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«Reelle Chancen, dass solche Lösungen Zukunft haben»

In ihrer Bachelorarbeit im Studiengang Energie- und Umwelttechnik haben Patrick Böhni und David Wicki gezeigt, wie man überschüssigen Solarstrom zum Heizen eines Gebäudes verwenden kann. Dafür haben sie eine Steuerung für die Lastverschiebung einer Wärmepumpe entwickelt. Im Interview erklären die Absolventen, wie sie vorgegangen sind.

Überschüssigen Strom fürs Heizen zu verwenden klingt irgendwie logisch. Wie sind Sie darauf gekommen?

Patrick Böhni: Die Produktion des Solarstroms schwankt halt je nach Witterung. Deshalb ist das Einspeisen ins Netz auch nicht optimal. Den erzeugten Solarstrom selbst zu verwenden oder eben in Wärme umzuwandeln macht Sinn. Den Strom zu verbrauchen, wenn er entsteht, ist ein Teil der Lösung, um künftig mehr Solaranlagen installieren zu können, ohne das Stromnetz zu überlasten.

David Wicki: Ein Haus kann relativ viel Energie in Form von Wärme aufnehmen. Man muss es sich als grossen Speicher aus Luft und Beton vorstellen. So kann man also den überschüssigen Solarstrom als Wärme ins Haus pumpen, anstatt damit das Netz zu belasten oder eine teure Batterie zu installieren. Dafür braucht man dann zu einem späteren Zeitpunkt weniger Strom zum Heizen.

Aber heizt man nicht ohnehin weniger, wenn die Sonne viel scheint?

P.B.: Der Eindruck täuscht. In der Schweiz werden rund 36 Prozent des Endenergieverbrauchs fürs Heizen aufgewendet. Ab Aussentemperaturen unter 17 Grad muss die Wärmepumpe eingeschaltet werden. Wenn also nicht gerade Hochsommer ist, lohnt es sich dann zu heizen, wenn der Solarstrom vorhanden ist.

D.W.: Man muss dazu sagen, dass die Wärmepumpe ja nicht ununterbrochen läuft, sondern immer wieder für eine bestimmte Zeit eingeschaltet wird – je nach Aussentemperatur. Das sind aber keine festen Zeiten. Das heisst, man kann diese Einschaltzeiten so verschieben, dass sie sich mit der Produktion des Solarstroms vom Dach decken. Auf diese Weise wird der Eigenverbrauch gesteigert und man braucht weniger Strom aus dem Netz zu beziehen.

Woher kommen die notwendigen Daten?

D.W.: Man kann aufgrund des gemessenen Temperaturverlaufs im Haus auf die thermischen Parameter des Gebäudes schliessen. Wie gross ist beispielsweise der Wärmewiderstand nach aussen? Wie viel Wärme kann ich speichern? Neben der gemessenen Haustemperatur liest das System aus den Wetterdaten im Internet die Aussentemperatur und die Sonneneinstrahlung aus. Das Programm steuert nun je nach Berechnung der Lastverschiebung ein Relais an, das die Wärmepumpe freigibt oder sperrt.

Sperrt man die Wärmepumpe, fällt doch die Temperatur im Haus?

P.B.: Wichtig ist, dass sie nicht unter den Schwellwert von 20 Grad fällt. Die Steuerung weiss, wie lange die Temperatur im Haus ausreicht und wann somit die Wärmepumpe spätestens wieder zum Einsatz kommen muss – also die Sperre aufgehoben wird.

«Den Strom zu verbrauchen, wenn er entsteht, ist ein Teil der Lösung, um künftig mehr Solaranlagen installieren zu können, ohne das Stromnetz zu überlasten.»

Patrick Böhni

Was war die grösste Herausforderung?

P.B.: Die Datenverarbeitung hat uns viel Zeit gekostet. Fehlerhafte Messgeräte haben uns anfangs zusätzlich das Leben schwer gemacht. Es sind Lücken in den Datensätzen entstanden. Und weil es so viele Daten waren, mussten wir das irgendwie automatisieren. Also haben wir dafür die Programmiersprache Python erlernt.

D.W.: Auch die reale Umsetzung in einen Prototyp war eine grosse Herausforderung. In der Simulation kann vieles funktionieren und dann merkt man bei den realen Tests, dass auf einmal Faktoren eine Rolle spielen, an die man gar nicht gedacht hatte.

Wie hat das mit der Umsetzung geklappt?

P.B.: Wir konnten die Lösung in meinem Elternhaus umsetzen. Wir haben vor allem die Ansteuerung ausprobiert und Messungen gemacht. Über eine längere Zeit konnten wir das System noch nicht testen.

D.W. Es ist zwar nur ein Prototyp, aber wir sind überzeugt von der Idee, eine solche Steuerung ins Haus einzubauen, die dann selbständig das Haus ‘kennenlernt’. Da der Installationsaufwand überschaubar ist und sich die Kosten im Rahmen halten, sehe ich reelle Chancen, dass solche Lösungen Zukunft haben.