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Caring Communities in der Altersbetreuung

Quartiere, Wohnsiedlungen oder Dorfgemeinschaften könnten in der Betreuung und Pflege älterer Menschen eine wichtige Rolle einnehmen und die bestehenden Versorgungssysteme entlasten. «Caring and Compassionate Communities» sind auch im der Bereich der gemeindenahen, integrierten Pflege am ZHAW-Institut für Pflege ein Thema.

Wenn ältere Menschen, die zuhause leben, auf Unterstützung angewiesen sind, erhalten sie diese in den meisten Fällen entweder von den Angehörigen, von staatlichen Institutionen oder von privaten Organisationen wie der Spitex oder der Pro Senectute. Demographische und soziale Entwicklungen bringen diese Versorgungssysteme jedoch zunehmend an ihre Grenzen. So steht der zunehmend älteren Gesellschaft ein institutionalisiertes Versorgungssystem gegenüber, das durch einen Fachkräftemangel und einer immer stärkeren Ökonomisierung von Pflege und Betreuung geprägt ist.

Die familiäre Versorgung und Pflege wiederum führt vielfach zur Überforderung des Partners, der Kinder oder anderer Angehöriger. Viele pflege- und betreuungsbedürftigen alte Menschen können zudem nicht auf die Unterstützung und Sorge durch Angehörige zählen. Etwa, wenn sie aufgrund von  Scheidung oder Tod keine Lebenspartnerin oder Lebenspartner mehr haben oder die Kinder nicht mehr in der Nähe wohnen.

Gleichzeitig ist das Pflege- oder Altersheim als letzte Station für viele ältere Menschen keine Option: Je länger je mehr wollen sie ihren Lebensabend in der vertrauten Umgebung ihrer Nachbarschaft, ihres Quartiers oder ihres Dorfes verbringen.

Solche zumeist kleinräumigen Gemeinschaften bieten nicht nur ein soziales Netz und damit die Möglichkeit zur Teilhabe. Quartiere, Dorfgemeinschaften oder Wohnsiedlungen haben auch das Potenzial, in der Pflege und Unterstützung alter Menschen eine tragende Rolle einzunehmen. Unter dem Begriff der «Caring (and Compassionate) Communities» - also der «sorgenden und mitfühlenden Gemeinschaften» - werden in der Alters- und Pflegewissenschaft seit einigen Jahren solche Sozialräume als zusätzliche Versorgungsebene diskutiert, die Angehörige aber auch das institutionalisierte Versorgungssystem entlasten könnte: In einer sorgenden Gemeinschaft kümmern sich neben Familienangehörigen und Professionellen auch Mitglieder einer Gemeinde, eines Quartiers, oder einer Wohnsiedlung um betreuungs- und unterstützungsbedürftige Menschen.

Vorlesung und Workshop zu «Caring Communities»

Angesichts der zahlreichen Herausforderungen in der Versorgung alter Menschen rückt das Konzept der «Caring and Compassionate Communities» auch das Institut für Pflege der ZHAW verstärkt in den Fokus. So wurde vor kurzem für die Studierenden des Masterstudiengangs in Pflege erstmals eine Lehrveranstaltung zum Thema «Sorgende Gemeinschaften» durchgeführt. Barbara Steffen-Bürgi, Leiterin Wissenszentrum am Zentrum Schönberg in Bern, zeigte in einem Referat die theoretischen Grundlagen, Rahmenbedingungen und Herausforderungen für den Aufbau einer sorgenden Gemeinschaft auf. Die theoretischen Ausführungen illustrierte Steffen-Bürgi anhand verschiedener Pilotprojekte zum Aufbau sorgender Gemeinschaften, die in der Schweiz durchgeführt wurden oder werden. Das Zentrum Schönberg, das neben Betrieb eines Pflegeheims auch in der Pflegeforschung tätig ist, beteiligt sich selber am Aufbau von «sorgenden Gemeinschaften» in drei Pilotregionen im Kanton Bern.

Wie solche Caring Communities auch in der Stadt Winterthur initiiert und gestärkt werden könnten, wurde Ende Oktober an einer von Daniela Händler-Schuster, Professorin für gemeindenahe, integrierte Pflege, organisierten Veranstaltung diskutiert. An dem von der Forschungsstelle Pflegewissenschaft finanzierten Anlass «Caring & Compassionate Communities: Chancen, Möglichkeiten und Notwendigkeiten» im Winterthurer Alterszentrum Adlergarten nahmen Mitarbeitende verschiedener Organisationen teil, die im Bereich Alterspflege- und Betreuung tätig sind: die städtischen Spitex- und Alterszentren, Pro Senectute, reformierte und katholische Kirchgemeinden, der Bereich Alter und Pflege der städtischen Verwaltung sowie die ZHAW-Forschungsstelle Pflegewissenschaft.

Ziel war es, erste Ansätze zu diskutieren, wie sich die verschiedenen Institutionen in Praxis und Wissenschaft vernetzen und gemeinsam Caring Communities entwickeln und fördern könnten. Grundlagen und Inputs für die Diskussionsrunden lieferte vorab Professor Andreas Heller, Leiter des Instituts Palliative Care und Organisationsethik an der Universität Klagenfurt, in einem Vortrag. Heller wies darauf hin, dass eine «gute» Alterspolitik eine kommunale Sorgekultur durch «Laien» fördere und nicht durch Experten verdränge. «Wir müssen die Menschen im Wohnhaus, im Quartier oder in der Gemeinde stärker in die Versorgung alter Menschen einbinden», sagte Heller. Denn die Pflege und Betreuung durch Angehörige sei oft zu isoliert, jene durch den institutionellen Versorgungsapparat zu anonym.