Digitale Alltagshilfen zur Unterstützung der Autonomie im Alter
Wie können Apps und Wearables älteren Menschen helfen, selbstbestimmt und gesund in ihrer vertrauten Umgebung zu leben? Das Forschungsprojekt der ZHAW und der BFH untersucht, welche Erwartungen ältere Personen an diese Technologien haben, was Vor- und Nachteile sind und welche Voraussetzungen für eine qualitativ gute Nutzung refüllt sein müssen.
Beschreibung
Hintergrund
Zuhause in der vertrauten Umgebung alt werden zu können, wünschen sich die meisten Menschen. «Aging in place» beschreibt diese Möglichkeit, in der gewohnten Umgebung sicher und autonom zu leben, unabhängig von der individuellen Leistungsfähigkeit. Apps und Wearables haben das Potenzial, diesen Wunsch zu unterstützen, indem sie beispielsweise die Gesundheit und Sicherheit fördern. Trotz des grossen Potenzials ist unklar, welche Apps und Wearables mit angemessener Qualität sich tatsächlich eignen, um die Gesundheit und Unabhängigkeit von älteren Menschen zu unterstützen.
Dieses Forschungsprojekt ging den folgenden Fragen nach: Wie können Apps und Wearables im Alltag unterstützen? Welche Vor- und Nachteile hat der Einsatz? Welche Voraussetzungen sollten sie erfüllen? Wie ist die Qualität von Apps und Wearables in der Schweiz?
Das übergeordnete Ziel des Projekts war es, einen Überblick über und klare Empfehlungen für die Nutzung und Entwicklung breit einsetzbarer Apps und Wearables zur Unterstützung des gesunden Alterns und des selbstbestimmten Lebens im Alter zu formulieren. Dies auf der Grundlage der Qualität sowie des erwarteten Nutzens, der Bedürfnisse und der Einstellungen von Primär- und Sekundärnutzer:innen.
Vorgehen
Das Projekt nutzt verschiedene methodische Ansätze und ist in drei sich ergänzende Arbeitspakete gegliedert:
- Der erwartete Nutzen, die Bedürfnisse sowie potenzielle Hindernisse und Förderfaktoren hinsichtlich der Nutzung von Apps wurden basierend auf qualitativen Fokusgruppen- und Experteninterviews mit
a) älteren, zu Hause lebenden Erwachsenen,
b) Angehörigen,
c) Gesundheitsfachpersonen und Ärzteschaft und
d) Expert:innen und Stakeholdern untersucht. - Auf der Grundlage einer Scoping Recherche wurde ein Überblick über die in der Schweiz verfügbaren Apps und Wearables erstellt. Die Scoping Recherche stützte sich auf
a) einen WebCrawler für die App Store Suche,
b) Wearable spezifische Apps, Produktbewertungen und ergänzende Online-Recherchen zur Identifizierung der Wearables.
Nach einem angepassten Prozedere gemäss PRISMA wurden Apps und Wearables zur Beurteilung der Qualität eingeschlossen. Die Qualität der Apps und Wearables haben Forschende anhand einer Checkliste bewertet, die die Kriterien von eHealth Schweiz, sowie ethische Aspekte, Datensicherheit und Usability berücksichtigt. - Darauf aufbauend entsteht eine Synthese der Ergebnisse als Grundlage für die die Formulierung von Nutzungs- und Handlungsempfehlungen.
Ergebnisse
Alle Gruppen – ältere Menschen, Angehörige und Fachpersonen – sahen grosses Potenzial in Apps und Wearables
- zur Früherkennung von Erkrankungen,
- als Ergänzung zur Gesundheitsversorgung,
- zur Förderung körperlicher Aktivität und
- für das Selbstmanagement im Alltag.
Gleichzeitig wurden Hürden benannt: Viele Anwendungen waren nicht benutzerfreundlich oder zu wenig auf ältere Nutzer zugeschnitten, ausserdem gab es Bedenken bezüglich Datenschutz und Sicherheit, finanzielle Hürden, fehlende Unterstützung ausserhalb des familiären Umfelds, Installation und Nutzung von Apps und Wearables sowie Herausforderungen durch die schnelle Weiterentwicklung der App-Landschaft.
Die Scoping Recherche identifizierte über 14'000 Apps und 34 Wearables zur Unterstützung in den Bereichen Alltag, Zugang zu Information, Kommunikation, Aktivität und Mobilität, Sicherheit und Notfallmanagement, Gesundheit und Wohlbefinden, sowie Früherkennung und Diagnostik.
142 Apps und 31 Wearables erfüllten die Einschlusskriterien und wurden ausführlich geprüft. Die Qualität der Apps und Wearables war sehr unterschiedlich. Häufige Schwächen waren mangelnde Transparenz, unklare rechtliche Rahmenbedingungen und Unsicherheiten bezüglich der langfristigen Verfügbarkeit. Zudem wurde festgestellt, dass Namens- oder Anbieterwechsel die dauerhafte Nutzung und Wiederauffindbarkeit erschweren. Für jeden in den Fokusgruppen identifizierten Nutzen oder Bedarf liess sich jedoch mindestens ein qualitativ ausreichend gutes Produkt finden.
Auf Basis der beiden Studien entwickelten die Forschenden konkrete Empfehlungen für den Einsatz von Apps und Wearables im Alltag älterer Menschen erarbeitet. Diese Empfehlungen wurden in einem Workshop mit älteren Menschen, Angehörigen, Fachpersonen und Expert:innen diskutiert und angepasst.
Eckdaten
Co-Projektleitung
Prof. Dr. Brigitte Gantschnig, Dr. Marina Bruderer-Hofstetter (Berner Fachhochschule BFH)
Projektteam
Projektpartner
Berner Fachhochschule BFH / Gesundheit, Fachbereich Physiotherapie
Projektstatus
abgeschlossen, 02/2024 - 05/2025
Institut/Zentrum
Institut für Ergotherapie (IER); Institut für Pflege (IPF); Institut für Physiotherapie (IPT)
Drittmittelgeber
Velux Stiftung
Weiterführende Dokumente und Links
Publikationen
-
Ageing in place in the digital age : a mixed method evaluation of apps and wearables
2025 Reicherzer, Leah; Scheermesser, Mandy; Ballmer, Thomas; Quasdorf, Tina; Domeisen Benedetti, Franzisca; Gantschnig, Brigitte E.; Bruderer-Hofstetter, Marina
-
Apps and wearables to support autonomous living : perspectives of Swiss older adults and stakeholders
2025 Reicherzer, Leah; Ballmer, Thomas; Scheermesser, Mandy; Quasdorf, Tina; Domeisen Benedetti, Franzisca; Gantschnig, Brigitte E.; Bruderer-Hofstetter, Marina