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International studieren, denken, handeln

Im Interview erzählt die erste BSc-Hebamme-Absolventin des Certificate International Programme CIP, wie ihr die zusätzlich erworbenen internationalen und interkulturellen Kompetenzen im Hebammenalltag helfen. Zum Beispiel gegen den blinden Fleck.

Petra Graf Heule, Betriebe/Praktika und Outgoing & Incoming Students, Lisa Bernasconi, erste Hebamme BSc mit parallel absolviertem CIP, Silvia Ammann-Fiechter, Koordinatorin Internationales und Dozentin sowie Beatrice Friedli, Leiterin Institut für Hebammenwissenschaft und reproduktive Gesundheit

Mit internationalem und interkulturellem Blick gegen den eigenen blinden Fleck

Das Certificate International Programme CIP ermöglicht Studierenden, sich parallel zum Studium international und interkulturell zu engagieren und für den weiteren Berufsweg zusätzlich zu profilieren. Lisa Bernasconi hat dieses Jahr als erste Hebamme ihren Bachelor zusammen mit dem CIP abgeschlossen. Silvia Amman-Fiechter, Dozentin und Koordinatorin für Internationales, hat sie nach ihren Beweggründen und Erfahrungen gefragt und ob sie das CIP weiterempfehlen würde.

Wie würdest du das CIP in einem Wort oder einem Satz zusammenfassen?
In einem Wort würde ich das CIP als bereichernd beschreiben. Denn wenn ich jetzt auf diese vier Jahre zurückschaue, in welchen ich Teil des CIPs war, kann ich nur betonen, wie vielfältig es war. Das Curriculum auf dem Weg zum Zertifikat beinhaltet so viele unterschiedliche Möglichkeiten: ich konnte an Kongressen und Projekten teilnehmen, einen Auslandsaufenthalt absolvieren und nicht zuletzt all die vielen Module zu interkulturellen Themen und Aspekten. Deshalb kann ich es alles in allem definitiv als sehr bereichernd zusammenfassen.

Weshalb hast du dich auf das Abenteuer CIP eingelassen?
Dafür gibt es verschiedene Gründe. Zum einen sicher, weil ich gemerkt habe, dass es für eine Hebamme nebst ihrer Zuständigkeit für die medizinische Betreuung enorm wichtig ist, eine gute und solide Beziehung zu den Frauen aufzubauen. Dazu hören wir oft, wie wichtig Empathie sei. Aber ich finde, kulturelle Aspekte nehmen hier eine wichtige Rolle ein und haben einen grossen Einfluss auf die Beziehung. Für mich als Hebamme ist es deshalb sehr wichtig, in diesem Bereich mehr geschult zu werden. Dies war ein wesentlicher Punkt, weshalb ich mich für das CIP entschieden habe. Ich wollte in diesem Bereich mehr lernen, um den Frauen die bestmögliche Betreuung zu geben.

Viele Studierende haben grossen Respekt vor dem CIP und befürchten, dass sie den Mehraufwand neben dem Studium nicht bewältigen können. Wie war das für dich?
Das ist so, es ist ein Mehraufwand. Ich bin jedoch der Meinung, dass es ein Mehraufwand ist, der sich lohnt und sich sehr gut mit dem Hauptstudium kombinieren lässt. Als Vergleich: Ich habe auch neben dem Studium immer zusätzlich gearbeitet und die Arbeit, das CIP und das Hebammenstudium sind immer gut aufgegangen. Es erfordert eine gute Planung und das ist auch das Schöne am CIP. Natürlich gibt es Module, die «in Stein gemeisselt» sind und die man für das Zertifikat absolvieren muss. Daneben gibt es aber viele Möglichkeiten, wo ich selber entscheiden konnte, was ich tun möchte und wann es ins Curriculum passt. Mit etwas vorausschauender Planung sehe ich absolut kein Problem, das CIP mit dem Hauptstudium zu kombinieren.

Was ist der Mehrwert des CIP für dich persönlich und beruflich, zusätzlich zum Hebammenabschluss?
Ein Test im Rahmen des CIP zu den eigenen interkulturellen Kompetenzen, hilft einem, die eigenen blinden Flecken aufzudecken. Das fand ich sehr spannend. Dabei lernte ich auch, die eigenen Kompetenzen einzuschätzen und in der Realität anzuwenden. Das hat mir sehr geholfen und mich persönlich weitergebracht. Ich habe schon viel von der Welt gesehen, jedoch habe ich mich, rückblickend gesehen, nur oberflächlich mit meiner eigenen Kultur und meinen Wertvorstellungen auseinandergesetzt. Diese Erkenntnis war ein weiterer Beweggrund für die Teilnahme am CIP. Auch mal in mich hinein gehen und merken, warum mich etwas stört oder warum mir etwas gefällt, und dabei mein eigenes Umfeld analysieren zu können - das ist mein persönlicher Mehrwert.
Beruflich zeigt sich der Mehrwert, indem ich kulturellen Herausforderungen mit mehr Aufmerksamkeit begegne, sie bewusster hinterfragen und analysieren kann, wie ich als Hebamme reagiere. Vor allem auch, weshalb ich so reagiere und ob dabei kulturelle Aspekte eine Rolle gespielt haben. Situationen, die ich zuvor vielleicht gar nicht so wahrgenommen hatte, wo ich - wie bereits erwähnt - einen blinden Fleck hatte.

Ist das CIP vor allem für Studierende, die im Ausland arbeiten möchten?
Es wäre schade, das CIP darauf zu reduzieren. Für mich bietet das CIP viel mehr, es bringt mir einen echten Mehrwert im Alltag. Wenn wir als Hebammen in einem Spital arbeiten, kann man sagen, dass die Welt zu uns kommt. Wir sind tagtäglich mit anderen Kulturen und Sprachen in Kontakt. Dafür muss ich nicht extra ins Ausland. Ich arbeitet heute in einer grossen Klinik und habe auch mein Auslandspraktikum in einer grossen Klinik absolviert. Damals wie heute realisiere ich oft erst im Nachhinein, dass ich oder wie ich in gewissen Situationen von interkulturellen Kompetenzen profitieren kann. Deshalb habe ich in meinem Hebammenalltag ein kleines Büchlein dabei und mache mir Notizen zu Situationen, in denen ich eine kulturelle Herausforderung wahrgenommen habe und dazu, wie ich damit umgehen konnte.

Was würde Lisa Bernasconi anders machen, wenn sie nochmals starten könnte?
Am Anfang habe ich mir etwas mehr Zeit gelassen mit gewissen Modulen, die ich selbst planen konnte und mich nicht so sehr darum gekümmert. Heute würde ich von Anfang an die Fühler mehr ausstrecken, die Angebote besser prüfen und mich mehr umschauen, ob es vielleicht irgendwo noch eine Summerschool gibt. Auch würde ich mehr Eigeninitiative einsetzen, denn es gibt so vieles, das man selber entscheiden kann. Die Dozierenden sind sehr offen, die eigenen Interessen zu akkreditieren. So lohnt es sich, von Anfang an die Möglichkeiten zu recherchieren und zu schauen, ob sie in den Rahmen des Curriculums des CIP passen. 

Ist das CIP für zukünftigen Hebammenstudierenden empfehlenswert?
Ja, ich finde das CIP deckt einen relevanten Bereich ab, den wir im Bachelorstudium nur begrenzt anschneiden. Sich mit seinen eigenen interkulturellen Kompetenzen auseinanderzusetzen, finde ich enorm wichtig und dies kommt meiner Meinung nach im Studium zu kurz. Daher würde ich es allen Hebammenstudierenden empfehlen. Ausserdem ist es etwas, mit dem man fürs Leben lernt und das man immer wieder auspacken kann. Am CIP hat mir besonders gefallen, dass ich es parallel zum Studium machen konnte. Auch dass ich in jedem Praktikum und jedem Modul etwas dazu lernte. Wenn man das über drei Jahre macht, nimmt man das auch für viele weitere Jahre mit. Das ist auf jeden Fall mein Plan.