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Mit Wärmepumpe und Induktion: ZHAW-Forschende entwickeln energieeffiziente Kaffeemaschine

In einem Innovationsprojekt mit der Firma Aequator hat die ZHAW School of Engineering eine energieeffiziente Kaffeemaschine entwickelt. Das Besondere: die Maschine heizt das Kaffeewasser in drei Schritten auf. Eine Kombination aus Abwärmenutzung, Wärmepumpe und Induktion führt zum maximalen Wirkungsgrad.

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Der ZHAW-Forscher Jimmy Oliapuram arbeitet an der Kaffeemaschine, die er zusammen mit der Aequator AG entwickelt hat.

Tausend Tassen pro Jahr: So viel Kaffee konsumieren die Durchschnittsschweizerin und der Durchschnittsschweizer. Für tausend Tassen Kaffee müssen rund 100 Liter Wasser von Raumtemperatur auf fast 100 Grad erhitzt werden. Mit den zehn Kilowattstunden Energie, die dafür aufgewendet werden müssen, könnte man ebenso gut zehnmal Wäsche waschen, 500 Stunden am Laptop arbeiten oder sich 76 Jahre lang jeden Tag elektrisch rasieren.

Kaffee kochen ist also nicht umsonst. Die Kaffeemaschinenproduzentin Aequator aus Arbon weiss das. «In unseren Absatzmärkten nimmt der ökologische Aspekt immer mehr Stellenwert ein», sagt Raoul Meyer, Head of Research bei Aequator. «Da die Erwärmung von Wasser der grösste Verbraucher einer Kaffeemaschine ist, sind wir auf der Suche nach neuen Lösungen.»

Um ihre Maschinen effizienter zu machen, hat die Aequator AG drei Jahre lang mit dem ZHAW-Institut für Energiesysteme und Fluid-Engineering (IEFE) zusammengespannt. Mit finanzieller Unterstützung der Innosuisse haben die beiden Parteien gemeinsam einen Prototyp entwickelt, der gleich in mehrfacher Hinsicht aussergewöhnlich ist.

Zuerst Abwärme, dann Wärmepumpe und Induktion

«Unser Prototyp heizt das Kaffeewasser in drei Schritten auf», sagt Jimmy Oliapuram. Er war als Projektleiter der IEFE-Forschungsgruppe Elektrische Speichersysteme und Leistungselektronik für die Entwicklung der neuen Kaffeemaschine verantwortlich. Der erste der drei Schritte: Die Kaffeemaschine erwärmt das kalte Wasser mit der Verlustenergie der Elektronik. Oliapuram sagt: «Das optimiert den Wirkungsgrad und erlaubt es gleichzeitig, die Elektronikeinheit zu kühlen und so deren Lebensdauer zu erhöhen.»

Im zweiten Schritt folgt die Erhitzung mittels Peltier-Elementen, die wie eine Wärmepumpe funktionieren. Ein Stromfluss im Peltier-Element sorgt dafür, dass sich eine Seite des Elements abkühlt, während sich die andere erwärmt. Die kühle Seite ist per Wärmetauscher an die Umgebungsluft angebunden, die warme Seite erhitzt das Kaffeewasser auf 40 Grad.

Weil das nicht reicht, folgt nach der Peltier- eine Induktionsstufe. «Eine Zylinderspule und ein Durchlauferhitzer erwärmen das Kaffeewasser auf über 90 Grad», sagt Oliapuram. Die Funktionsweise sei genau dieselbe wie bei jedem Induktionsherd. «Ein hochfrequentes Magnetfeld erhitzt ein magnetisierbares Material – dieses gibt Wärme ans Wasser ab.»

Für den komplexen Aufbau gibt es gute Gründe

Wasser in einer Kaffeemaschine mit drei verschiedenen Methoden erhitzen – ginge das nicht einfacher? «Schon», sagt Jimmy Oliapuram, aber: «Der Wirkungsgrad würde leiden.» Für die Peltier-Stufe haben sich das IEFE und Aequator einen Wirkungsgrad von 200 Prozent zum Ziel gesetzt – und ihn erreicht. «Würden wir das Wasser auf mehr als 40 Grad erhitzen, sänke der Wirkungsgrad. Irgendwann bringt die Wärmepumpe nichts mehr.»

Eine Kaffeemaschine nur mit Induktion, das wäre möglich, gibt Oliapuram zu. Der Wirkungsgrad der Induktionsstufe liege aber bloss bei etwa 80 Prozent. Die Kombination aus Nutzung von Abwärme, Peltier-Wärmepumpe und Induktion holt also den maximalen Wirkungsgrad heraus – das wiederum hat mehrere Vorteile.

«Einen hohen Wirkungsgrad streben wir nicht nur an, um Energie zu sparen», so Oliapuram. Je höher er sei, desto schneller funktioniere die Erhitzung des Wassers bei der Anschlussleistung von knapp drei Kilowatt aus einer üblichen Steckdose. Für die Aequator-Maschinen, die häufig in Grossraumbüros oder Betriebskantinen stehen, sei das besonders wichtig: «Sie stehen stundenlang still, dann haben alle gleichzeitig Pause und wollen Kaffee. Die Maschine muss in kürzester Zeit möglichst viel Wasser erhitzen.» Das erreiche man mit dem IEFE-Prototyp.

Der Prototyp ist schnell und sparsam

Um zu bestimmen, wie effizient die IEFE-Entwicklung wirklich ist, hat Jimmy Oliapuram eine Messung nach der Norm EN 60661 gemacht. Das Resultat:

«Unsere Maschine landet in der Energieeffizienzklasse A++. Mehr geht bei Kaffeemaschinen nicht.»

Jimmy Oliapuram

Die Schnelligkeit ist der zweite grosse Vorteil der Maschine. «Sie heizt die Wassermenge für eine Tasse Kaffee in 18 Sekunden auf – das verkürzt die Wartezeit.»

Neben einem schnellen und energieeffizienten Prototyp hat das Innosuisseprojekt weitere Früchte getragen. «Das Projekt hat aufgezeigt, welche Probleme noch zu lösen sind», sagt Raoul Meyer von der Aequator AG. «Als nächstes wird der Prototyp in unserem Testfeld installiert und dort spezifischen Tests unterzogen – wir werden dort unser Augenmerk vor allem auf diese noch ungelösten Probleme legen.» Zwar sei bis zur Serienreife noch einiges zu klären, so Meyer, aber: «Wir sehen schon jetzt einzelne Detailpunkte in der Umsetzung.»

Auf einen Blick

Das Innosuisseprojekt 25875.1 PFIW-IW mit dem Titel «Energieeffizientes Heizsystem für Kaffeemaschinen» ist auf Aramis, der Forschungsdatenbank der Bundesverwaltung, zu finden.

Am IEFE waren neben Jimmy Oliapuram auch Andreas Heinzelmann, Patrick Baumann, Manuel Räber, Andreas Schellenberg und Patrick Amiras am Kaffeemaschinenprojekt beteiligt.

Projektpartner: Aequator AG

Projektdauer: 2017 – 2020