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Schreibkompetenzen in der beruflichen Bildung

Das Forschungsprojekt «Schreibkompetenzen in der beruflichen Bildung» (gefördert von der Internationalen Bodensee-Hochschule IBH) ist die erste systematische Untersuchung der Schreibfähigkeiten von Berufslernenden im DACH-Bodenseeraum. Ausgangspunkt des Projekts ist die Beobachtung, dass Berufsfachschüler/innen mit und ohne Migrationshintergrund oft eingeschränkte Lese- und Schreibkompetenzen aufweisen, was potenziell ihren Zugang zu (lebenslanger) Bildung sowie ihre berufliche und gesellschaftliche Partizipation erschweren kann.

Forschungsprojekt

Im Forschungsprojekt wurden die sprach- und textbezogenen Schreibkompetenzen von Berufslernenden in der D-A-CH-Bodenseeregion systematisch erhoben und analysiert. Damit existiert erstmals eine wissenschaftlich gesicherte Grundlage zur gezielten Förderung der Sprach-/Schreibkompetenzen in der beruflichen Bildung, welche die heterogenen sprachlichen Ressourcen der Lernenden berücksichtigt.

Vorgehen

Im Rahmen der Studie wurden 1472 Texte von Berufsschüler:innen mit 13 verschiedenen Lehrberufen im ersten Lehrjahr aus der Bodenseeregion der Schweiz, Deutschlands und Österreichs gesammelt. Die Texte wurden zu zwei verschiedenen Schreibaufgaben verfasst und nach fünf Kriterien der Schreibkompetenz (sprachliche Richtigkeit, Stil, Struktur, Inhalt, kommunikative Wirkung) bewertet. Zugleich wurden sie auf Merkmale ihrer sprachlichen und textlichen Gestaltung hin analysiert und anschliessend zu Schreibkompetenzprofilen zusammengefasst. Mittels Fragebogen wurden zudem unter anderem Migrationshintergrund, Familiensprache und Ausbildungsberuf erhoben, um zu prüfen, ob die Schreibkompetenzprofile der Lernenden in Zusammenhang mit individuellen Hintergrundmerkmalen stehen.

Ergebnisse

Es ergaben sich drei Kompetenzprofile der Berufsfachschüler/innen: niedrige, mittlere und höhere Schreibkompetenz. Die Schreibkompetenzprofile der Lernenden unterscheiden sich deutlich in Bezug auf alle bewerteten Teilkompetenzen: sprachliche Richtigkeit, Struktur, Stil, Inhalt, kommunikative Wirkung. Die grosse Mehrheit der Berufslernenden weist ein niedriges (336 von 688*) bis mittleres (296 von 688*) Schreibkompetenzprofil auf. Nur eine Minderheit der Berufsschullernenden (56 von 688*) weist Profil 3 mit höherer Schreibkompetenz auf.

  1. Berufslernende mit Profil 1 (niedrige Schreibkompetenz) schreiben in der Regel recht kurze Texte mit zum Teil erheblichen Mängeln in sprachlicher Richtigkeit (Rechtschreibung, Interpunktion, Grammatik). Der Wortschatz ist eher beschränkt und umgangssprachlich. Der Satzbau ist einfach und wenig abwechslungsreich, die Textstruktur nicht durchgängig klar und logisch nachvollziehbar. Inhaltlich sind die Texte unvollständig oder oberflächlich, so dass sie insgesamt das angestrebte kommunikative Ziel kaum erreichen.
  2. Berufslernende mit Schreibkompetenzprofil 2 (mittlere Schreibkompetenz) erreichen zwar potenziell das kommunikative Ziel, sie haben dennoch Schwierigkeiten, einen Sachverhalt detailliert und konkret genug darzustellen. Ihre Texte sind durch einen relativ klaren und logischen Aufbau gekennzeichnet, sind grossteils sprachlich-formal korrekt; der Wortschatz hingegen ist teilweise eingeschränkt und die Gedankenführung stellenweise sprunghaft.
  3. Berufslernende mit Profil 3 (höhere Schreibkompetenz) können längere, sprachlich weitestgehend korrekte Texte verfassen, dabei einen ausreichend breiten und überwiegend angemessen Wortschatz sowie variable Satzbaumuster und korrekte Mittel der Satzverknüpfung einsetzen. Ihre Texte sind klar und logisch strukturiert und vermögen auch inhaltlich zu überzeugen.      

Im niedrigen Schreibkompetenzprofil finden sich – im Vergleich zum mittleren und höheren Kompetenzprofil – überhäufig Berufsschüler/innen, die erst in der späteren Kindheit oder Jugend eingewandert sind und/oder aus bildungsfernen Familien stammen und/oder ihre eigenen Schreibkompetenzen selbst als niedrig einschätzen.

* Die Dimensionen der Schreibkompetenz wurden einer Clusteranalyse unterzogen (dazu wurden 1376 von 1472 Texten berücksichtigt, und zwar nur die der 688 Lernenden, die beide zu schreibenden Texte abgegeben hatten).

Theorie-Praxis-Dialog

Damit die Ergebnisse des Forschungsprojekts ihre gesellschaftliche Wirkung entfalten, bedürfen sie – über die Veröffentlichung in der wissenschaftlichen Gemeinschaft hinaus – des Transfers in die Praxis der beruflichen Bildung. Dazu braucht es sowohl eine Zusammenarbeit mit den Praktikern bzw. Praktikerinnen der Sprach- und Grundbildung an den Berufsfachschulen als auch den Austausch mit Stakeholdern der beruflichen Bildung, unter anderem mit Politiker/innen, Aus- und Weiterbildungsverantwortlichen, mit Gewerbeverbänden, Medien und Lehrmittelverlagen. Im Rahmen eines ebenfalls durch die IBH geförderten Folgeprojekts wurde ein Best Practice-Modell der Wissenskommunikation entwickelt und in zwei Workshops mit Lehrpersonen des Allgemeinbildenden Unterrichts (bzw. Deutschunterrichts) an Berufsfachschulen und Stakeholdern der beruflichen Bildung umgesetzt.

Vorgehen

Für den Wissenstransfer in die Praxis wurden zwei Auswertungsworkshops (A1 und A2) durchgeführt:

Impact

Alle Massnahmen sollen der Förderung der sprachlichen und textbezogenen Schreibkompetenzen der Berufslernenden zugutekommen; sie ermöglichen die Teilhabe an grundständiger Bildung und Weiterbildung im Sinne des lebenslangen Lernens. Das Projekt trägt somit zu mehr Chancengerechtigkeit und zur beruflichen und gesellschaftlichen Integration (junger) Erwachsener bei.

Weiterbildungsangebote für Berufsfachschulen

Gerne lassen wir uns an Berufsfachschulen einladen, um Workshops abzuhalten, in denen wir unsere Forschungsergebnisse und die didaktischen Schlussfolgerungen daraus präsentieren. Gemeinsam mit teilnehmenden ABU-Lehrpersonen werden – auf dem Stand aktueller Forschungen – praxistaugliche Lese-Schreibszenarien inkl. sprachlicher Hilfestellungen erarbeitet, die im Unterricht sofort eingesetzt werden können.

Kontaktieren Sie uns:

ZHAW Weiterbildung ILC
weiterbildung.ilc@zhaw.ch

 

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Partner und Förderung

Das Projekt wurde in Zusammenarbeit der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW, der Pädagogischen Hochschule Weingarten PHW und der Fachhochschule Vorarlberg FHV durchgeführt.

Gefördert und finanziell unterstützt wurde es von der Internationalen Bodenseehochschule IBH in Kreuzlingen/Schweiz.