ZHAW-Forschung zeigt: Nachhaltige Treibstoffe reduzieren Russemissionen deutlich
Ein interdisziplinäres Team der ZHAW untersuchte gemeinsam mit Partnern aus Forschung und Industrie die Emissionen eines Pilatus PC-24 Businessjets. Erste Ergebnisse bestätigen das grosse Potenzial von nachhaltigen Flugtreibstoffen für eine umweltfreundlichere Luftfahrt.

In einer gross angelegten Messkampagne analysierten das Zentrum für Aviatik und das Institut für Chemie und Biotechnologie der ZHAW gemeinsam mit dem Paul-Scherrer Institut, dem Joint Research Center der Europäischen Kommission und den Pilatus Flugzeugwerken die Triebwerksemissionen einer PC-24 bei der Verwendung von nachhaltigen Flugtreibstoffen (SAF).
Die Untersuchungen konzentrierten sich auf drei Kernbereiche: die Erprobung neuer Messtechnik, die Alterung von Aerosolpartikeln im Abgasstrahl des Flugzeugs bei hohen Umgebungstemperaturen von 30°C und die detaillierte Analyse der Russemissionen des Triebwerks. Die ersten Auswertungen, die im September auf der European Aerosol Conference präsentiert wurden, sind äusserst vielversprechend: Der Einsatz von SAF führt zu einer deutlichen Reduktion der ausgestossenen Russpartikel.
Ambitionierte Projektziele
Die Messungen sind Teil des vom Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) geförderten Projekts ADVISAR. Das Projekt verfolgt weitere ambitionierte Ziele: Bis Dezember 2025 wird eine neue Messeinrichtung am Triebwerksprüfstand von SR Technics am Flughafen Zürich aufgebaut. Bereits im Oktober 2025 beginnen zudem Untersuchungen zur Wirkung von Triebwerksabgasen auf menschliche Lungenzellen. Eine weitere Messkampagne mit der Pilatus PC-24 ist für Anfang 2026 geplant, um die bisherigen Erkenntnisse bei kälteren Temperaturen weiter zu vertiefen.


«Die Ergebnisse bestätigen unsere Forschungsansätze und eröffnen konkrete nächste Schritte.» - Dr. Tobias Schripp
3 Fragen an die Projektleitung Dr. Tobias Schripp
Wie genau lief die Messkampagne?
T.S.: Die Kampagne war logistisch und technisch eine erhebliche Herausforderung, die eine akribische Planung erforderte. Wir hatten nur ein Zeitfenster von einer Woche für den kompletten Auf- und Abbau sowie die Messungen selbst – und das unter anspruchsvollen Feldbedingungen auf einem Rollfeld des Flughafens Buochs.
Zuerst positionierten wir unsere Messsonde direkt hinter dem Triebwerk der Pilatus PC-24, um die Emissionen von (Russ-)Partikeln und Gasen über das gesamte Schubspektrum zu erfassen. Parallel dazu hat das Messmobil «MOSQUITA» unseres Partners Paul-Scherrer-Institut die Abgasfahne in einiger Entfernung analysiert. Dieser Zwei-Punkt-Ansatz ist entscheidend, da er uns erlaubt, die Alterungsprozesse der Emissionen in der Atmosphäre zu untersuchen.
Wir haben diesen gesamten Zyklus zunächst mit konventionellem, fossilem Kerosin als Referenz durchgeführt und anschliessend mit einem nachhaltigen Flugtreibstoff (SAF) wiederholt.
Es war eine unglaublich intensive Woche für das gesamte Team, aber der Aufwand hat sich gelohnt. Die hohe Qualität der gewonnenen Daten ist die beste Belohnung für diese Anstrengungen.
Wie und wieso unterscheiden sich die Ergebnisse von SAF zu herkömmlichen Flugtreibstoffen?
T.S.: Der grösste Unterschied liegt in der «Sauberkeit» des Treibstoffs. Man kann sich herkömmliches Kerosin wie ein komplexes Naturprodukt vorstellen, das von Natur aus Substanzen enthält, die bei der Verbrennung zu Russ führen – vor allem sogenannte Aromaten. Der beigemischte nachhaltige Treibstoff (SAF) ist reiner und reduziert den Anteil genau der Komponenten, welche Russ bilden.
Für uns war es wissenschaftlich entscheidend, nicht nur ob, sondern auch wie sich die Emissionen reduzieren. Eine alleinige Reduktion der Russmasse bei gleichzeitigem Anstieg der Anzahl kleinerer Partikel wäre kontraproduktiv. Stellen Sie es sich so vor: Es ist ein Unterschied, ob man einen grossen Stein entfernt oder ihn in Hunderte kleiner Kiesel zertrümmert. Letzteres könnte sogar schädlicher sein. Unsere Messungen haben jedoch eindeutig gezeigt, dass beides sinkt: weniger Masse und weniger Partikel ohne Veränderung der Grössenverteilung.
Was bedeuten die Ergebnisse für das weitere Vorgehen des Projekts?
T.S.: Die Ergebnisse bestätigen nicht nur unsere Forschungsansätze, sondern eröffnen auch ganz konkrete nächste Schritte. Wir konnten äusserst aussagekräftige Daten zur Freisetzung von organischen Emissionen gewinnen, wie sie zum Beispiel aus Triebwerksölen stammen. Das ist von enormer Bedeutung, da diese Emissionen zukünftig in die Emissionsregulierung der Luftfahrt mit aufgenommen werden sollen und es hierzu noch wenig verlässliche Daten aus dem realen Flugbetrieb gibt. Unsere Messungen schaffen hier eine wichtige Wissensgrundlage.
Für das Projekt bedeutet das zweierlei: Zum einen werden wir die Forschung mit dem Folgeprojekt «JETSTREAM» gezielt vertiefen – der Antrag ist bereits gestellt. Zum anderen planen wir eine Wiederholung der Messkampagne unter variierten Aussenbedingungen, um unsere Ergebnisse weiter zu festigen.
Möglich wurde dieser Erfolg nur durch die exzellente Zusammenarbeit im Team und mit unseren externen Partnern. Besonders die unkomplizierte und professionelle Unterstützung durch Pilatus hat diese komplexe Messkampagne unter Feldbedingungen erst ermöglicht, wofür wir sehr dankbar sind.