Eingabe löschen

Kopfbereich

Schnellnavigation

Hauptnavigation

«Wir wissen, was man mit unseren Daten alles anstellen könnte»

Kurt Stockinger vom Institut für angewandte Informationstechnologie und Oliver Dürr vom Institut für Datenanalyse und Prozessdesign forschen und lehren im Bereich Data Science. Wie die Zukunft der Disziplin aussehen könnte, welche Bedeutung die Sicherheit hat und warum Data Scientists besonders vorsichtig im Umgang mit Daten sind, erläutern sie im Interview.

Experten für Data Science und Dozenten im neuen MAS Data Science: Kurt Stockinger (links) und Oliver Dürr.
Experten für Data Science und Dozenten im neuen MAS Data Science: Kurt Stockinger (links) und Oliver Dürr.

Das Weiterbildungsangebot in Data Science ist eben um den Master of Advanced Studies (MAS) erweitert worden. Warum braucht es dieses Angebot
Kurt Stockinger: Data Science ist gefragt. Unter dem Stichwort Business Intelligence werden schon seit einiger Zeit Daten erhoben, analysiert und ausgewertet. Heute kommen zu den unternehmenseigenen Daten weitere hinzu: zum Beispiel Daten aus sozialen Netzwerken oder aus Kundenportalen, die Analysen dazu ermöglichen, wie gewisse Produkte oder Dienstleistungen bei wem ankommen. Was in den USA seinen Ursprung hatte, schwappt nun immer mehr auch nach Europa über. In der Schweiz und an der ZHAW School of Engineering sind wir an vorderster Front mit dabei.

Oliver Dürr: Hinzu kommt: Dank Geräten wie Smartphones liegen immer mehr Daten vor, dank besserer Rechenleistungen und neuer Verfahren können wir heute auch Datentypen bearbeiten, die man bisher nicht bearbeiten konnte, etwa Sprachaufzeichnungen oder Bilder.

Wie unterscheiden sich Ihre Herangehensweisen zum Thema? Sie forschen ja an unterschiedlichen Instituten innerhalb der ZHAW School of Engineering.
Kurt Stockinger: Ich sehe mich am Anfang der «Nahrungskette». Es geht in meiner Arbeit darum, Daten zu sammeln und aufzubereiten. Um bei der Bilderkennung zu bleiben: Wenn wir eine Software für die Bilderkennung schreiben möchten, würde ich mich mit der Frage auseinandersetzen, wie man möglichst viele Bilder in kurzer Zeit effizient auswertet, zum Beispiel durch die Parallelisierung von Programmen und das Ausführen auf mehreren Rechnern in einem Computer Cluster.

Oliver Dürr: Ich nähere mich dem Thema quasi von der anderen Seite. Mich interessieren eher die statistischen Methoden, ob die Bilderkennung wie im Deep Learning alleine durch bereits bekannte Bilder funktioniert, oder ob für die Analyse zusätzliche Daten Verbesserungen bringen. Aber natürlich hat jeder auch Interesse am Fachgebiet des anderen; die Zusammenarbeit ist komplementär.

Wird sich Data Science trotz unterschiedlicher Herangehensweisen als eigenständige Disziplin – neben Elektrotechnik, Informatik oder Maschinentechnik – etablieren?
Kurt Stockinger: Ja, es wird ziemlich sicher in die Richtung einer eigenständigen Disziplin gehen – nicht nur in der Weiterbildung mit dem MAS Data Science, sondern auch auf Stufe Bachelor oder Master, wo wir bereits jetzt an immer neuen Lerninhalten zum Thema arbeiten.

Oliver Dürr: Als Fachhochschule sind wir ja in der guten Position, auf solche Veränderungen schnell reagieren zu können; und Data Science ist eine sehr anwendungsorientierte Disziplin und daher ideal für eine Fachhochschule.

Der etwas bedrohliche Ausdruck «Big Data» und das Schlagwort vom «gläsernen Menschen» zeigen, dass Data Science nicht allen geheuer ist. Welche Bedeutung hat die Sicherheit?
Kurt Stockinger: Ich arbeite mit Studierenden gerade an einem Projekt, in dem es um Schwangerschaft und Frühgeburten geht – welche Medikamente eingesetzt werden und wie man deren Nebenwirkunken analysieren kann. Hier handelt es sich natürlich um sehr sensitive Daten, die uns, wie im medizinischen Umfeld üblich, nur anonymisiert zur Verfügung gestellt werden.

Oliver Dürr: In meinen Forschungsprojekten spielen solche Daten eine eher untergeordnete Rolle. Die Sicherheit ist aber ein Thema, dessen man sich grundsätzlich vermehrt annehmen muss. Gerade digitale Assistenten sammeln immer mehr persönliche Daten; entsprechend heikel ist die Auswertung. Hier ist die Politik gefordert, für sinnvolle Rahmenbedingungen zu sorgen.

Kurt Stockinger: Die politischen Rahmenbedingungen sind wichtig; ich appelliere aber auch an die Selbstverantwortung der Smartphone-Nutzer. Ich zum Beispiel habe die Standortdienste meines Smartphones deaktiviert. Und wenn ich mich politisch äussern will, dann mache ich das im privaten Umfeld – und nicht auf Facebook. Generell muss man davon ausgehen, dass Daten, die über das Internet oder soziale Medien verbreitet werden, fast «öffentlich einsehbar» sind. Dementsprechend muss man sich überlegen, welche Daten man über sich publiziert haben will.

Ist das eine typische Haltung? Sind Data Scientists besonders vorsichtig oder – ganz im Gegenteil – besonders freimütig im Umgang mit ihren eigenen Daten?
Oliver Dürr: Es gibt wohl mehr Data Scientists, welche die Kamera an ihrem Laptop abkleben, als solche, die das nicht tun.
Kurt Stockinger: Wir wissen ja schliesslich auch genau, was man mit den aufgezeichneten Daten alles anstellen könnte.