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Der Techno-Papst und die Schoggifabrik 4.0

Dieter Meier, Gründer der Elektro-Pop-Band Yello, kreiert mit einem Team von ZHAW-Absolventen und einem ganz neuartigen Verfahren, das an der Hochschule entwickelt wurde, Schokoladenkompositionen mit den natürlichen Aromen aus der Kakaobohne.

Auszug aus ZHAW-Impact vom Dezember 2017

Im grauen Gewerbegebiet von Wallisellen nahe dem Zürcher Flughafen wird an der ultimativen Schokoladenformel für eine der «edelsten Schokoladen der Welt» getüftelt. Vorbei am «Schoggihüsli», wo Coop-Tochter Chocolats Halba ihre Produkte verkauft, geht es zur Pilotanlage von Dieter Meiers Start-up «Oro de Cacao».

Die Maschinen stehen heute still. Nichts verrät, dass hier Kakao-Nibs in ihre wichtigsten Bestandteile zerlegt werden und Schokoladen aus natürlichen Aromen, ohne Bitterstoffe und mit wenig Zucker komponiert werden. Dekanter, Zentrifugen, Trockner, jede Menge Schläuche und Leitungen – alles blitzt sauber. Ist die Anlage in Betrieb, dann ist es hier laut, stickig, heiss und feucht. Die Aromen, die hier gewonnen werden, erinnern an Kokos, Banane oder Nüsse, obwohl nichts dergleichen hier verarbeitet wird. Die Vielfalt der natürlichen Aromen ist gross und je nach Herkunft der Bohnen sehr verschieden. Bisher wurden sie bei der herkömmlichen Schokoladenherstellung zerstört. Mit dem neuen Verfahren werden sie weitgehend für das Endprodukt bewahrt.

Das sagen die Maîtres der Schokoladenrevolution

Heute ist Interviewtermin mit Dieter Meier. Der Künstler, Unternehmer und Landwirt ist angetreten, die lange Tradition der Schweiz als Pionierland in Sachen Schokolade fortzusetzen. Und dann kommt er, der weltbekannte Schweizer – verhüllt in weissem Laborkittel, blauer Haube und mit weissem Bartschutz vor dem Gesicht. Da heute nicht produziert wird, erlaubt ihm seine sechsköpfige Schokoladencrew, die Verhüllung abzulegen. Im Gespräch schwärmt der Elektro-Pop-Pionier von seinem «Chocolate Kit», dem Schokoladenbaukasten, der einst in einer Schokoladenfabrik 4.0 entstehen soll und ganz neue Optionen eröffnet.

Die Idee entstand vor elf Jahren. Tilo Hühn, heute Professor am ZHAW-Institut für Lebensmittel- und Getränkeinnovation, war mit Innovationspartner Roland Laux von der Ideen-Fabrik UNICO auf einer Studienreise in Venezuela unterwegs. Hühn erinnert sich noch gut an den Besuch einer Schokoladenfabrik: «In der Produktionshalle, wo die gerösteten Kakao-Nibs bei 200 Grad entölt werden, roch es sensationell. Aber eigentlich sollten die Aromen am Ende im Produkt landen und nicht in der Halle verfliegen.» Mit einem kleinen Team machte er sich daran, «mehr Gutes aus der natürlichen Frucht zu retten». Ein neuartiges Verfahren, das der Leiter des Zentrums für Inhaltsstoff- und Getränkeforschung zuvor für die Herstellung von Säften und Olivenöl entwickelt hatte, sollte dabei helfen. Damit sollten die natürlichen Inhaltsstoffe aus den Rohmaterialien extrahiert, schonend verarbeitet und haltbar gemacht werden. Am Ende sollten die Bestandteile neu zu einem vielschichtigen Produkt komponiert werden können, ohne dass etwas Fremdes hinzugefügt werden muss. Heute ist die Idee nun Realität.

Nachdem viel über die Schokolade geredet worden ist, erhält die Besucherin eine Kostprobe. Die Minitafel ist eingewickelt in Goldpapier. Hauchdünn ist die Schokolade, der Kakaogehalt 75 Prozent. Sie schmeckt fruchtig und kein bisschen bitter, wie andere dunkle Schokoladen. Erwartungsvoll beobachten die jungen Produzenten, wie ihr Produkt ankommt, während Dieter Meier im Nebenraum bereits weitere Pläne für den Fabrikbau schmiedet. Der 72-Jährige sitzt auf einem schlichten Bürostuhl, umringt von Mitgliedern seines jungen Teams, die auf Kisten Platz genommen haben. Die Laptops auf den Knien, beraten sie noch stundenlang. Alle sind gespannt darauf, endlich in grossem Stil zu produzieren und der Welt zu zeigen, was wirklich in der Kakaobohne steckt.

So funktioniert das Kaltextraktionsverfahren (Quelle: SRF Einstein, 2013)

Aktuelle Ausgabe des ZHAW-Impacts Nr. 39

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