Drei Fragen an Karin Brendel, Leiterin Masterstudiengang Hebamme
Die Berner Fachhochschule und die ZHAW lancieren gemeinsam den ersten Deutschschweizer Master of Science Studiengang für Hebammen. Für den Start im September hat es noch freie Plätze für kurzentschlossene Pionierinnen. Karin Brendel, Leiterin des MSc Hebamme, erläutert, weshalb dieser Schritt sich lohnt.

Was bringt der Master-of-Science-Abschluss den Hebammen für Perspektiven?
Das Studium bereitet Hebammen auf neue Berufsrollen und neue Aufgaben in der integrierten Versorgung und in interprofessionellen Teams vor. Durch die aktuellen Entwicklungen in der Medizin und der Geburtshilfe verändern sich die Anforderungen an die Hebammen. Dank Masterabschluss können sie in diesem Umfeld neue und spezialisierte Aufgaben übernehmen, die erweitertes Fachwissen erfordern, zum Beispiel bei Schwangerschaftsdiabetes oder bei chronischen oder psychischen Erkrankungen. Für solche komplexen Situationen erarbeiten sie neue Konzepte.
Hebammen MSc können sich für die Weiterentwicklung ihres Berufs engagieren, indem sie als Dozentinnen tätig sind oder als Forscherinnen aktuelle Fragestellungen aus der Praxis untersuchen. Zudem steht ihnen der akademische Weg bis zur Dissertation offen.
Was spielen Hebammen MSc bei der Entwicklung von neuen Versorgungsmodellen für eine Rolle?
Hebammen sind nahe an den Frauen und ihren Familien und begleiten sie intensiv während Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. Frauen sind in dieser Lebensphase offen für gesundheitsförderndes Verhalten für sich und ihr Kind. In der Begleitung und Beratung von Frauen und ihren Familien mit besonderen Bedürfnissen können Hebammen Schlüsselrollen übernehmen und die interprofessionelle Zusammenarbeit für eine optimale Versorgung koordinieren und weiterentwickeln. Mit hebammengeleiteten Versorgungsmodellen und einer verbesserten Zusammenarbeit von Gesundheitsfachleuten soll in der Schweiz langfristig das Gesundheitswesen entlastet werden.
Sie haben selber zehn Jahre lang als Hebamme in der Praxis gearbeitet. Was war Ihre Motivation zusätzlich das Masterstudium und die Doktorarbeit in Angriff zu nehmen?
Ich habe sehr gerne in der Praxis gearbeitet. Der Wunsch, in die Lehre zu wechseln, hat mich dabei schon von Anfang an begleitet. Entsprechend habe ich mich weitergebildet. Zuerst studierte ich Pflegepädagogik. Später, als ich mit meiner Familie in den USA lebte, absolvierte ich den interdisziplinären Master of Science in Health Professions Education zusammen mit Pflegenden, Medizinern, Physiotherapeuten und Zahnärzten. Als wir in die Schweiz übersiedelten, startete an der ZHAW der Bachelorstudiengang Hebamme. Dank meiner neuen Qualifikation konnte ich am Aufbau dieses Studiengangs mitwirken und als Dozentin tätig sein. Zurzeit verfasse ich meine Dissertation im Rahmen des PhD-Studiengangs Pflegewissenschaften an der Universität Witten-Herdecke und entwickle gemeinsam mit meinen Kolleginnen die Lehre auf Masterstufe weiter. Ich freue mich auf den Start unseres Masterstudiengangs und die neuen Perspektiven, die sich damit eröffnen.