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Macht ZHAW-Wachs Schweizer Ski-Athlet:innen schneller?

Die ZHAW forscht zusammen mit Swiss-Ski schon seit vielen Jahren am Wachs für den Ski-Weltcup. Seit dem Umstieg auf fluorfreie Produkte mussten die Wachse neu entwickelt und wieder getestet werden. Durch die Zusammenarbeit mit der ZHAW und der eigenen Produktion von Swiss-Ski sollen Schweizer Athlet:innen einen kleinen Vorteil auf der Strecke erhalten.

Projektmitglied Xin Fan besprüht einen Ski mit einem verflüssigten Wachs.

Die Schweiz ist ein Skiland. Athlet:innen wie Lara Gut-Behrami und Marco Odermatt haben viele Fans, wenn sie ihre Weltcup-Rennen bestreiten. Auch mit dabei ist die ZHAW – nicht sichtbar, aber vielleicht verantwortlich für entscheidende Tausendstelsekunden. Denn seit vielen Wintern arbeitet das ZHAW Institute of Materials and Process Engineering (IMPE) an Wachs für Schweizer Weltcup-Athlet:innen.

Der grosse Stellenwert des Wintersports in der Schweiz zeigt sich daran, dass der Schweizer Skiverband Swiss-Ski ein eigenes Technologiezentrum für die Entwicklung von Wachs aufgebaut hat, während andere Weltcup-Nationen häufig mit Herstellern zusammenarbeiten. Seit vor einigen Saisons fluorhaltige Skiwachse im Spitzensport verboten wurden, mussten die Wachshersteller reagieren. In den vergangenen zweieinhalb Jahren wurde auch die Forschung am IMPE in Zusammenarbeit mit Swiss-Ski auf fluorfrei umgestellt. Die fluorfreien Skiwachse sind umweltfreundlicher, halten aber leistungstechnisch noch nicht ganz mit den alten Skiwachsen mit. Trotzdem zeigte das Projekt, dass Fluor im Skisport ersetzbar ist.

«Wir wollen die Nummer 1 bleiben»

«Unsere Skiwachse sind ein Lebensprojekt. Wir müssen sie immer weiterentwickeln, sofern wir die Nummer 1 im alpinen Skisport bleiben wollen», sagt Udo Raunjak, Projektpartner seitens Swiss-Ski und Leiter R&D im Swiss-Ski Technologiezentrum. Und weil im Weltcup wirklich jede Tausendstelsekunde entscheidend sein kann, forscht auch die ZHAW weiter. In einem in diesem Jahr gestarteten Projekt versucht das IMPE, das Wachs mit verschiedenen Nanotechnologien zu optimieren. «Besonders bei nassem und verschmutztem Schnee gibt es Potenzial bei den fluorfreien Wachsen. Wir versuchen das Wachs mit verschiedenen chemischen Verbindungen noch wasserabweisender und beständiger zu machen», sagt Martin Winkler, Projektleiter am IMPE: «Laborversuche zeigen bereits gute Ergebnisse, die Resultate erster Feldversuche von Swiss-Ski kommen aktuell rein.»

Die Feldversuche laufen so ab, dass mehrere Paare Testski – mit dem exakt selben Aufbau und der gleichen Vorbehandlung – mit unterschiedlichen Produkten behandelt werden. Über mehrere Fahrten, auf der gleichen Strecke, wird ein Mittelwert ermittelt und den anderen Paaren gegenübergestellt. Gleichzeitig werden vor, während und nach dem Test die meteorologischen Daten wie Lufttemperatur, Schneetemperatur, Luftfeuchtigkeit, Schneefeuchtigkeit, Schneekorngrösse und -dichte, Windrichtung sowie Sonneneinstrahlung und -abstrahlung aufgenommen und miteinbezogen. Auch Mitarbeitende im Projektteam der ZHAW konnten bei solchen Tests schon vor Ort sein.

Zusammensetzung und Beschichtung als Herausforderungen

«Ein Skiwachs muss Reibung reduzieren, wasserabweisend sein und bei unterschiedlichen Temperaturen funktionieren. Der Ski soll wie ein Schlittschuh auf einem Wasserfilm gleiten», sagt Martin Winkler. Damit diese Eigenschaften erreicht werden, benötigt es die korrekte chemische Zusammensetzung. Das ZHAW-Team synthetisierte bereits mehr als 25 fluorfreie Wachsformulierungen. Um die Wachse noch zielgerichteter zu optimieren, arbeitet das IMPE mit der Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana (SUPSI) zusammen, die das Verhalten der Wachse gegenüber Wasser modelliert.

Doch nebst der Zusammensetzung des Wachses ist auch die Haftung am Ski eine Herausforderung. Skibelage sind aus «Ultra High Molecular Weight Polyethylen» (UHMWPE) mit einer unreaktiven Oberfläche. Sie lassen sich nicht gut beschichten, die Wachse haften nicht auf der Oberfläche und werden im Rennen schnell abgerieben. Besonders in den Nordischen Disziplinen spielt die Haltbarkeit des Wachses über die Distanz eine nicht zu unterschätzende Rolle. Mit einer am IMPE entwickelten Technologie können die Skiwachse trotzdem chemisch an die Skioberfläche gebunden werden, die Wachse werden so fest mit dem Skibelag verbunden. Nach der chemischen Synthese werden die Substanzen flüssig gemacht, auf die Skibeläge aufgesprüht und zur chemischen Anbindung mit einer speziell dafür entwickelten Vorrichtung aktiviert. Es konnte gezeigt werden, dass die Performance auch über lange Distanzen erhalten bleibt.

Zugänglich für alle

Das Technologiezentrum von Swiss-Ski produziert das mit der ZHAW entwickelte Wachs aktuell nur für den Spitzensport. «Wir wollen das Wachs früher oder später auch im Handel anbieten. Alle Skifahrer:innen können dann von einem umweltfreundlicheren und ressourcensparenden Wachs mit einer Topperformance profitieren», so Udo Raunjak. Es ist Teil des Projektplans, dass das Wachs öffentlich zugänglich wird. Das Projekt wird von Swiss-Ski und Innosuisse finanziert.