Spielplatz: Ort der Begegnung für alle?
Dieses Projekt untersucht die Nutzungserfahrungen von Kindern mit und ohne Einschränkungen auf hindernisfreien Spielplätzen. Weiter werden die Sichtweisen von Fachpersonen, welche in die Gestaltung von Spielplätzen einfliessen, untersucht. Die Resultate sollen dazu dienen, die Nutzungsqualität von Spielplätzen zu erhöhen und damit auch die Inklusion von Kindern mit Behinderungen fördern.
Ausgangslage
Öffentliche Spielplätze sind die Orte, an denen Kinder draussen am häufigsten spielen. Spielen auf dem Spielplatz wird als zentrale Beschäftigung im Alltag eines Kindes verstanden. Nebst motorischem Lernen fördert das gemeinsame Spiel auch die soziale Interaktion mit anderen Kindern. Die Kinder lernen zu teilen, Probleme zu lösen und Freundschaften zu schliessen. Aufgrund baulicher Hindernisse und sozialer Ausgrenzung werden Kinder mit Behinderungen jedoch häufig von diesem zentralen Ort und damit auch von der Interaktion mit Gleichaltrigen ohne Behinderung ausgeschlossen. Die Stiftung «Denk an mich» in der Schweiz hat sich dieser Problematik angenommen und das Projekt «Spielplätze für alle» ins Leben gerufen. Damit engagiert sich die Stiftung zusammen mit anderen Institutionen wie z.B. der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) und dem Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (EBGB) für hindernisfreie Spielplätze. Als Teil dieses Projekts untersucht das Institut für Ergotherapie eine Auswahl solcher Spielplätze in der Schweiz.
Das Projekt «Spielplatz: Ort der Begegnung für alle?» wurde im Rahmen des EU-Forschungsprogramms COST Action TD1309: Play for Children with Disabilities (LUDI) entwickelt und wird in ähnlicher Form auch in Irland durchgeführt.
Zielsetzung
- die subjektiven Nutzungserfahrungen von Kindern mit und ohne Einschränkungen zu ergründen,
- die sozialen Interaktionen von Kindern auf hindernisfreien Spielplätzen zu erfassen,
- die Sichtweisen von Fachpersonen im Bereich Spielplatzbau zu erheben.
Methode und Vorgehen
Im ersten Teil der Studie wurden sechs hindernisfreie Spielplätze in der Schweiz begutachtet und mittels Checklisten beurteilt. 32 Kinder zwischen sieben und zehn Jahren wurden bei der Nutzung dieser Spielplätze beobachtet und anschliessend zu ihrem Spiel, ihren Nutzungserfahrungen und Erlebnissen interviewt. Darunter waren 14 Kinder ohne und 17 Kinder mit körperlichen und oder kognitiven Einschränkungen. Im zweiten Teil der Studiewurden anhand von Fokusgruppen die Sichtweisen von Fachpersonen, die sich mit der Gestaltung von Spielplätzen beschäftigen, erhoben.
Ergebnisse
Die vorliegenden Resultate beziehen sich auf die Nutzungserfahrungen von Kindern mit und ohne Einschränkungen auf inklusiven Spielplätzen, wobei die Beobachtungen der Forschenden miteinflossen. Dabei zeigte sich, dass die durch die Stiftung Denk an mich unterstützten Spielplätze Kindern mit und ohne Einschränkung verschiedene Spielmöglichkeiten bieten und zu weiten Teilen den Bedürfnissen der Kinder entsprechen. Allerdings wurde auch ersichtlich, dass es auf den untersuchten Spielplätzen kaum zu sozialer Interaktion zwischen Kindern mit und ohne Einschränkungen kommt. Hier die wichtigsten Erkenntnisse.
- Alle Kinder wollen Herausforderungen erleben: Kinder suchen sich auf Spielplätzen Herausforderungen, Rückzugsorte für ruhigere Spielaktivitäten und schätzen das Spiel mit Naturmaterialien. Durch diese Gestaltungsweise von Spielplätzen können Kinder eine Reihe von Spielaktivitäten erleben (Jansson, 2010; Prellwitz & Skär, 2007; Ripat & Becker, 2012). Dass auch bei der Gestaltung der Spielplätze von Denk an mich diese Gestaltungsweise aufgenommen und erfolgreich umgesetzt wurde, haben die Kinder in den Interviews bestätigt. Alle Kinder, unabhängig davon, ob sie eine Einschränkung hatten oder nicht, gaben an, dass sie auf den Spielplätzen Spass und Herausforderungen erleben. Ein Junge beschrieb zum Beispiel, was er an der Rutschbahn toll findet: «Das Beste habe ich die Rutschbahn gefunden, weil sie so schnell und so hoch ist.» Die Rutschbahn ist ein Spielgerät, welches bei vielen Kindern beliebt ist. Weiter schätzten die Kinder hohe Klettergerüste mit verschiedenen Kletteroptionen und Schaukeln, welche von mehreren Kindern gleichzeitig benutzt werden konnten. Das Spielen mit Naturmaterialien, wie zum Beispiel der Kombination von Sand und Wasser, war für viele Kinder eine besondere Freude.
- Kinder wollen bei der Planung von inklusiven Spielplätzen mitsprechen: Durch die Interviews wurde deutlich, dass gerade Kinder mit Einschränkungen wichtige Anregungen zur Gestaltung von inklusiven Spielplätzen beitragen können. Sie analysieren die Spielplätze hinsichtlich ihrer eigenen Möglichkeiten und den Möglichkeiten ihrer Freunde und formulieren konkrete Vorschläge, wie die Nutzbarkeit der Spielplätze für Kinder mit Einschränkungen erhöht werden könnte. Aus den Schilderungen der Kinder geht hervor, dass sie vermehrt in die Planungs- und Gestaltungsprozesse von Spielplätzen eingebunden werden sollten, damit die Nutzbarkeit von inklusiven Spielplätzen weiter verbessert werden kann. Auch Iwarsson und Stahl (2003) beschreiben den Einbezug der Nutzerperspektive bei der hindernisfreien Gestaltung, wie zum Beispiel dem Universal Design, als ein zentraler Bestandteil (Iwarsson & Stahl, 2003).
- Barrieren aus der Umwelt schränken die soziale Interaktion zwischen Kindern mit und ohne Einschränkungen ein: Die Interviews und Beobachtungen auf den Spielplätzen zeigten, dass es kaum zu sozialen Interaktionen und gemeinsamem Spiel zwischen Kindern mit und ohne Einschränkung kommt. Während der Rekrutierungsphase stellte sich auch heraus, dass Kinder mit Einschränkungen vor allem auf Spielplätzen anzutreffen sind, die an eine Sonderschule angebunden sind.
Die soziale Interaktion der Kinder auf den Spielplätzen findet vor allem in den peer groups statt. So blieben also die Kinder mit Einschränkungen und die Kinder ohne Einschränkungen unter sich und es kam nicht zu einer Durchmischung der Gruppen. Kinder ohne Einschränkungen beschrieben zum Beispiel wie sie mit ihren Freunden auf die Spielplätze kommen oder diese direkt auf dem Spielplatz antreffen. Kinder mit Einschränkungen wiederum haben erzählt, dass sie keine Freundschaften mit Kindern ohne Einschränkungen auf den Spielplätzen schliessen.
Weitere Resultate fasst der Artikel «Children's perceptions of playing on inclusive playgrounds : a qualitative study» der Forscherinnen im Scandinavian Journal of Occupational Therapy zusammen.
Publikationen und Berichte
- Langweilige Spielplätze zu bauen, wo man mit dem Rollstuhl drauffahren kann, macht keinen SinnBlogbeitrag Spielplatztreff.de, Dezember 2020
- Damit Spielplätze ein Ort für alle Kinder werden(PDF 125,4 KB) aus Forschungsbericht 2019 ZHAW-Departement Gesundheit
- Gemeinsam auf dem SpielplatzForum Mitgliedermagazin des BVF, Juni 2018
- Ist der Spielplatz ein Ort der Begegnung für alle?ZHAW Web-News vom 22. März 2018
- Play Development in Children with DisabilitiesApril 2017
- Barriers to Play and Recreation for Children and Young People with Disabilities. Exploring Environmental FactorsJuni 2017
- TD COST Action TD1309 Play for Children With Disabilities
- The state of play in children's occupational therapy : a comparison between Ireland, Sweden and SwitzerlandBritish Journal of Occupational Therapy, Oktober 2017
ZHAW Publikationsdatenbank
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Projektpartner
- Stiftung Denk an mich
- Blindenschule Zollikofen
- Pro Juventute
Sowie weitere Partner
Projektorganisation
- Projektleitung
Prof. Dr. phil. Christina Schulze - Projektdauer
Juli 2017-Juli 2020 - Projektteam
Ines Wenger, MScOT, PhD student
Dr. phil. Andreas Bänziger - Finanzierung
Stiftung Denk an mich
Béatrice Ederer Weber Stiftung
Stiftung für Ergotherapie - Projektstatus
Abschluss mit Dissemination
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