförder:innen die Grundlagen, um in der Praxis wissenschaftlich fundierte Interventionen umsetzen zu können. Im Kurzinterview erklärt sie, weshalb sie die Studierenden auch für Themen wie die Geschlechtergesundheit sensibilisiert – und woran die Implementierung gesundheitsfördernder Massnahmen häufig scheitert.

Zur Person
Ursula Meidert ist seit rund zehn Jahren am ZHAW-Departement Gesundheit in der Lehre tätig – seit 2018 auch als Dozentin im Bachelorstudiengang Gesundheitsförderung und Prävention. Sie lehrt vor allem im Bereich des wissenschaftlichen Arbeitens und in interprofessionellen Modulen. «Bereits während des Studiums habe ich mich für Gesundheitsthemen interessiert», sagt Meidert, die – nach einer KV-Ausbildung und einem Jahr Volontärarbeit in einem Kinderheim in Japan – die Matur absolviert und an der Universität Zürich Soziologie und Sozialpsychologie studiert hat. Nach dem Studium arbeitete Ursula Meidert an verschiedenen Forschungsprojekten mit, unter anderem am Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention der Universität Zürich, in der Forschungsabteilung des ZHAW-Instituts für Ergotherapie oder an Projekten der interprofessionellen Lehre des ZHAW-Departements Gesundheit. «Besonders prägend war die Mitarbeit in der Langzeitstudie z-proso», blickt Meidert zurück. Bei der Mitarbeit an der Studie, welche die soziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen untersucht und dabei einen besonderen Fokus auf aggressives und delinquentes Verhalten legt, habe sie sich das erste Mal mit Prävention und wirksamen Interventionen auseinandergesetzt. «Und ich habe einen fundierten Einblick in die angewandte Forschung erhalten und mir viel Handwerkszeug angeeignet. Dieses Wissen kommt mir bei meiner heutigen Tätigkeit zugute.» Neben ihrer Lehr- und Forschungstätigkeit arbeitet Ursula Meidert an ihrer Dissertation, in der sie sich mit unbewussten Vorurteilen im Gesundheitswesen befasst. Einen Ausgleich zur Arbeit findet sie beim Gärtnern. «Ich habe eine grossen Gemüsegarten, der mich ‹erdet›.»
Was lernen die Studierenden bei dir für den Berufsalltag?
Ich unterrichte hauptsächlich in den Modulen zum wissenschaftlichen Arbeiten. Die Studierenden lernen, wie sie gezielt Literatur recherchieren, um herauszufinden, was zu einem bestimmten Thema bereits bekannt ist und welche Ansätze sich in anderen Kontexten als wirksam erwiesen haben. Dieses Wissen ist eine zentrale Grundlage für evidenzbasierte Interventionen in der Praxis. Darüber hinaus engagiere ich mich in der interprofessionellen Lehre – etwa zu Themen wie Geschlechtergesundheit. Dabei sensibilisiere ich die Studierenden beispielsweise dafür, dass lange Zeit Studien vor allem an jungen, weissen Männern durchgeführt worden sind. Das bedeutet, dass Medikamente und andere Interventionen häufig nicht ausreichend an Frauen, älteren Menschen oder People of Color getestet wurden. Eine konkrete Fragestellung, die wir im Unterricht besprechen: Warum sind Frauen im Verlauf ihres Lebens häufiger krank, leben aber länger als Männer? Solche Fragen helfen, ein differenzierteres Verständnis von Gesundheit und Krankheit wie auch von biologischem und gesellschaftlichem Geschlecht zu entwickeln.
Für wen findest du die Gesundheitsförderung und Prävention wichtig?
Für alle Menschen. Individuell kann jede:r vom Wissen der Gesundheitsförderung und Prävention profitieren. Auf gesellschaftlicher Ebene ebenso: Wenn Strukturen von Anfang an so gelegt werden, dass sie gesundheitsförderlich und für die Umwelt nachhaltig sind, dann profitieren alle, inklusive unser Planet.
Wo siehst du allgemein Entwicklungspotential im Feld Gesundheitsförderung und Prävention?
Ich sehe grosses Potential in der Anwendung des vorhandenen Wissens. Wir wissen zwar viel darüber, was gesundheitsförderlich wirkt. Leider scheitert es in der Praxis oft am politischen Willen, die geeigneten Massnahmen zu implementieren. Oft werden Entscheidungen getroffen, die kurzfristig wirtschaftlichen Gewinn versprechen, langfristig aber zu einer höheren Krankheitslast führen. Hier braucht es mutige, wissensbasierte Entscheidungen.