Dolmetschwissenschaft
An der Professur Dolmetschwissenschaft erforschen wir das Konferenzdolmetschen und Community Interpreting (Behörden-, Gerichts- und Spitaldolmetschen) in Theorie und Praxis. Hauptaugenmerk liegt auf der Untersuchung der Einflussfaktoren, die aus unterschiedlichen Settings und Entwicklungen wie Globalisierung, Migration und Digitalisierung (z.B. Distanzdolmetschen) resultieren. So sind die Auswirkungen der weltweiten Verbreitung des Englischen als Lingua franca (ELF) auf das Dolmetschen ein Forschungsschwerpunkt. Die ELF-bedingte komplexere Balance zwischen Rednertreue und Zielpublikumsadressierung hat beispielsweise zur Folge, dass eine gute Dolmetschleistung nicht mehr notwendigerweise eine gute Dienstleistung darstellt. Die gewonnenen Erkenntnisse verhelfen der Dolmetschwissenschaft zu neuen Ansätzen in Ausbildung und Dolmetschdidaktik, praktizierenden Dolmetschern zum professionelleren Umgang mit der wachsenden Zahl nichtmuttersprachlicher Redner und mehrsprachigen Gesellschaften zu fundierteren Massnahmen im Umgang mit globalisierter Kommunikation.
Im Fokus
CLINT (Cognitive Load in Interpreting and Translation)
Die Verbreitung des Englischen als erste globale Lingua Franca ist eines der charakterisierenden Phänomene des 21. Jahrhunderts mit enormen Auswirkungen auf mehrsprachige Gesellschaften. Aus der bisherigen Forschung an der Schnittstelle zwischen Dolmetschen und ELF geht hervor, dass die stetig wachsende Zahl von Texten und Reden in nichtmuttersprachlichem Englisch Einfluss auf das Kapazitätenmanagement von professionell Dolmetschenden nimmt. Die dabei entstehenden erhöhten kognitiven Anforderungen, ihre physiologischen Korrelate sowie die Verarbeitungsprobleme, Strategien und Auswirkungen von Expertise werden im Rahmen des vom Schweizer Nationalfond geförderten Sinergia-Projekts CLINT untersucht.
The Routledge Handbook of Conference Interpreting
The Routledge Handbook of Conference Interpreting, herausgegeben von Michaela Albl-Mikasa und Elisabet Tiselius, bietet einen umfassenden Überblick über die neusten Entwicklungen in Forschung und Praxis im Bereich des Konferenzdolmetschens, die sich in den letzten Jahren beispielsweise aufgrund der Verbreitung moderner Technologien herausgebildet haben.
Das Werk vereint die Expertise von mehr als 70 Forschenden aus der ganzen Welt und ist unterteilt in 40 Kapitel und sieben Sektionen: Grundlagen, Settings, Regionen, berufspraktische Themen, Ausbildung, Forschungsperspektiven und neueste Entwicklungen im Bereich des Konferenzdolmetschens. Der Band verfolgt mit dem Einbezug von Forschung, didaktischer Praxis und berufspraktischen Themen auf allen Kontinenten einen einzigartigen Ansatz.
Medienauftritt: The Imaginary Invalid
Im Rahmen der Translation Seminar Series des Centre for Translation an der Hong Kong Baptist University ging Michaela Albl-Mikasa auf das Konzept ELF sowie die möglichen damit verbundenen Fallstricke für Dolmetschende ein. Sie präsentierte Erkenntnisse aus der Forschung zu ELF mit Bezug zum Dolmetschen und Übersetzen (ITELF) sowie erste Ergebnisse aus dem Projekt CLINT (Cognitive Load in Interpreting and Translation). Dieses geht über einen Mehrmethodenansatz der Frage nach, inwieweit ELF sich auf Dolmetschverarbeitung und Dolmetschleistung auswirkt. Der Vortrag mit dem Titel «The Imaginary Invalid. Interpreters in Times of English as a Lingua Franca» findet sich auf Youtube.
Mitarbeit im Nationalen Zentrum für Barrierefreie Kommunikation
Globalisierung, Migration und Flüchtlingsbewegungen haben in der mehrsprachigen Schweiz zu zusätzlichen Sprachen und einer Reihe von Sprachbarrieren geführt. Für einen gleichberechtigten Zugang zu sozialen, rechtlichen und medizinischen Leistungen bedarf es deshalb des Einsatzes von Dolmetschern aus dem Bereich Community Interpreting. Im Forschungsbereich 9 des Schweizer Kompetenzzentrums für Barrierefreie Kommunikation steht das Medizindolmetschen als situiert kognitive Handlung mit den zentralen Wissensstrukturen zu institutionellen Prozessen, Diskursmusstern und funktionalen Ausdrücken im Fokus, mit dem Ziel Richtlinien für Weiterbildungsmassnahmen (u.a. auch im Rahmen von Dienstleistungspaketen für asiatische Partner) zu entwickeln.
Forschungs- und Entwicklungsprojekte
-
AMIT – Evaluierung multimodaler Dolmetschtechnologien
Sprachbarrieren im Gesundheitswesen können zu einer geringeren Patientenzufriedenheit, längeren Konsultationszeiten und sogar zu einem schlechteren Zugang zu medizinischen Leistungen führen. Um diese Barrieren zu überwinden und eine ordnungsgemäße Behandlung fremdsprachiger Patienten zu gewährleisten, sind ...
-
"Zoom" ohne "fatigue"?
Kann der Einsatz von augmented reality die Zoom fatigue bei Videokonferenzen verringern? Eine Pilotstudie mit mehrsprachigen Personen und Konferenzdolmetscher:innen geht dieser Frage nach. Die Ergebnisse bieten eine Grundlage für die Forschung und für die Weiterentwicklung von Videokonferenz-Tools. ...
-
Der erweiterte Dolmetscher - eine Pilotstudie zum Nutzen erweiterter Realität beim Dolmetschen
Simultandolmetschen erfordert auditive und visuelle Informationen. Diese Pilotstudie untersucht, ob die Verschmelzung visueller und auditiver Informationen durch das Einblenden von Fachwörtern auf Augmented reality Gläsern die kognitive Belastung beim Dolmetschen verringern kann.
-
Verwendung von maschineller Übersetzung im Gesundheitswesen
Internationalisierung und Migration führen dazu, dass Kommunikation in der Gesundheitsversorgung zunehmend auch sprachliche und kulturelle Unterschiede überbrücken muss. Sprachbarrieren müssen dort auf eine Art und Weise überwunden werden, die effizient ist sowie den Patient:innen und ihren Bedürfnissen gerecht ...
Forschungsbasierte Lehre
Ausbildung
Unter der Prämisse einer forschungsgeleiteten Lehre werden dolmetschwissenschaftliche Themen im Bachelor Angewandte Sprachen, im Master Angewandte Linguistik (Vertiefung Konferenzdolmetschen) sowie im Rahmen von Bachelor- und Masterarbeiten behandelt. Ausserdem besteht eine Kooperation mit der Zürcher Hochschule für Heilpädagogik (HfH) im Studiengang Gebärdensprachdolmetschen. Die Unterrichtseinheiten und Module umfassen Vorlesungen, Seminare und Kurse insbesondere in den Bereichen Einführung in die Dolmetschtheorie und -praxis, aktuelle Fragen der Dolmetschwissenschaft, Englisch als Lingua franca (ELF), Bilingualismus und Community Interpreting.
Weiterbildung
Für unsere Dienstleistungs- und Beratungsangebote im Bereich des Community Interpreting greifen wir auf eine umfangreiche Expertise zurück, die aus unseren Weiterbildungsangeboten, Kooperationen und Forschungsergebnissen resultiert. Sie basiert auf den Erfahrungen aus
- dem von Gertrud Hofer initiierten und zehn Jahre geleiteten Weiterbildungsangebot im Bereich des Behörden-, Gerichts- und Spitaldolmetschens
- der langjährigen Zusammenarbeit mit dem Zürcher Obergericht bei der Qualifikation von Gerichtsdolmetschern
- Projektanalysen mit Schweizer Spitälern im Bereich der Fortbildung und Schulung von Spitaldolmetschern und medizinischem Fachpersonal.
Die Kurse im Bereich Dolmetschen im Gesundheitswesen werden vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) unterstützt.
Team
-
Prof. Dr. Michaela Albl-Mikasa
ZHAW Angewandte Linguistik
Institut für Übersetzen und Dolmetschen
Theaterstrasse 15c
8400 Winterthur -
ZHAW Angewandte Linguistik
Institut für Übersetzen und Dolmetschen
Theaterstrasse 15c
8400 Winterthur -
ZHAW Angewandte Linguistik
Institut für Übersetzen und Dolmetschen
Theaterstrasse 15c
8400 Winterthur -
ZHAW Angewandte Linguistik
Institut für Übersetzen und Dolmetschen
Theaterstrasse 15c
8400 Winterthur -
ZHAW Angewandte Linguistik
Institut für Übersetzen und Dolmetschen