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ZHAW simuliert Galaxien fürs grösste Teleskop der Welt

Mit Künstlicher Intelligenz Aufnahmen des Weltalls verarbeiten: ZHAW-Forschende entwickeln Modelle, die zukünftig die Daten des stärksten Radioteleskops aller Zeiten auswerten sollen. Dabei gibt es viele Aspekte, die berücksichtigt werden müssen.

In Südafrika und Australien errichtet das Square Kilometre Array Observatory (SKAO) die leistungsstärksten Radioteleskope, die die Menschheit je gebaut hat. Die fast 200 gigantischen Schüsseln und über 130'000 Antennen werden wahrscheinlich ab dem Jahr 2030 an beiden Standorten hochauflösende Aufnahmen des Weltalls und der ersten Galaxien machen. «Die SKA-Teleskope produzieren eine überwältigende Datenmenge von ungefähr 700 Petabytes pro Jahr – weit mehr, als ein Mensch in seinem Leben untersuchen könnte», erklärt Philipp Denzel vom ZHAW Centre for Artificial Intelligence.

Deshalb übt die ZHAW schon heute: Mit Künstlicher Intelligenz (KI). Dr. Philipp Denzel, Dr. Elena Gavagnin und Dr. Frank-Peter Schilling entwickeln und trainieren Modelle, die den Himmel so realistisch wie möglich simulieren: «Mit neuronalen Netzen lassen sich komplexe Strukturen wie Galaxien simulieren und automatisch Muster in den Beobachtungsdaten erkennen.» Die Nachbildungen der simulierten Galaxien berücksichtigen dabei die physikalischen Eigenschaften der gesamten enthaltenen Materie, auch diejenigen Komponenten, welche für die Teleskope unsichtbar bleiben. So können Theorie und Beobachtungen abgeglichen werden und wichtige Hinweise über Galaxien liefern. In vielen Hinsichten ist die Entstehung von Galaxien nämlich noch immer ein Mysterium.

Schweizer-AI für Aufnahmen aus Australien und Südafrika

KI soll nämlich künftig auf die echten Aufnahmen des SKAO angewendet werden und einen grossen Teil der riesigen Menge an gesammelten Daten verarbeiten. «KI hilft den Forschenden, indem sie die spannendsten Entdeckungen des SKAO für die weitere Analyse hervorhebt», sagt Philipp Denzel. Die im Projekt auf Probleme der Datenanalyse des Radioteleskops angewandten Methoden der KI ähneln Modellen, die beispielsweise auch in einem Forschungsprojekt im Bereich der medizinischen Bildgebung zur Anwendung kommen. Dazu gehören untern anderem sogenannte Diffusionsmodelle. Dies unterstreicht den multidisziplinären Charakter der ZHAW-Forschung. Doch wieso werden in Winterthur Modelle für Daten eines Teleskops auf der Südhalbkugel entwickelt? 

Die Schweiz ist seit 2022 mit dem SKA Switzerland Consortium (SKACH) Teil des internationalen Projekts, denn im Bereich der Radioastronomie hat das SKAO weltweit eine enorme Relevanz. Die Mitarbeit ermöglicht den frühen Zugang zu gesammelten Daten und Mitsprache im grössten Forschungsunternehmen seit dem CERN. Als eine von zehn Schweizer Hochschulen, die sich via SKACH für das Projekt engagiert, ist die ZHAW führend in der Entwicklung von KI-gestützten Simulationen von Galaxien. Involviert ist seitens ZHAW, nebst der ZHAW School of Engineering, auch die ZHAW School of Management and Law, wo Ende August 2025 auch das Jahrestreffen des schweizerischen SKACH Forschungsverbundes, die Swiss SKA Days, stattfanden.

Lichtverschmutzung und Satelliten miteinbeziehen

Das ZHAW-Team entwickelt ihre Modelle während der Bauphase des SKAO laufend weiter. Als nächster Schritt werden Störeinflüsse wie Satellitenspuren integriert. Dadurch wird simuliert, wie das SKAO in Zukunft Daten effektiv aufnehmen wird. «Störungen am Himmel können die Aufnahmen des SKAO unbrauchbar machen, deshalb wollen wir bereits jetzt simulieren, welchen Einfluss diese haben», sagt Philipp Denzel. Aufgrund möglicher Störungen durch Licht und Menschen wurde das SKAO auch abseits der Zivilisation, in der südafrikanischen Karoo, einer Halbwüstenlandschaft, und im australischen Outback, gebaut.

Weniger Energie und dunkle Materie

Weiter arbeitet das Team der ZHAW zusammen mit zwei Masterstudierenden daran, die Modelle genauer, schneller und energiesparender zu machen. Ausserdem sollen die Simulationen von 2D auf 3D erweitert und astrochemische Aspekte integriert werden. Auch Aufnahmen des seltenen Gravitationslinsen-Effekts sollen berücksichtigt werden, um in den Aufnahmen die unsichtbare dunkle Materie genauer zu erfassen. Durch die Optimierungen der KI leistet die ZHAW einen Beitrag, um eines Tages mit dem SKAO neue Einblicke in dunkle Materie, die Entstehung von Galaxien und vielleicht sogar Antworten auf die grössten offenen Fragen der Kosmologie zu erhalten.

«Fun»-Facts zum SKA

  • 21 cm beträgt die Wellenlänge der Radioausstrahlung von neutralem Wasserstoff: Das SKA ist speziell darauf ausgelegt, diese 21-cm-Linie zu messen. Denn Wasserstoff ist das häufigste Element im Universum.
  • Extreme Bedingungen herrschen an den Standorten des SKA: In der Karoo (Südafrika) und im Outback (Australien) steigen die Temperaturen auf bis zu 56 °C. Deshalb gelten für Bauarbeiter:innen strenge Schutzvorgaben.
  • Das Land des australischen Standortes gehört den Aborigines: Mit ihnen wurde die Abmachung getroffen, mit dem SKA keinen dauerhaften Schaden am Land zu verursachen. Deshalb wurden die Antennen ohne Verankerung aufgestellt.
  • Auch Tiere leben an den Standorten des SKA: In Australien wurde bereits beobachtet, dass Kängurus die Antennen umrennen. Ingenieure müssen diese regelmässig wieder aufstellen.