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„Qualitätskontrolle durch die Wirtschaft“

Ein Fachhochschul-Bachelor soll berufsbefähigend sein. Von Absolventinnen und Absolventen werden daher gute Fachkenntnisse und Methodenwissen erwartet. Aber das ist nicht alles. Fast ebenso wichtig sind aus Sicht der Arbeitgeber Selbst- und Sozialkompetenzen. Die ZHAW School of Engineering hat ausgewählte Wirtschaftspartner und Alumni befragt und ihre acht Bachelorstudiengänge aufgrund der Resultate überarbeitet. Prof. Dr. Thomas Järmann, der das Projekt leitete, erklärt im Interview die wichtigsten Erkenntnisse und Neuerungen.

Prof. Dr. Thomas Järmann, Leitung Lehre ZHAw School of Engineering

Herr Järmann, im Rahmen des Projekts wurden Wirtschaftspartner und Alumni gefragt, welche Austrittskompetenzen sie als sehr wichtig oder weniger bedeutend erachten. Was waren die wichtigsten Erkenntnisse?
Thomas Järmann: Wir haben eine Online-Umfrage durchgeführt und auffällige Resultate im Anschluss in Gruppendiskussionen mit einigen Befragten nochmal aufgegriffen. Das A und O sind neben dem Fachlichen die Methodenkompetenzen, darin waren sich Vertreter aller Branchen einig. Berufseinsteiger sollen in der Lage sein, analytisch zu denken, Probleme zu strukturieren und Wissen auf neue Problemstellungen anzuwenden. Wichtig ist auch, dass sie erkennen, wenn sie Wissenslücken haben und sich dieses fehlende Wissen selbständig aneignen können. In diesen Punkten haben wir kaum Unterschiede zwischen der Innen- und Aussensicht festgestellt. Abweichungen gab es hingegen bei den Selbst- und Sozialkompetenzen, insbesondere bei der Teamfähigkeit. Die ist Wirtschaftsvertretern wichtiger als unsere Dozierenden bisher dachten.

Stichwort Teamfähigkeit, wie kann man die trainieren?
Ist es Aufgabe von Hochschulen, Sozialkompetenzen zu vermitteln? Dazu kann man geteilter Meinung sein. Wir finden, ja. Am besten eignet sich hierfür der praktische Unterricht. Unsere Studierenden arbeiten zum Beispiel im Rahmen von Projektmodulen vom ersten bis zum letzten Semester an praktischen Projekten. Dort lassen sich nicht nur Fach- und Methodenkompetenzen trainieren, sondern auch Selbst- und Sozialkompetenzen. Die Studierenden wenden die gelernte Theorie in der Praxis an und arbeiten dabei in Teams. Auch die Projekt- und Bachelorarbeit am Ende des Studiums wird in der Regel im Team bearbeitet und häufig in Kooperation mit einem Industriepartner.

Was hat man aus den Erkenntnissen der Umfrage und Gruppendiskussionen gelernt? Wie sind die Ergebnisse in die Gestaltung der Studiengänge eingeflossen?
Die meisten Resultate decken sich mit denen früherer Umfragen, das heisst viele Kompetenzen schulen wir bereits heute. Trotzdem hat uns die Umfrage gezeigt, auf welche Austrittskompetenzen wir noch mehr Gewicht legen sollten. Diese Information haben wir an die Lehrplanteams der Studiengänge weitergegeben. Die haben sich dann Gedanken gemacht, in welchen Modulen sie diese schulen können und wie. Übergeordnet haben wir zum Beispiel Kontext- und Projektmodule besser miteinander verzahnt und aufeinander abgestimmt. Neu wird ein grösserer Teil der Projektmodule ausschliesslich dafür verwendet, um die Kommunikation in Projekten zu trainieren. Wir haben uns entschieden, nicht mehr reinen Sprachunterricht in Deutsch und Englisch anzubieten, sondern Kommunikationsunterricht. Dabei steht die Anwendung von Sprache in konkreten Projektsituationen im Vordergrund.

Finden solche Befragungen von Wirtschaftsvertretern und Alumni regelmässig statt oder war das ein einmaliges Projekt?
Im Rahmen der institutionellen Akkreditierung sind wir verpflichtet ein Qualitätssicherungssystem vorzuweisen. Die Überprüfung der Austrittskompetenzen ist hier ein wichtiger Bestandteil, eine Art Qualitätskontrolle durch die Wirtschaft sozusagen. Wir werden solche Befragungen in regelmässigen Abständen durchführen. Wie sich die überarbeiteten Curricula in der Industrie bewähren, merken wir natürlich erst in ein paar Jahren. Das Studium alleine dauert mindestens drei Jahre, danach müssen die Absolventinnen und Absolventen erste Berufserfahrung als Ingenieurin oder Ingenieur in einem Betrieb gesammelt haben. Erst dann können wir überprüfen, was es gebracht hat.