Zentrum für Phagentechnologien
Ein agiles Netzwerk von Biotechnologen, Biochemikern und Mikrobiologen, das den Einsatz von Bakteriophagen und phagenkodierten Proteinen für den Nachweis und die Kontrolle pathogener Bakterien nutzbar machen will. Dabei orientieren wir uns an der One Health Initiative.
Wir fördern den Einsatz von Bakteriophagen (Phagen) und phagenkodierten Proteinen, um pathogene und antibiotikaresistente Bakterien gezielt zu inhibieren. Dabei orientieren wir uns an der One Health Initiative und fördern die Anwendung von Phagen im Pflanzenschutz, in Aquakulturen, dem Veterinärwesen, der Lebensmittelherstellung, der Pharmazie und der Medizin. Die Experten des Netzwerkes isolieren und charakterisieren neue Phagenisolate und legen eine Phagenbank für den wissenschaftlichen Austausch an. Darüber hinaus werden phagenkodierte Proteine exprimiert, neue Phagenvarianten mit selektierten Eigenschaften gezüchtet und Phagen nach industriellen Anforderungen im Grossmassstab produziert. Auch die Formulierung von Phagen für spezifische Anwendungen ist Teil unserer Aktivitäten. Wir bieten ein offenes Netzwerk für Forschung und Entwicklung und die Beantragung von drittmittelbasierten Forschungsprojekten.
Was ist ein Bakteriophage?
Bakteriophagen sind Viren, die einzelne Bakterienarten spezifisch infizieren und damit inaktivieren können. In der Natur regulieren sie die Zusammensetzung bakterieller Gemeinschaften. Sie sind die natürlichen Antagonisten der Bakterien. Schätzungen gehen davon aus, dass pro Sekunde ca. 1025 Bakterien durch Phagen infiziert werden. Vor diesem Hintergrund ist es naheliegend, Phagen biotechnologisch zu nutzen, zumal sie auch antibiotikaresistente Keime inaktivieren können.
Ausgewählte Phagenisolate, die als «generally recognized as safe» eingestuft sind, dürfen eingesetzt werden, um pathogene Keime gezielt zu inaktivieren. Durch die hohe Spezifität der Phagen werden nur die Zielbakterien infiziert, während die nützliche Mikroflora nicht beeinträchtigt wird und intakt bleibt.
Team
In der Forschungsgruppe Lebensmittelmikrobiologie (Lars Fieseler) werden neue Bakteriophagen isoliert und charakterisiert. Nach der Aufnahme der Wirtsbereiche und Bestimmung der lytischen Aktivität werden Phagenisolate für weitere Anwendungen formuliert und im Labormassstab produziert. Eine detaillierte Charakterisierung umfasst elektronenmikroskopische Untersuchungen, Annotation der Phagengenomsequenzen und die heterologe Expression von Phagenproteinen in E. coli. Darüber hinaus werden Phagen rekombinant verändert oder klassisch gezüchtet.
Die Fachgruppe Bioanalytik (Sabina Gerber) entwickelt Anwendungen für Protein-basierte Produkte und bioanalytische Methoden zur Charakterisierung von Biopharmazeutika (therapeutische monoklonale Antikörper). Die Gruppe untersucht ausserdem Phagenproteine wie z.B. Tailspike Proteine, um deren Mechanismus während der Infektion des Wirts besser zu verstehen. Die Proteine werden ebenfalls hinsichtlich physikochemischer Eigenschaften analysiert, um die Struktur-Aktivitätsbeziehung aufzuklären.
Die Forschungsgruppe Bioprozesstechnologie (Lukas Neutsch) entwickelt und optimiert Bioprozesse für ein breites Feld von Organismen, inklusive Bakteriophagen. Die automatische Bioprozessplattform mit voll integriertem Daten Management System (IoT) und PAT erlaubt die GMP-konforme Produktion von Bakteriophagen mittels unterschiedlicher Kultivierungstechniken.
Die Fachgruppe Pharmazeutische Technologie und Pharmakologie (Steffi Lehmann) konzentriert sich auf pharmatechnologische Entwicklungen wie die Formulierung und präklinische, pharmakologische Charakterisierung neuer Arzneimittel, inklusive Bakteriophagen und phagenkodierten Proteinen.
Die Forschungsgruppe Umweltgenomik und Systembiologie (Theo Smits) wendet molekularbiologische Methoden an, um Organismen (inklusive Bakteriophagen) und deren Interaktionen mit der Umwelt zu verstehen. Die Entwicklung der DNA-Sequenzierungstechnik und Proteinanalyse eröffnet neue Wege, um biologische Systeme in ihrer Gesamtheit zu erfassen. Mithilfe der Bioinformatik können die Daten dazu genutzt werden, molekularbiologische Tools zur Erkennung von Krankheitserregern zu entwickeln oder die Rolle von einzelnen Arten innerhalb eines biologischen Systems zu beschreiben. Die enge Zusammenarbeit mit Industrie- und Forschungspartnern auf nationaler und internationaler Ebene gewährleistet eine anwendungsorientierte Forschung.
Die Forschungsgruppe Aquakultursysteme (Dominik Refardt) entwickelt Lösungen für eine umweltfreundliche, nachhaltige und tiergerechte Produktion von Fischen und Mikroalgen. Unsere Forschung reicht vom Labor- bis zum Produktionsmassstab (ja, wir züchten unsere eigenen Fische) und geschieht in enger Zusammenarbeit mit der Industrie. Der Forschungsgruppenleiter Dominik Refardt hat ausserdem Forschungserfahrung mit Bakteriophagen, was die interdisziplinäre Zusammenarbeit vereinfacht.