Mit KI zu mehr Netzstabilität: Das LACISE-Projekt im baltischen Energiesektor
Die baltischen Staaten haben sich in diesem Jahr vom russischen Stromnetz abgekoppelt und sich stattdessen ans kontinentaleuropäische Netz angeschlossen. Um die Netzstabilität zu erhöhen, entwickelt das Schweizerisch-Lettischen Forschungsprogramm LACISE vorausschauende Netzsteuerungsmodelle sowie neue Batteriematerialien und Technologien zur Wasserstoffproduktion. Die Forschenden der ZHAW erstellen dabei ein dynamisches Stromnetzmodell, das mithilfe von KI präventive Massnahmen zur Sicherung der Netzresilienz ermöglicht.
Die baltischen Staaten haben sich im Jahr 2025 vom russischen Stromnetz abgekoppelt und sich stattdessen über Polen an das kontinentaleuropäische Netz angeschlossen. Doch weiterhin fehlen ausreichende Kraftwerkskapazitäten, Energiespeicher und flexible Reserveoptionen. Zudem macht der Ausbau erneuerbarer Energien die Stromerzeugung wetterabhängig. Gleichzeitig sind die Verbindungen nach Westeuropa noch begrenzt, weshalb bei Engpässen nicht rasch Strom ausgetauscht werden kann. Auch Cyberangriffe bedrohen die Netzstabilität, in deren Sicherheit die baltischen Staaten stark investieren.
Das Schweizerisch-Lettische Forschungsprogramm LACISE im Bereich ICT und Smart Energy zielt darauf ab, die Netzstabilität, Resilienz und Effizienz des Energiesektors in den baltischen Staaten zu erhöhen. Dazu werden Lösungen entwickelt und implementiert, die eine höhere Netzstabilität ermöglichen sollen. Zudem werden neuartige Batteriematerialien für die Stromspeicherung erforscht und innovative Technologien zur Wasserstoffproduktion untersucht. Insgesamt umfasst das Programm fünf Arbeitspakete. Geleitet wird es von der University of Latvia (Riga). Neben der ZHAW School of Engineering sind auch das Paul Scherrer Institut (PSI), das Centre Suisse d’Electronique et de Microtechnique (CSEM) sowie die Riga Technical University (RTU) und Institute of Electronics and Computer Science (EDI) beteiligt.
Die Forschenden des Instituts für Energiesysteme und Fluid-Engineering (IEFE) der ZHAW betreuen im Rahmen von LACISE das Arbeitspaket für die Entwicklung eines dynamischen Stromnetzmodells für den baltischen Raum. Dieses Modell soll es mitunter ermöglichen, künftig auch dezentral eingespeiste, erneuerbare Energiequellen zu integriert. Dafür wird mit Hilfe von künstlicher Intelligenz ein umfassender Datensatz aus dynamischen Stabilitätssimulationen und verschiedenen Zeitreihen erstellt. Damit lässt sich die Dynamik des Stromnetzes unter unterschiedlichen Szenarien abbilden und erlaubt es, Schwachstellen zu identifizieren und geeignete präventive bzw. steuernde Massnahmen abzuleiten. Das Ergebnis sollen konkrete Handlungsempfehlungen für höhere Netzstabilität und mehr Resilienz sein.
Das Arbeitspaket der ZHAW umfasst unter anderem Tausende von Simulationen, die auf bestehenden Stromsystemmodellen, wie beispielsweise ENTSO-E für Mitteleuropa und ein dynamisches Modell für den baltischen Raum, aufbauen. Letzteres wurde mit dem Simulationstool PowerFactory und PSSE auf der Echtzeit-Plattform OPAL-RT-Plattform entwickelt.
Ein zentraler Schwerpunkt der Forschung liegt in der Entwicklung einer KI-basierten Methode, die schnelle und präzise Rückschlüsse auf die dynamische Stabilität des Netzes erlaubt. Traditionelle Verfahren zur dynamischen Stabilitätsbewertung basieren auf physikalisch-numerischen Modellen, die sehr rechenintensiv und zeitaufwendig sind. Mithilfe des KI-Ansatzes erwarten die Forschenden deutlich schnellere und genauere Ergebnisse. Das neue «Frühwarnsystem» soll den Übertragungsnetzbetreibern künftig ein Werkzeug an die Hand geben, mit dem sie die Netzstabilität vorausschauend steuern können.
Projektname
LACISE – Schweizerisch-Lettisches Forschungsprogramm im Bereich ICT und Smart Energy
Beteiligte
Projektleiter Arbeitspaket «Dynamisches Stromnetzmodell»: Prof. Dr. Petr Korba, ZHAW
Projektmitarbeitende: Dr. Artjoms Obusevs, ZHAW; Dr. Miguel Ramirez Gonzalez, ZHAW
Drittmittelgeber:Kooperationsprogramm Schweiz−Lettland: LACISE (SECO)
Projektpartner: Paul Scherrer Institut PSI; University of Latvia / Institute of Solid State Physics; CSEM Centre Suisse d'Electronique et de Microtechnique SA; Riga Technical University, Institute of Electronics and Computer Science (EDI)
Projektdauer
August 2025 bis Dezember 2029