«Räume beeinflussen, wie wir lernen»
Das IAP Institut für Angewandte Psychologie an der ZHAW hat mit dem Projekt «Neue Lernwelten» eine zukunftsweisende Initiative gestartet: Lernräume sollen so gestaltet werden, dass sie kollaboratives, kreatives und soziales Lernen optimal unterstützen. Nach über einem Jahr Projektlaufzeit ziehen wir im Gespräch mit Christoph Negri, dem Leiter des IAP, eine erste Zwischenbilanz.
Herr Negri, ein gutes Jahr ist seit dem Start Ihres Projekts vergangen. Welche konkreten Veränderungen konnten inzwischen umgesetzt werden?

Wir konnten im 6. Stock des Toni-Areals neue Räume mit einem Raumcluster realisieren – die drei Raumtypen nach unserem Konzept und Lernverständnis gestalten. Wir verfügen nun über einen modernen Input-Raum, verschiedene Breakout-Räume sowie eine offene Begegnungszone. Die Räume sind flexibel nutzbar, technisch gut ausgestattet und vermitteln eine Atmosphäre, die kollaboratives und selbstorganisiertes Lernen fördert. Damit ist ein wichtiger Schritt hin zu unserem Ziel gelungen, den Raum als aktiven Lernpartner zu begreifen.
Wie wurden diese neuen Räume bisher von Dozierenden und Teilnehmenden angenommen?

Die Rückmeldungen sind überwiegend sehr positiv. Viele schätzen die Möglichkeit, unterschiedliche Lernformen miteinander zu kombinieren – etwa einen kurzen Input im Plenum, gefolgt von Gruppenarbeiten oder Beratungsgesprächen in den Breakout-Räumen und informellem Austausch in der offenen Zone. Auch der Wohlfühlfaktor wird oft erwähnt – die offene und einladende Atmosphäre, die Begegnungen auf Augenhöhe fördert.
Es gibt jedoch ambivalente Erfahrungen mit der Begegnungszone die auch Verpflegungsmöglichkeiten bietet. Diese ist öffentlich zugänglich, was eine offene Kommunikationskultur fördern kann – aber auch als gewöhnungsbedürftig oder störend empfunden wird.
Lässt sich bereits beobachten, ob sich das Lernverhalten durch die Raumgestaltung verändert hat?

Ja, absolut. Es findet mehr Interaktion statt. Wir sehen, dass Lernende aktiver und eigenverantwortlicher arbeiten. Das Farbkonzept in den Räumen hat einen stimulierenden und anregenden Effekt. Dies zeigt Wirkung auf den Lernprozess und lädt zum Mitgestalten und Mitdenken ein. Es entsteht ein anderes, oft nicht-hierarchisches Lernklima – mehr Dialog, mehr Kreativität, mehr Zusammenarbeit. Genau das wollten wir mit dem Projekt erreichen.
Gab es auch Herausforderungen oder Dinge, die anders liefen als geplant?

Natürlich – vor allem der Balanceakt zwischen Flexibilität und Funktion. Ein Raum, der viele Lernformen abdecken soll, braucht klare Gestaltung und doch Offenheit. Es galt die Dozierenden mit an Bord zu nehmen und das Interesse für neue Didaktik und Methodik zu wecken. Auch der Umgang mit den neuen Prozessen im Alltag musste sich erst einspielen. Aber wir sehen das Projekt bewusst als lernenden Prozess – und die Herausforderungen haben uns wichtige Impulse gegeben.
Sie wollten mit dem Projekt auch Erkenntnisse für andere Bereiche der ZHAW generieren. Ist das bereits gelungen?
Ja, das Projekt hat grosse Resonanz ausgelöst, wir stehen im Austausch mit verschiedenen Stakeholdern der ZHAW. Auch Facility-Management-Spezialisten anderer Hochschulen haben bereits ihr Interesse signalisiert. Unsere Erfahrungen – sowohl in Bezug auf die bauliche Umsetzung als auch die didaktische Integration – stossen auf breite Beachtung. Das freut uns natürlich sehr, denn wir verstehen uns als Impulsgeber für die Hochschullandschaft insgesamt.
Was ist Ihre Vision für die Zukunft der Lernräume? Welche nächsten Schritte sind geplant?
Unsere Vision ist es, Lernräume zu schaffen, die sowohl funktional als auch inspirierend sind – mit einer Atmosphäre, die zum Verweilen einlädt, aber gleichzeitig konzentriertes Arbeiten ermöglicht. Für bestimmte Kurseinheiten planen wir zur Zeit neuartige Räume mit Werkstattcharakter, die flexibles und praxisnahes Lernen fördern.
Ein nächster konkreter Schritt ist, wie erwähnt, die Konzeption eines vierten Raumtyps – eines Workshopraums – der unser bestehendes Angebot gezielt ergänzt. Darüber hinaus ist ein zweiter Cluster mit einer erweiterten Vielfalt an Raumtypen in Planung.
Langfristig verfolgen wir die Entwicklung einer modernen Lernlandschaft für die Weiterbildung, die unterschiedliche Bedürfnisse adressiert und eine hohe Aufenthaltsqualität bietet. Im Toni-Areal sind weitere Anpassungen vorgesehen, um die Zufriedenheit von Lernenden und Dozierenden zu steigern und damit einen direkten Beitrag zur Qualitätsentwicklung in der Weiterbildung zu leisten.